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Spieltheorie
I
Spieltheorie,
 
den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, insbesondere dem Operations-Research zugeordnete mathematische Theorie zur Modellierung spezieller strategischer Entscheidungsprozesse (strategische Spiele). Basierend auf der Beobachtung des Entscheidungsverhaltens in strategischen Gesellschaftsspielen (Gegensatz: Glücksspiele) wurde die Spieltheorie von J. von Neumann begründet und unter Mitwirkung von O. Morgenstern zwischen 1930 und 1940 für die Analyse von unternehmerischen und gesamtwirtschaftlichen Konflikt- und Konkurrenzsituationen vorgeschlagen.
 
Ein Spiel im Sinne der Spieltheorie wird durch die Anzahl der Spieler beziehungsweise Gegenspieler, durch die ihnen jeweils zur Verfügung stehenden Strategien sowie durch Auszahlungen (Gewinne beziehungsweise Verluste) festgelegt. Jeder Spieler kennt die Menge der Strategien seines Gegenspielers sowie - gemäß Auszahlungstabelle - den (Geld-)Betrag, den er erhält beziehungsweise zahlen muss, wenn Spieler und Gegenspieler, z. B. im Rahmen einer Konfrontation, jeweils eine ihrer Strategien anwenden. - Ein sehr einfaches Beispiel zeigt folgende Abbildung:
 
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|                 |                 | Spieler II                              |
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|                 | Strategie   | Stein   | Papier    | Schere    |
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| Spieler I    | Stein         | 5         | -3          | -5           |
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|                 | Papier       | 3         | 6           | 2*           |
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|                 | Schere      | 4         | -2          | -1           |
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Danach verfügt jeder der beiden Spieler I und II über drei Strategien, nämlich die Möglichkeit, durch Handzeichen die Gegenstände »Stein«, »Papier« oder »Schere« zu symbolisieren; in der Auszahlungstabelle ist festgelegt, welcher Betrag zwischen den Spielern in Abhängigkeit von ihrer Strategienwahl ausgetauscht wird: Z. B. erhält Spieler I den Betrag 5 von Spieler II, wenn beide »Stein« wählen, oder Spieler II erhält den Betrag 1 von Spieler I, wenn beide »Schere« wählen (Vorzeichenwechsel in der Tabelle). Die Zahlungssumme beider Spieler ist immer null; es handelt sich daher um ein Zweipersonen-Nullsummenspiel. Unter der Annahme, dass sich beide Spieler rational und vorsichtig verhalten, bietet die Spieltheorie hier folgende Lösung an: Spieler I wähle die Strategie »Papier«, Spieler II die Strategie »Schere«. Dann kann Spieler I nicht daran gehindert werden, mindestens den Betrag 2 zu erhalten, und Spieler II kann keinesfalls schlechter gestellt werden, als den Betrag 2 zu verlieren (Tabellenfeld mit *). Für Spieler II ist dies ein unfaires Spiel, und er wird es ablehnen, insofern das möglich ist.
 
Neben solchen Konfrontationsspielen (nichtkooperative Spiele) gibt es auch kooperative Spiele. Ferner ist nach der Anzahl der beteiligten Spieler zwischen Zwei- und Mehrpersonenspielen zu unterscheiden, wobei Letztere durch Koalitionsbildung auf eine kombinatorische Vielfalt von Zweipersonenspielen zurückgeführt werden. Schließlich gibt es neben den Nullsummenspielen auch Nichtnullsummenspiele. Die Erweiterung der Spieltheorie auf ungewisse Auszahlungen ist möglich.
 
Anwendung findet die Spieltheorie u. a. bei der Analyse von Tarifverhandlungen, betrieblichen Mitbestimmungsmodellen und von quantitativen Aspekten strategischer Unternehmensentscheidungen, in der Preistheorie, in zwischenstaatlichen Konfliktsituationen (z. B. Währungspolitik, Embargoabwehr, militär. Konfrontationen) sowie in der experimentellen Konfliktforschung. 1994 ging der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften an J. C. Harsanyi, J. F. Nash und R. Selten für ihre Arbeiten im Bereich der nichtkooperativen Spiele.
 
Literatur:
 
J. von Neumann u. O. Morgenstern: S. u. wirtschaftl. Verhalten (a. d. Amerikan., 31973);
 O. Morgenstern: Theory of games and economic behavior (Neudr. Princeton, N. J., 1990);
 G. Owen: Game theory (San Diego, Calif., 31995);
 G. Bamberg u. A. G. Coenenberg: Betriebswirtschaftl. Entscheidungslehre (91996).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
Spieltheorie: Grundlagen
 
II
Spieltheorie,
 
mathematische Theorie zur Modellierung von Entscheidungsfindungen bei Spielen bzw. spielähnlichen Prozessen, deren Ergebnisse nicht nur vom Zufall abhängen, sondern auch von den Strategien der Spieler. Die Spieltheorie versucht das Entscheidungsverhalten der einzelnen Spieler zu analysieren und die bestmöglichen Spielstrategien zu ermitteln. Basierend auf der Beobachtung des Entscheidungsverhaltens in strategischen Gesellschaftsspielen wurde die Spieltheorie von J. von Neumann begründet.
 
Anwendung findet die Spieltheorie u. a. bei der Analyse von Tarifverhandlungen, betrieblichen Mitbestimmungsmodellen, in der Preistheorie, in der Erforschung von Konflikten sowie in den Naturwissenschaften (Biophysik, physikalische Chemie, Thermodynamik).

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Spiel|the|o|rie, die (Math., Kybernetik): mathematische Theorie zur Beschreibung strategischer Spiele, die bei der Analyse bestimmter realer, bes. wirtschaftlicher u. politischer Situationen angewandt wird.

Universal-Lexikon. 2012.