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Terrakotta
Terracotta; Terrakottafigur

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Ter|ra|kọt|ta 〈f.; -, -kọt|ten〉 oV Terracotta
I 〈unz.〉 gebrannter Ton; oV Terrakotte
II 〈zählb.〉 kleine Figur aus gebranntem Ton
[ital.; zu lat. terra „Erde“ u. ital. cotta „gebrannt“, Part. Perf. Pass. zu cuocere „kochen“ <lat. coquere „kochen, brennen“]

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Ter|ra|kọt|ta [ital. terra cotta = gekochte, gebrannte Erde], die; -, …ten: grobkeramische, aus rot oder gelbbraun brennendem Ton porös gebrannte u. nicht glasierte Keramik oder Tonplastik.

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Ter|ra|kọt|ta, die; -, …tten (österr. nur so), Terracotta, die; -, …tten (österr. nur so), Terrakotte, die; -, -n [ital. terracotta, aus: terra = Erde < lat. terra u. cotto = gebrannt, 2. Part von: cuocere < lat. coquere, kochen]:
1. <o. Pl.> ohne Glasur gebrannter 1Ton, der beim Brennen eine weiße, gelbe, braune od. rote Färbung annimmt.
2. Gefäß od. Plastik aus Terrakotta (1).

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Terrakọtta
 
[italienisch, aus terra »Erde« und cotto »gebrannt«] die, -/...ten, Bezeichnung für Gegenstände wie Plastiken, Reliefs, Architekturverkleidung, Bauplastik, Gerätschaften (z. B. Öllampen) aus gebranntem, unglasiertem Ton. Die weltweit verbreiteten Terrakotten waren oft bemalt, größere Figuren hohl (sie wurden in der Regel aus zwei Teilen zusammengesetzt). - Die Abgrenzung von Terrakotta (Relief und Plastik) zu Tonplastik ist nicht klar zu ziehen. Sie begründet sich nicht auf Unterschiede in der Herstellung, sondern auf nationale Sprachgewohnheiten in der Fachliteratur. In der chinesischen und japanischen Kunst spricht man meist von Tonplastik, die Bezeichnung Terrakotta ist überwiegend für das Altertum, die Mittelmeerländer (v. a. Italien) sowie für Indien und Afrika gebräuchlich, jedoch kann auch die Bezeichnung Ton verwendet werden. Gefäße aus Ton werden unter Keramik zusammengefasst.
 
Terrakottaplastik ist älter als Gefäßkeramik, die frühesten Beispiele sind in Dolní Věstonice (um 23 000 v. Chr.) belegt. Aus Vorderasien stammen im 7. und 6. Jahrtausend v. Chr. geschaffene weibliche Idole aus Anatolien, Westiran (Tepe Sarab bei Bachtaran) und Südmesopotamien (Tell es-Sawwan).
 
In den vorderasiatischen Hochkulturen war Terrakotta v. a. ein Bereich der Volkskunst, die stilistisch von der Hochkunst in Stein allerdings nicht grundsätzlich abweicht; in der altbabylonischen Kunst (2. Jahrtausend v. Chr.) waren kleinere, in sumerischer Tradition gestaltete Terrakottareliefs verbreitet, die, zwischen 6 und 50 cm hoch, in Modeln gepresst waren. Thematisch umkreisten sie Kult, kultische Feiern und Feste oder Götterdarstellungen; die Tafeln dienten der Andacht oder als Weihgabe. Später waren kleine, mithilfe von Modeln hergestellte Terrakottafigürchen einer Göttin (mit Kind) verbreitet. Die Hethiter formten im 15. Jahrhundert v. Chr. naturalistisch gemalte Tiergefäße aus grauem Ton (Spendengefäße, besonders Löwen-, Enten- und Stierkopfrhyta). Die spätbronzezeitlichen Stierrhyta Zyperns (13. Jahrhundert) sind aus einer gedrehten Zylinderform mit Hand ergänzt und bearbeitet. Aus Phrygien sind Wandverkleidungen aus Terrakotta erhalten.
 
In der minoischen und mykenischen Kultur entstanden zahlreiche Kleinplastiken, die als Weihgaben dienten, z. B. Vögel (Tauben), kleine Gruppen (tanzende Frauen), Haus- und Tempelmodelle, Stierstatuetten, Göttinnen (oder Priesterinnen), die in der Spätzeit halbe Lebensgröße erreichten. Monumentale Terrakottaplastik gab es in Griechenland v. a. in archaischer Zeit, Beispiele gibt es aber auch in der Klassik häufig in Italien (Syrakus, Tarent). Die Dächer etruskischer Tempel waren mit lebensgroßen Firstfiguren dekoriert (Tarquinia; Veji), Dachrinnen (Sima), Stirnziegel oder Akrotere aus Terrakotta waren figürlich gestaltet, teilweise auch Metopen und Friese, verhältnismäßig spät auch das Giebelfeld. Auch für griechische Tempel (Selinunt, Samos) und andere Bauten ist Architekturschmuck aus Terrakotta belegt (z. B. Tonsima vom Gästehaus des Leonidas in Olympia, nach Mitte des 4. Jahrhunderts v. Chr.). Die Etrusker schufen Terrakottasarkophage mit großen Liegefiguren. Die griechische Terrakottakleinplastik erreichte in Grabbeigaben und Weihgeschenken beachtliche Qualität, besonders verbreitet war sie seit geometrischer Zeit in Böotien (bemalte weibliche Brett- und Glockenidole; Vögel; Reiter; Genreszenen) und lebte auch in archaischer Zeit fort. Korinth erzeugte im 6. Jahrhundert v. Chr. kleine Tiergefäße (Salbgefäße), ebenso Rhodos. Weitere Werkstätten der archaischen und der klassischen Epoche lagen auf Samos, Kreta, Melos, in Attika, Sizilien und Unteritalien. Im 5. Jahrhundert kamen kleine durchbrochene Reliefs (vielleicht als Truhenbeschläge oder für Sarkophage) in Mode, sie stellten v. a. Mythen dar; Produktionszentrum war Melos. Terrakottareliefs stellte man auch in Lokroi (Locri) und in Athen her. Im 4. Jahrhundert v. Chr. wurden in Tarent neben zum Teil kleineren klassischen Terrakottaplastiken (sitzende Göttin; Pferde) Terrakottaappliken (Tierkampfszenen) hergestellt, die wohl für Holzsarkophage gedacht waren. Im Hellenismus erfreuten sich neben Tiergefäßen Genrefiguren (Komödienfiguren, Tänzerinnen u. a. Frauengestalten) großer Beliebtheit, Zentren der Herstellung waren Tanagra (4./3. Jahrhundert v. Chr.), Myrina (2./1. Jahrhundert v. Chr.) und Alexandria (3. Jahrhundert v. Chr. bis 4. Jahrhundert n. Chr.). Auch die Römer tradierten Terrakotta am Tempel, in der Kleinplastik, als Wandplatten (Campanarelief).
 
