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Wehr
Stauwerk; Schlacht (veraltet); Stauwehr; Schlagd (veraltet)

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Wehr1 〈f. 20; veraltet
I 〈zählb.〉
1. Waffe, Waffenausrüstung, Rüstung
2. Verteidigungsanlage, Bollwerk (Brust\Wehr)
3. 〈noch in wenigen Zus.〉 Schutztruppe (Bürger\Wehr, Feuer\Wehr)
4. Schutzvorrichtung (Schnee\Wehr)
5. 〈Jägerspr.〉 die bei einer Treibjagd in gerader Linie vorgehenden Treiber od. (u.) Schützen
● \Wehr und Waffen 〈veraltet; poet.〉
II 〈unz.; veraltet; noch in Zus.〉 Widerstand, Verteidigung (Ab\Wehr, Not\Wehr) ● 〈noch in der Wendung〉 sich zur \Wehr setzen sich wehren, Widerstand leisten
[<mhd. were <ahd. weri, wari „Befestigung, Verteidigung, Schutzwaffe“; → Gewehr, wehren]
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Wehr2 〈n. 11quer durch ein fließendes Gewässer gebaute Anlage zur Erhöhung des Wasserstandes, Verringerung der Wassergeschwindigkeit usw.; Sy Stauwehr [<mhd. wer, ags. wer „Stauwerk, Wehr, Fischfang; Zug“, eigtl. wohl „Befestigung gegen das Wasser“]

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1Wehr, die; -, -en [mhd. wer(e), ahd. werī, warī = Befestigung, Verteidigung, Schutzwaffe, zu wehren]:
1. in der Wendung sich zur W. setzen (sich wehren, verteidigen: sie setzte sich energisch, nachdrücklich, auf das Heftigste, erfolgreich dagegen, gegen ihn zur W.)
2. Kurzf. von Feuerwehr (1).
3. (veraltend) Kampftruppe, Streitmacht, Armee.
2Wehr, das; -[e]s, -e [mhd. wer, viell. mit 1Wehr identisch u. dann eigtl. = Befestigung gegen das Wasser od. im Sinne von »Flechtwerk, Geflecht« zu wehren u. urspr. = Fischwehr]:
Stauanlage zur Hebung des Wasserstands eines Flusses, zur Änderung des Gefälles, Regelung des Abflusses o. Ä.; Stauwehr:
das W. öffnen.

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I
Wehr,
 
Stauanlage in fließenden Gewässern, die vorwiegend der Hebung des Wasserstands, der Änderung des Wasserspiegelgefälles oder der Regelung des Abflusses dient. Wehre werden im Grundriss im Allgemeinen senkrecht zur Fließrichtung angeordnet. Liegt die Wehrkrone etwa parallel dazu, so spricht man von einem Streichwehr. Man unterscheidet feste Wehre mit unbeweglichen Wehrkörpern und beweglicher Wehre mit beweglichen Verschlüssen.
 
Feste Wehre ermöglichen keine Regelung des Stauspiegels oder des Durchflusses. Lediglich das Heberwehr ist in der Lage, die Oberwasserstands-Schwankungen eng zu begrenzen. Bei ihm liegt die Krone nur wenig unter dem Stauspiegel, sodass das Wasser im Heberscheitel diesen übersteigt, wenn der Heber »angesprungen« ist. Das Wasser fließt dann durch die Sogwirkung der im abfallenden Teil des Heberschlauchs befindlichen Wassersäule über den vollen Querschnitt des Hebers ab. Beim Grundwehr liegt die Wehrkrone unter, beim Überfallwehr über dem Unterwasserspiegel. Beide Formen können je nach der Wasserführung ineinander übergehen.
 
Bei beweglichen Wehren können die Verschlüsse ganz oder zum Teil freigegeben und so Stauspiegel und Durchfluss reguliert werden. I. Allgemeinen sind dies mechanisch, hydraulisch oder elektrisch angetriebene Stahlkonstruktionen in verschiedenen Ausführungsformen, z. B. Klappen-, Dach-, Trommel- oder Walzenwehr sowie Tafel-, Segment-, Sektor- und (Roll-)Schützenwehr. In Flüssen werden bewegliche Wehre durch Zwischenpfeiler in mehrere Wehrfelder aufgeteilt und so bemessen, dass man bei Ausfall eines z. B. durch Reparatur versperrten Feldes sowohl das Bemessungshochwasser als auch Eis durch die restlichen Wehrfelder ableiten kann. Zur Feinregulierung wird häufig eine Fischbauchklappe auf ein Schütz aufgesetzt.
 
Die Wehrverschlüsse müssen für Überholungs- und Reparaturarbeiten durch je einen ober- und unterwasserseitigen Notverschluss, z. B. aus Dammbalken oder einem Nadelwehr (dicht an dicht aufrecht stehende Hölzer, Spundbohlen, Stahlträger), trockengelegt werden können.
 
Das Tiroler Wehr ist keine Stauanlage, sondern ein in der Sohle liegender, mit einem in Strömungsrichtung geneigten Rechen abgedeckter Einfang, der einen quer zum Fließgewässer verlaufenden Entnahmekanal speist.
 
