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Pétain
Pétain
 
[pe'tɛ̃], Henri Philippe, französischer Marschall und Politiker, * Cauchy-à-la-Tour (Département Pas-de-Calais) 24. 4. 1856, ✝ Port-Joinville (Insel Yeu) 23. 7. 1951; Berufssoldat, nach Beginn des Ersten Weltkrieges zum General (1914) befördert, zeichnete sich als Kommandeur der 2. Armee bei der Offensive in der Champagne (September 1915) aus; wurde als Verteidiger von Verdun 1916/17 zum Nationalhelden. Im November 1918 zum Marschall ernannt. 1920-31 war er Vizepräsident des Obersten Kriegsrates, 1922-31 Generalinspekteur der Armee, leitete 1925 den Feldzug gegen die Rifkabylen; 1931-34 Inspekteur der Luftverteidigung, 1934 Kriegsminister, ab 1939 Botschafter in Madrid. Die antiparlamentarische und antisemitische Orientierung offenbarte sich seit den 30er-Jahren.
 
Nach dem deutschen Angriff auf Frankreich 1940 wurde Pétain stellvertretender Ministerpräsident in der Regierung Reynaud (18. 5.). Angesichts der sich abzeichnenden französischen Niederlage plädierte Pétain aus Furcht vor Anarchie und sozialer Revolution für einen Waffenstillstand. Nach P. Reynauds Rücktritt zum Ministerpräsidenten (17. 6. 1940 ernannt, konnte er sich durchsetzen (22./24. 6. Waffenstillstand mit dem Deutschen Reich und Italien). In Vichy (nach der Übersiedlung von Regierung und Nationalversammlung) übertrugen ihm die verbliebenen Abgeordneten alle legislativen und exekutiven Vollmachten, die Kontrolle der Jurisdiktion und die Ausarbeitung einer neuen Verfassung (10./11. 7. 1940). Als »Chef de l'État Français« (»Chef des französischen Staates«), der die Funktionen von Staats- und Ministerpräsident vereinigte, verfolgte Pétain das Konzept einer »nationalen Revolution«, die auf die Erneuerung traditioneller Werte (»Gott, Familie, Vaterland«) und Wiederherstellung der Einheit der Nation zielte und antirepublikanische Maßnahmen sowie antisemitische Gesetzgebung einschloss. Außenpolitisch suchte Pétain die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Reich, um in einem neuen Europa deutscher Ordnung die Stelle eines Partners einzunehmen und einer sowjetischen Hegemonie vorzubeugen (Treffen mit Hitler in Montoire, 24. 10. 1940 ). Nach dem deutschen Einmarsch in das unbesetzte Frankreich (November 1942) immer stärker unter Druck, versuchte er erst die Entwicklung zum Satellitenstaat aufzuhalten, stimmte dann aber dem Eintritt von Faschisten in das Kabinett Laval zu und tolerierte die Ausbildung eines Zwangs- und Polizeistaates. Nach seiner Internierung durch die Deutschen in Belfort (ab 20. 8. 1944) und Sigmaringen (ab 8. 9.) ging Pétain im April 1945 in die Schweiz und stellte sich wenig später den französischen Behörden. Am 15. 8. 1945 wurde Pétain vom Obersten Gerichtshof wegen Hoch- und Landesverrats zum Tode verurteilt, wegen seines hohen Alters wurde die Strafe ausgesetzt und Pétain auf die Insel Yeu verbannt.
 
Werk: La bataille de Verdun (1929).
 
Literatur:
 
J. Isorni: P. P., 2 Bde. (Paris 1972-73);
 F. Pottecher: Le procès P. (ebd. 1980);
 H. R. Lottman: P., hero or traitor (New York 1985);
 C. Floret: P. P. u. Pierre Laval (1997);
 J. LeGroignec: P. et les Allemands (Paris 1997);
 N. Atkins: P. (London 1998).

Universal-Lexikon. 2012.