Neu|pla|to|nis|mus 〈m.; -; unz.〉 antikes philosoph., den Platonismus erneuerndes u. umformendes System zw. dem 3. u. 6. Jh. n. Chr.
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Neu|pla|to|nis|mus, der:
an die Philosophie Platons anknüpfende philosophische Strömung des 3. bis 6. Jh.s n. Chr.
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Neuplatonịsmus,
im 18. Jahrhundert geprägter Begriff für die letzte bedeutende Strömung der griechischen Philosophie (zwischen 200 und 500 n. Chr.), eine Weiterbildung der Philosophie Platons, in die außer platonische auch aristotelische, stoische und spätantike mystische Begriffe eingegangen sind. Dennoch ist der Neuplatonismus eine selbstständige, wenn auch weithin von der religiösen Grundstimmung des ausgehenden Altertums bestimmte Schöpfung.
Höchster Begriff ist das über alle Bestimmungen erhabene Eine (Gott), aus dem weniger durch einen Willensakt (wie in der Bibel) als vielmehr durch wesensnotwendige Ausstrahlung (»Emanation«) alle Seinsformen hervorgehen: zuerst der Geist (griechisch Nus), der die platonischen Ideen in sich enthält, dann die Seele und die Bereiche der Erscheinung bis herab zur Materie. Alle Wesen haben den Drang, zu dem Einen als ihrem Ursprung zurückzukehren, sodass das Stufensystem der Welt nach der einen Seite Emanation, nach der anderen Rückkehr aus der Entfremdung ist. »Emanation« ist wesentlich der im Seienden selbst erscheinende Verweis auf den Grund als das wahre Sein, der zugleich als ursprüngliches Licht der Erkenntnis gedeutet wird. Die einzelnen Strahlen dieses Lichts, die die verschiedenen Stufen beleuchten und dabei Erkenntnis konstituieren, werden als »Mittelkräfte« verstanden. Sie vermitteln die Gegenstände der Welt in Gestalt von Erscheinungen.
Stifter des Neuplatonismus war Ammonios Sakkas, sein bedeutendster Denker, der den Neuplatonismus als System gestaltete, dessen Schüler Plotin. Er leitete unter Beibehaltung des platonischen Dualismus das ganze Gefüge der übersinnlichen und sinnlichen Welt aus dem Einen ab, wobei erkenntnistheoretische Elemente grundlegend sind. Charakteristisch für ihn ist die Verbindung von rationalem Denken und mystischer Intuition. Plotins Schüler Porphyrios von Tyros integrierte die aristotelische Logik in seine Betrachtungen über die Seelenerlösung, in die auch Aspekte der heidnischen Religion einflossen.
Als Hauptvertreter des syrischen Neuplatonismus gilt Porphyrios' Schüler Iamblichos von Chalkis, bei dem die Neigung zu religiösen Themen besonders hervortrat. Er hob den übersinnlichen Bereich noch weiter über die Erscheinungswelt hinaus und verknüpfte zugleich die Einzelstufen der Welt mit Gottheiten und übermenschlichen Gestalten griechischen und orientalischen Glaubens. Sein Schüler Aidesios (✝ um 355) gründete die pergamen. Schule, die sich vorwiegend mit Fragen der Theurgie befasste (v. a. Maximos von Ephesos, ✝ 372) und versuchte, das Christentum durch den Polytheismus zu verdrängen. Der mit Plutarch von Athen (* um 350, ✝ 431/432) zuerst fassbare athenische Neuplatonismus schloss sich eng an die syrische Schule an. Syrianos (1. Hälfte des 5. Jahrhunderts), Plutarchs Schüler, schuf in seiner Metaphysik die Grundlagen zum System seines Nachfolgers Proklos, das in seiner Geschlossenheit und differenzierten Gliederung einen Höhepunkt neuplatonischen Denkens darstellt. Im alexandrinischen Neuplatonismus (Klemens von Alexandria, Gregor von Nyssa, Origenes, Ambrosius, Augustinus) ging das Interesse am metaphysischen System zurück, die Verwurzelung im Polytheismus wurde zugunsten einer Harmonisierung mit dem Christentum aufgegeben. Die Vertreter des lateinischen Neuplatonismus, zum Teil Heiden (z. B. Altes Testament Macrobius), zumeist aber Christen (bedeutend v. a. Calcidius, um 400, A. M. T. S. Boethius), waren nur im weiteren Sinn Neuplatoniker und bildeten keine Schule. Sie waren meist Übersetzer und Kommentatoren platonischer, aristotelischer und neuplatonischer Schriften. Ihre Bedeutung besteht v. a. in der Vermittlung der antiken Philosophie an das christliche Mittelalter.
Fortwirkung:
In der Antike wie in der Renaissance hat der Neuplatonismus u. a. magische Vorstellungen angeregt, sein Einfluss ist auch in der hermetischen Literatur und den magischen Lehren des Islam zu spüren, die seit dem 13. Jahrhundert über Spanien nach Europa gewirkt haben. Besonders aber sind Scholastik und Mystik des christlichen Mittelalters über Augustinus, Dionysius Areopagita und Johannes Scotus Eriugena entscheidend geprägt worden. Hierbei wurden platonische und neuplatonische Gedanken teils verwechselt, teils verschmolzen. Auch in der Renaissance, besonders bei den Mitgliedern der platonischen Akademie (G. Pico della Mirandola, M. Ficino), bei Nikolaus von Kues, Paracelsus und später bei den Philosophen der Cambridger Schule war vieles, was für Platonismus gehalten wurde, in Wahrheit Neuplatonismus. Im 15. Jahrhundert nahm besonders Ficino auch die Astralmystik und die Kabbala auf wie dann im frühen 16. Jahrhundert Agrippa von Nettesheim. Abgesehen hiervon findet sich der Einfluss des Neuplatonismus in vielen großen spekulativen Systemen der Neuzeit (v. a. im deutschen Idealismus) bis in die Gegenwart. - Das moderne historisch-kritische Bewusstsein hat Neuplatonismus und Plotinismus schärfer vom Platonismus zu unterscheiden gesucht. Das im 20. Jahrhundert durch Ausgaben, Übersetzungen und Kommentare der Schriften Plotins gewonnene bessere Verständnis des Neuplatonismus einerseits und die Neuinterpretation des späten Platon andererseits (»Tübinger Schule«) tendieren wieder mehr zu einer Annäherung der beiden philosophischen Systeme.
W. Theiler: Forsch. zum N. (1966);
The Cambridge history of later Greek and early medieval philosophy, hg. v. A. H. Armstrong (Cambridge 1967, Nachdr. ebd. 1980);
H. J. Krämer: Der Ursprung der Geistmetaphysik. Unters. zur Gesch. des Platonismus zw. Platon u. Plotin (Amsterdam 21967);
Platonismus in der Philosophie des MA., hg. v. W. Beierwaltes (1969);
W. Beierwaltes: Platonismus u. Idealismus (1972);
Die Philosophie des N., hg. v. C. Zintzen (1977);
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Neu|pla|to|nis|mus, der: an die Philosophie Platons anknüpfende philosophische Strömung des 3. bis 6. Jh.s n. Chr.
Universal-Lexikon. 2012.