Geschichte:
 
Feste wie auch bewegliche Wehre sind seit Jahrtausenden bekannt. Die älteste und einfachste Anordnung eines beweglichen Wehrs ist die des Schützenwehrs. Zum Hochziehen der Schützentafeln (hölzerne oder eiserne Platten) verwendete man Stangen oder Rollen beziehungsweise Flaschenzüge, später auch Schraubenspindeln, Zahnstangen oder Krane. 580 n. Chr. berichtete Gregor von Tours von einem Wehr, das dazu diente, Wasser für den Antrieb eines unterschlächtigen Wasserrads zu stauen. Mit der Ausbreitung von Wassermühlen im 10./11. Jahrhundert kam es auch zu Fortschritten in der Entwicklung und Anlage von Wehren - 1997 wurde in den Niederlanden zum Abschluss des Deltaplans im Nieuwe Waterweg bei Maassluis ein Sturmflutwehr eingeweiht, mit dem der Nieuwe Waterweg bei Sturm von der Nordsee abgeriegelt werden kann und so das Rhein-Maas-Delta bei Rotterdam vor Überflutungen schützt.
 
Literatur:
 
Tb. der Wasserwirtschaft, hg. v. H. Bretschneider u. a. (71993);
 J. Kaczynski: Stauanlagen, Wasserkraftanlagen (21994).
 
II
Wehr,
 
Stadt im Landkreis Waldshut, Baden-Württemberg, 280-900 m über dem Meeresspiegel, am Ausgang des Wehratals im Südschwarzwald, 13 600 Einwohner; Heimatmuseum; chemische, Textil- und feinmechanische Industrie; Erholungsort.
 
Geschichte:
 
Wehr, 1092 als Werra erstmals erwähnt, wurde 1363 Markt und 1950 Stadt.
 
III
Wehr,
 
Hans, Arabist, * Leipzig 5. 7. 1909, ✝ Münster 24. 5. 1981; wurde 1946 Professor in Erlangen, 1956 in Münster und wirkte v. a. auf dem Gebiet der Lexikographie.
 
Werke: Übersetzungen: Muhammed al-Ghazāli: Buch vom Gottvertrauen (1940); Kitāb al-ḥikājāt: Wunderbare Erlebnisse, seltsame Begebnisse. Arabische Erzählungen (1959).
 
Herausgeber: Arabisches Wörterbuch für die Schriftsprache der Gegenwart, 2 Teile (1952-59).

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1Wehr, die; -, -en [mhd. wer(e), ahd. werī, warī = Befestigung, Verteidigung, Schutzwaffe, zu ↑wehren]: 1. <o. Pl.> (veraltet) das Sichwehren; Verteidigung: ohne jede W.; *sich [gegen jmdn., etw.] zur W. setzen (sich wehren, verteidigen): sie setzte sich energisch, nachdrücklich, auf das Heftigste, erfolgreich dagegen zur W.; dass auch Georg ... sich oft allein gegen mehrere zur W. setzen musste (Innerhofer, Schattseite 120). 2. (dichter. veraltet) Mittel, das zur Wehr (1) dient, eingesetzt wird: Menschen, die gewohnt sind, eine W. (eine Waffe) zu tragen, fühlen sich ohne das unsicherer als andere (Musil, Mann 990); gegen die W. (den Schutzwall) anrennen; Ü Von den Logenplätzen ihrer Fensterbrüstungen, auf denen Blumen und Blätter eine stachlige W. nach außen bildeten (Jelinek, Lust 93). 3. kurz für ↑Feuerwehr (1): Es handelt sich dabei um die W. eines Dorfes mit zirka 140 bis 150 Einwohnern (Freie Presse 15. 2. 90, 8). 4. (Jägerspr.) in gerader Linie vorgehende Schützen, Treiber bei einer Treibjagd. 5. (veraltend) Kampftruppe, Streitmacht, Armee: erst wenn wir diese Armee und diese -en zerschlagen haben, darf niemand mehr sagen: »Deutschland - ein Kasernenhof!« (Tucholsky, Werke II, 123); Aus dem Argwohn gegen den Militarismus und die »schimmernde W.« Wilhelms II. wurde unbemerkt die Aversion gegen alles Militärische (Dönhoff, Ära 18).
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2Wehr, das; -[e]s, -e [mhd. wer, viell. mit 1Wehr identisch u. dann eigtl. = Befestigung gegen das Wasser od. im Sinne von »Flechtwerk, Geflecht« zu ↑wehren u. urspr. = Fischwehr]: Stauanlage zur Hebung des Wasserstands eines Flusses, zur Änderung des Gefälles, Regelung des Abflusses o. Ä.; Stauwehr: Unten am Stadtgraben braust das W. (Fr. Wolf, Zwei 34); das W. öffnen; Auch ältere Katzen schwammen manchmal ziellos und aufgedunsen, fingen sich endlich am W. und wurden ... herausgefischt (Grass, Hundejahre 312).

Universal-Lexikon. 2012.