Akademik

Spanischer Bürgerkrieg
Spanischer Bürgerkrieg,
 
1936-39 kriegerische Auseinandersetzung als Folge des Aufstands nationalistischer, autoritärer und konservativ-traditionalistischer Kräfte unter Führung spanischen Militärs gegen die Zweite Republik. Im Spanischen Bürgerkrieg entluden sich die Spannungen zwischen autonomistischem und zentralistischem Staatsdenken, zwischen traditionell-katholischen und liberal-sozialistischen Auffassungen. Hinzu kamen die Gegensätze zwischen Großgrundbesitzern und Unternehmern auf der einen Seite sowie Bauern und Arbeitern auf der anderen Seite. Streiks, politisch motivierte Morde sowie Angriffe auf Kirchen und Klöster verschärften die gesellschaftlichen Gegensätze. Unmittelbar ausgelöst wurde der Spanische Bürgerkrieg durch die Ermordung des konservativen Cortes-Abgeordneten J. Calvo Sotelo am 13. 7. 1936.
 
 Der militärische Verlauf
 
Die erste Phase
 
(Juli 1936 bis Januar 1937): Gestützt auf die spanische Fremdenlegion und die maurischen (marokkanischen) »Regulares«, die mithilfe deutscher Flugzeuge von Spanisch-Marokko nach Spanien eingeflogen wurden, leitete General F. Franco Bahamonde am 17. 7. 1936 den Aufstand gegen die Zweite Republik ein. Seit dem 18. 7. versuchten aufständische Truppenführer, meist unterstützt von bewaffneten Falangisten (Falange) und Karlisten, die örtlichen und regionalen Verwaltungsorgane unter ihre Kontrolle zu bringen. Begünstigt durch die militär. Schlagkraft und den Überraschungseffekt des Aufstandes, gelang es den Rebellen, bis September 1936 große Teile Spaniens unter ihre Kontrolle zu bringen. Unter General Gonzalo Queipo de Llano (* 1875, ✝ 1951), zu dem später Franco mit seinen Truppen stieß, konnten die Aufständischen das westliche Andalusien erobern und unter General Emilio Mola Vidal (* 1887, ✝ 1937) große Gebiete des westlichen und nördlichen Spanien unter ihre Herrschaft bringen. Außerdem errichteten sie einen Korridor zwischen ihrem andalusischen und westspanischen Machtbereich. Mit der Besetzung von San Sebastián und Irún im September 1936 wurde ein wichtiger Verbindungsweg des republikanischen Spanien nach Frankreich blockiert. Nach Beginn des Bürgerkrieges richteten die Aufständischen seit dem 24. 7. 1936 in Burgos eine Aufstandsregierung (Militärjunta) ein, an deren Spitze am 1. 10. 1936 General Franco trat. - Im republikanischen Teil Spaniens ließ die von der Volksfront getragene Regierung unter Ministerpräsident J. Giral y Pereira Waffen an republikanisch gesinnte Zivilisten, besonders Gewerkschafter der anarchistischen CNT (Confederación Nacional del Trabajo, deutsch »Nationaler Bund der Arbeit«) und der sozialistischen UGT (Unión General de Trabajadores, deutsch »Allgemeine Union der Arbeiter«) verteilen, da der größte Teil der regulären Armee zu den Aufständischen übergegangen war. Es bildeten sich Verteidigungskomitees und Milizen, die in der ersten Phase des Spanischen Bürgerkriegs in der Hauptsache die Verteidigung der Republik trugen. Mit Fortschreiten des Aufstandes gelang es der Regierung, nunmehr unter der Führung des Sozialisten F. Largo Caballero, eine republikanische Armee aufzubauen (Oberbefehlshaber General José Miaja Menant, * 1878, ✝ 1958).
 
Mit Beginn des Bürgerkrieges wandten sich beide Parteien um Hilfe an das Ausland. Während das nationalsozialistische Deutschland und das faschistische Italien die Aufständischen mit Truppen (Deutschland mit der Legion Condor) und schwerem Kriegsgerät (z. B. mit Kampfflugzeugen) von Anfang an unterstützten, suchten sich die mit der Republik sympathisierenden Staaten (besonders Frankreich, Großbritannien und die UdSSR) mit Ausnahme der UdSSR aus dem Konflikt herauszuhalten; Letztere begann nach einigem Zögern mit umfangreichen Waffenlieferungen (besonders Panzer). Auf freiwilliger Basis bildeten sich aufseiten der Republik die Internationalen Brigaden. - Mit der Belagerung von Madrid (November 1936 bis Januar 1937) erreichte die erste Phase des Bürgerkriegs ihren Höhepunkt. Am 7. 11. 1936 begannen die Aufständischen unter dem Kommando General Molas den Angriff auf Madrid. Mola hoffte dabei auf die Unterstützung der Anhänger des Aufstandes in der Hauptstadt selbst (fünfte Kolonne). Die Eroberung Madrids scheiterte jedoch am entschlossenen Widerstand der Belagerten und deren Unterstützung durch die Internationalen Brigaden.
 
