Roosevelt
['roːzəvɛlt, englisch 'rəʊz(ə)velt],
1) Anna Eleanor, amerikanische Politikerin, * New York 11. 10. 1884, ✝ ebenda 7. 11. 1962, Nichte von 3), seit 1905 Ȋ mit 2); in der Demokratischen Partei aktiv, war als Publizistin tätig (u. a. als Kolumnistin); setzte sich v. a. für die Belange von Frauen, Jugendlichen und Minderheiten ein; galt wegen ihres politischen Engagements während der Präsidentschaft ihres Mannes als umstritten. Zwischen 1945 und 1961 mehrfach Delegierte bei der UNO, leitete sie 1946-51 die UN-Menschenrechtskommission.
Schriften: This is my story (1937); On my own (1958).
J. P. Lash: Eleanor. The years alone (ebd. 1972);
Without precedent. The life and career of E. R., hg. v. J. Hoff-Wilson u. a. (Bloomington, Ind., 1984).
2) Franklin Delano, 32. Präsident der USA (1933-45), * Hyde Park (New York) 30. 1. 1882, ✝ Warm Springs (Georgia) 12. 4. 1945; Ȋ mit 1); studierte 1900-04 in Harvard, anschließend an der Columbia University School of Law; 1910 als demokratischer Kandidat in den Senat von New York gewählt. 1913-20 war er Unterstaatssekretär der Marine. 1920 bewarb er sich erfolglos um die Vizepräsidentschaft. Obwohl er 1921 durch Kinderlähmung schwer gehbehindert wurde, kehrte er in die aktive Politik zurück, wurde 1928 (erneut 1930) zum Gouverneur von New York gewählt und gewann unter Ankündigung eines Reformprogramms (New Deal) 1932 die Präsidentschaftswahlen gegen H. C. Hoover. Konfrontiert mit den Folgen der »Great Depression« (seit 1929) versuchte Roosevelt in der ersten Phase seiner Amtszeit, unterstützt von einem Beraterstab (Braintrust), der Stagnation in Wirtschaft und Landwirtschaft und ihren gesellschaftlichen Auswirkungen mit einer Politik der Verknappung und gleichzeitig verstärkten Investitionen entgegenzuwirken. Seine Sozial- und Wirtschaftspolitik, die nur begrenzt Besserung brachte, wurde v. a. von konservativer Seite kritisiert, aber auch von Reformbefürwortern, denen die Maßnahmen nicht weit genug gingen. Roosevelt forcierte daraufhin 1935 seine Politik, wodurch sich seine Anziehungskraft v. a. auf bisher benachteiligte Gruppen (Arbeiter, Immigranten, Farbige) noch erhöhte. Die Wahlen von 1936 gewann er mit großer Mehrheit; zugleich aber nahm der Widerstand gegen seine Politik in Wirtschaft, Demokratischer Partei und Kongress zu. Sein großes Verdienst in der Innenpolitik ist jedoch die Umorientierung seines Landes vom »Laissez-faire« zum Prinzip des Sozialstaats.