Bei den oft als Terrakotta bezeichneten weiß oder farbig glasierten Arbeiten der italienischen Renaissance (Donatello, Benedetto da Maiano, A. und L. Della Robbia) spricht man besser von Fayenceplastik. Echte, bemalte Terrakotten schufen im Italien des 15. Jahrhunderts u. a. G. Mazzoni und Niccolò dell'Arca, im 16. Jahrhundert A. Begarelli, häufig in realistischem Stil.
 
In Indien sind rot gebrannte Tonfiguren (menschliche Figuren und Tiere, besonders Vögel) aus der Harappakultur überliefert. Nach 1 000-jähriger Fundlücke treten dann im 4./3. Jahrhundert v. Chr. graue handgeformte Figuren auf, bald in großer Zahl mit gemodelten Gesichtern und appliziertem Schmuck. Stilistisch lassen sich lokale Schulen (Mathura, Patna u. a.) und Epochen (Maurya, Shunga u. a.) entsprechend der nun einsetzenden Steinplastik unterscheiden. Als figuraler und dekorativer Tempelschmuck erreichte die Terrakotta in der Guptazeit ihren Höhepunkt, eine Spätblüte in den Terrakottatempeln Bengalens.
 
Die frühesten Zeugnisse in Afrika stammen aus Nok (seit 500 v. Chr.), dessen Terrakottaköpfe möglicherweise die bedeutenden Terrakotten von Ife (10.-14. Jahrhundert) beeinflusst haben. Weitere archäologische Funde mit nigerianischer Terrakottaplastik wurden in Yelwa (Figuren, Köpfe; 2.-7. Jahrhundert), Igbo Ukwu (vermutlich 9. Jahrhundert) und Owo (Köpfe, Figurenfragmente; 15. Jahrhundert) gemacht. In Südafrika fand man in Lydenburg sieben Terrakottaköpfe (etwa 500 n. Chr.). Die Terrakottafiguren der Sao am Tschadsee werden zwischen 10. und 16. Jahrhundert datiert. Aus dem 11.-14. Jahrhundert stammen die Terrakotten der »Kultur des Niger-Binnendeltas« in Mali (Djenné). Bis in das frühe 17. Jahrhundert reichen die Plastiken in Südghana und angrenzenden Gebieten der Elfenbeinküste zurück, die auf herrschaftliche Gräber gestellt wurden: überwiegend Köpfe (weniger Figuren), häufig mit idealisierendem Ausdruck und meist fein ausgearbeiteten Frisuren. Terrakotten aus jüngerer Zeit sind von mehreren Volksgruppen bekannt, u. a. von den Akan, die zum Teil noch heute Gedenkköpfe oder -figuren auf die Gräber stellen, von den Tiv, Ibo und Yoruba in Nigeria, von den Ethnien des Kameruner Graslandes (Pfeifenköpfe als figürliche Plastiken), von den Oromo (Ahnenfigürchen, Dachaufsätze) in Äthiopien und von den Shilluk (Pfeifenköpfe) in Sudan.
 
Literatur:
 
E. Rohde: Griech. Terrakotten (Neuausg. Leipzig 1970);
 W.-D. Heilmeyer: Frühe olymp. Tonfiguren (1972);
 B. de Grunne: Terres cuites anciennes de l'Ouest africain (Louvain-la-Neuve 1980);
 P. C. Bol: Bildwerke aus T. aus myken. bis röm. Zeit (1986);
 
Antonio Recalcati - T., hg. v. V. Feierabend, Ausst.-Kat. Wilhelm-Lehmbruck-Museum, Duisburg (1992);
 A. Moustaka: Großplastik aus Ton in Olympia (1993);
 J. Fischer: Griechisch-Röm. Terrakotten aus Ägypten (1994);
 S. Pfisterer-Haas: Antike Terrakotten (1996).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Apoll von Veji: Der etruskische Tempel und sein Terrakottaschmuck
 

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Ter|ra|kọt|ta, die; -, ...tten (österr. nur so), Ter|ra|kọt|te, die; -, -n [ital. terracotta, aus: terra = Erde < lat. terra u. cotto = gebrannt, 2. Part von: cuocere < lat. coquere, ↑kochen]: 1. <o. Pl.> ohne Glasur gebrannter 1Ton, der beim Brennen eine weiße, gelbe, braune od. rote Färbung annimmt. 2. antikes Gefäß od. Plastik aus ↑Terrakotta (1).

Universal-Lexikon. 2012.