Außenpolitisch begann Roosevelt, aufbauend auf Ideen Hoovers, 1933 eine »Politik der guten Nachbarschaft« gegenüber Lateinamerika, die zu einer multilateralen Gestaltung der Beziehungen führte. Im November 1933 erfolgte die Anerkennung der UdSSR. Angesichts der isolationistischer Tendenz in der Bevölkerung und einem großen Teil des Kongresses (Neutralitätsgesetze 1935-39) versuchte er v. a. seit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs die amerikanische Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass Deutschland, Italien und Japan die von ihm global definierte amerikanische Sicherheit ökonomisch, militärisch und ideell gefährdeten und daher jede Gelegenheit zur Wahrung der nationalen Interessen mittels einer Strategie der globalen Vorwärtsverteidigung genutzt werden müsse. Am 4. 11. 1939 setzte er die Freigabe der Ausfuhr von Kriegsmaterial, 1940 eine begrenzte Wehrpflicht und den Tausch von 50 Zerstörern gegen britische Militärbasen sowie im März 1941 das Programm des »Lend and Lease« (Lend-Lease-System) durch, mit dem die USA offen zur Unterstützung der Kriegsgegner Deutschlands übergingen. Abweichend von der politischen Tradition in den USA wurde Roosevelt 1940 und 1944 als Präsident wieder gewählt (in der Geschichte des Landes der Einzige mit mehr als zwei Amtsperioden). Nachdem Roosevelt bereits im Januar 1941 mit den Vier Freiheiten Grundsätze für eine künftige Friedensordnung umrissen hatte, verkündete er am 14. 8. 1941 mit W. Churchill die Atlantikcharta und bemühte sich um die Verteidigungsbereitschaft des amerikanischen Kontinents (panamerikanische Bewegung, 1940 gemeinsame Strategie mit Kanada). Roosevelts Hauptaugenmerk war auf die Niederwerfung des nationalsozialistischen Deutschlands gerichtet (»Germany first«). Aber sein harter Kurs gegenüber Japan (1940 Handelsembargo einiger strategisch wichtiger Güter, 1941 Sperrung der Guthaben), der die japanischen Expansionsbestrebungen eindämmen sollte, führte endgültig zum Scheitern der Verhandlungen über eine Einigung und zum japanischen Überfall auf Pearl Harbor (7. 12. 1941). Nach dem Kriegseintritt der USA am 8. 12. 1941 spielte Roosevelt in der Koordination der militärischen Planungen und Operationen wie in seiner persönlichen Diplomatie, namentlich auf zahlreichen Konferenzen, besonders in Casablanca (Unconditional Surrender), Quebec, Kairo, Teheran (alle 1943) und Jalta (1945), die führende Rolle beim Aufbau des Bündnisses gegen die Achsenmächte. Es gelang ihm, die gewaltigen Ressourcen der USA für den Kriegseinsatz zu mobilisieren. Von zentraler Bedeutung war für Roosevelt die Zusammenarbeit mit der Sowjetunion. Seiner Einschätzung der militärischen Lage nach auf diese angewiesen, aber auch grundsätzlich von der Notwendigkeit guter Beziehungen zur UdSSR in der Nachkriegszeit überzeugt, war Roosevelt zur Kooperation und Anerkennung legitimer Interessen bereit, was ihm den Vorwurf eintrug, er habe allzu optimistisch und leichtfertig eine Machterweiterung der Sowjetunion hingenommen. Während Roosevelt eine harte Linie gegenüber Deutschland befürwortete (Unterstützung für den Morgenthau-Plan), aber die konkrete Nachkriegsplanung aufschob (»policy of postponement«), entwickelte er die Idee eines machtpolitisch ausgerichteten Systems kollektiver Sicherheit, in dem die USA die Rolle eines von vier »Weltpolizisten« (neben Großbritannien, Sowjetunion, China) übernehmen sollten; diese Konzeption spiegelt sich im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wider.
Ausgaben: The public papers and addresses, bearbeitet von S. I. Rosenman, 13 Bände (1938-50, Nachdruck 1969); His personal letters, herausgegeben von Elliott Roosevelt, 4 Bände (1947-50, Nachdruck 1970); Complete presidential press conferences, herausgegeben von J. Daniels, 25 Bände (1972); Churchill & Roosevelt: The complete correspondence, herausgegeben von W. F. Kimball, 3 Bände (1984).
D. R. Fusfeld: The economic thought of F. D. R. and the origins of the New Deal (ebd. 1956, Nachdr. ebd. 1970);
T. H. Greer: What R. thought. The social and political ideas of F. D. R. (East Lansing, Mich., 1958);
W. J. Helbich: F. D. R. (1971);
W. J. Stewart: The era of F. D. R. A selected bibliography of periodical, essay, and dissertation literature 1945-1971 (Hyde Park, N. Y., 21974);
D. Junker: Der unteilbare Weltmarkt. Das ökonom. Interesse in der Außenpolitik der USA 1933-1941 (1975);
D. Junker: F. D. R. Macht u. Vision, Präs. in Krisenzeiten (21989);
Nathan Miller: FDR (Garden City, N. Y., 1983, Nachdr. Lanham, Md., 1991);
F. D. R. The man, the myth, the era, 1882-1945, hg. v. H. D. Rosenbaum u. a. (New York 1987);
S. D. Cashman: America, R., and World War II (ebd. 1989);
R. Dallek: F. D. R. and American foreign policy 1932-1945 (Neudr. New York 1995).
3) Theodore, genannt »Teddy«, 26. Präsident der USA (1901-09), * New York 27. 10. 1858, ✝ Sagamore Hill (Oyster Bay, New York) 6. 1. 1919; nach juristischen Studien schrieb er historische Monographien (u. a. »The winning of the west«, 4 Bände, 1889-96). 1882-84 war er republikanischer Abgeordneter im Parlament des Staates New York. In der Kommission für den öffentlichen Dienst (1889-95) sowie als Polizeichef (1895-97) und Gouverneur von New York (1899-1900) trat der Republikaner Roosevelt als gemäßigter Reformer gegen herrschende Korruption auf. Roosevelt, Vertreter einer amerikanischen Großmachtpolitik, war als Unterstaatssekretär für die Marine (1897-98) an der Einbeziehung der Philippinen in den Krieg mit Spanien beteiligt, in dem er mit seinem Freiwilligenregiment »Rough Riders« große Popularität erlangte. 1900 zum Vizepräsidenten unter W. McKinley gewählt, übernahm nach dessen Tod (14. 9. 1901) das Präsidentenamt. 1902 vermittelte er während des Bergarbeiterstreiks im Osten der USA im Sinne eines Interessenausgleichs (Square Deal), den er auch bis zu seiner Wiederwahl 1904 erfolgreich zwischen dem konservativen und dem reformerischen Flügel der Republikanischen Partei vertrat, während er ab 1907 den konservativen Flügel kritisierte. - Innenpolitisch betrieb Roosevelt eine Politik der öffentlichen Kontrolle über die großen Wirtschaftsinteressen und der Erhaltung der Wald- und Wasserreserven sowie der Bodenschätze.
Roosevelt setzte auf die Wirkung einer starken Flotte in seiner Außenpolitik, für die er den Slogan prägte: »Speak softly and carry a big stick« (»Sprich leise und bringe einen großen Knüppel mit«). Er trat für das Prinzip des Mächtegleichgewichts in Europa und Ostasien sowie nach Verhängung eines Protektorats über Kuba (Platt Amendment, 1901), der Intervention im Venezuela-Konflikt (1902-03) und dem völkerrechtlich umstrittenen Erwerb der Kanalzone von Panama (1903) für einen Aufsichtsanspruch über die Staaten Mittelamerikas und der karibischen Region ein. Vom Prinzip der Nichteinmischung in die europäische Politik wich Roosevelt ab, indem er durch seine Vermittlung in der ersten Marokkokrise die Algeciras-Konferenz (1906) vorbereitete. 1905 vermittelte er den Frieden von Portsmouth im Russisch-Japanischen Krieg und erhielt dafür 1906 den Friedensnobelpreis.
Nachdem Roosevelt in der amerikanischen Bundespolitik dem Progressive Movement den Weg geebnet hatte, wurde er zum Kritiker seines Nachfolgers W. H. Taft und ließ sich als Präsidentschaftskandidat der Progressive Party 1912 im Zeichen des »New Nationalism« zu einer Spaltung der Partei verleiten. Dies verschaffte dem Demokraten W. Wilson bei den Wahlen den Sieg, dessen Neutralitätspolitik im Ersten Weltkrieg Roosevelt heftig kritisierte.
W. H. Harbaugh: The life and times of T. R. (Neuausg. London 1975);
E. Morris: The rise of T. R. (New York 1979);
R. Lammersdorf: Anfänge einer Weltmacht. T. R. u. die transatlant. Beziehungen der USA 1901-1909 (1994).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Vereinigte Staaten von Amerika: Außenpolitik im Zeichen des Imperialismus
Universal-Lexikon. 2012.