Die zweite Phase
 
(Januar 1937 bis März 1938): Nachdem es den Nationalisten nicht gelungen war, Madrid zu gewinnen, suchten sie, das von ihnen kontrollierte Gebiet im Südosten und Norden Spaniens zu erweitern. Im Februar 1937 eroberten sie Málaga. In der Schlacht um Guadalajara (18. 3. 1937 erlitten jedoch italienische Freiwilligenverbände eine schwere Niederlage. Der Angriff auf das Baskenland im Norden stieß auf den entschlossenen Widerstand der um ihre Autonomie kämpfenden Bevölkerung. Am 26. 4. 1937 zerstörten Flugzeuge der Legion Condor die Stadt Guernica y Luno und lösten damit weltweite Empörung aus. Am 18. 6. 1937 nahmen die Aufständischen Bilbao ein. Im August folgte die Einnahme von Santander, im Herbst 1937 die Eroberung Asturiens.
 
In der dritten Phase (März bis Dezember 1938) gelang es den Aufständischen mit der Eroberung der Provinz Castellón, bis zum Mittelmeer vorzustoßen und damit das Herrschaftsgebiet der Republik zu teilen. In der Schlacht am Ebro errangen die republikanischen Kräfte im Juli 1938 zwar noch einmal einen Sieg, mussten aber im November ihre Stellungen aufgeben und erlitten in der vierten Phase (Dezember 1938 bis März 1939) eine endgültige Niederlage. Überraschend schnell nahmen die Truppen Francos Katalonien ein, das als eine der Hauptstützen der Republik galt. Am 26. 1. 1939 fiel Barcelona. Am 10. 2 besetzten aufständische Truppen die Pyrenäengrenze, am 28. 3. 1939 kampflos Madrid. Am 1. 4. 1939 verkündete Franco das Ende des Bürgerkriegs. Von beiden Seiten mit äußerster Härte geführt, forderte er (nach Schätzungen) 600 000-800 000 Tote, etwa die Hälfte von ihnen waren Zivilisten. Franco ließ nach seinem Sieg noch Tausende Anhänger der republikanischen Seite ermorden.
 
 Innenpolitische Aspekte
 
Gleichzeitig mit der Bewaffnung der Gewerkschaften bildeten sich dort, wo der Aufstand zunächst niedergeschlagen worden war, neben den verfassungsmäßigen Gesetzgebungs- und Regierungsorganen Ausschüsse, die meist mit den Verteidigungskomitees identisch waren. Diese Ausschüsse, geführt entweder von der sozialistischen UGT (z. B. in Madrid) oder der anarchistischen CNT (z. B. in Barcelona), setzten v. a. mit der Abschaffung des Privateigentums an den Produktionsmitteln und der Enteignung des Großgrundbesitzes (v. a. der katholischen Kirche) eine soziale Revolution in Gang; unterschiedliche Auffassung über ihre Durchführung führten zu Spannungen zwischen den politischen Gruppen und leisteten damit der allmählichen Desintegration der Republik Vorschub (anarchistischer Aufstand in Barcelona am 4. 5. 1937). Staatstragende Partei war im Rahmen der Volksfront der Partido Socialista Obrero Español (PSOE), er stellte zwar die Ministerpräsidenten (Largo Caballero, später J. Negrín), war aber oft in Fragen der Kriegführung zerstritten. Im Zuge der Verteidigung von Madrid gewannen die Kommunisten, besonders Funktionäre der Komintern (u. a. P. Togliatti, E. Gerő), erheblichen Einfluss in der politischen Führung der Republik. Vor dem Hintergrund der politischen Säuberungen Stalins in der UdSSR (1934-39) initiierten die Kommunisten eine Verfolgungswelle gegen den Partido Obrero de Unificación Marxista (POUM, deutsch »Arbeiterpartei der marxistischen Vereinigung«), der besonders von ausländischen Parteigängern der Republik getragen und des Trotzkismus verdächtigt wurde. Anfang März 1939 ergriff im republikanischen Madrid eine Junta die Macht, die mit den Aufständischen verhandeln wollte. - Im Aufstandsgebiet waren nur die Falange und die Karlisten als politische Organisationen zugelassen. Die Aufständischen vertraten einen Traditionalismus, der sich an der überkommenen Gesellschaftsordnung sowie der staatstragenden Funktion von Militär und katholischer Kirche orientierte.
 
 Außenpolitische Aspekte
 
Von Anfang an erregte der Spanische Bürgerkrieg in der internationalen Öffentlichkeit starke Anteilnahme, die von literarisch-publizistischer Parteinahme bis zu persönlichem Kriegsdienst, v. a. aufseiten der Republik, reichte: E. Hemingway, E. E. Kisch, A. Koestler, A. Malraux, G. Orwell, G. Regler, L. Renn, E. Weinert. Bestimmt von der Furcht, die europäischen Großmächte könnten in den Spanischen Bürgerkrieg hineingezogen werden, schlugen die britische und die französische Regierung die Einrichtung eines »Nichteinmischungskomitees« vor, das am 9. 9. 1936 zum ersten Male zusammentrat und dem 25 Staaten (u. a. Frankreich, Großbritannien, die UdSSR, Deutschland und Italien) angehörten. Während sich Frankreich und Großbritannien an das Prinzip der »Nichtintervention« hielten, unterstützten Deutschland und Italien von Anfang an die Aufständischen, die UdSSR nach einigem Zögern die republikanische Seite. B. Mussolini verfolgte in Spanien langfristig seine imperialistischen Interessen im westlichen Mittelmeerraum. Gleichermaßen führte die deutsch-italienische Zusammenarbeit im Spanischen Bürgerkrieg zur Begründung der Achse Berlin-Rom. Bei der Diskussion der deutschen Intervention sind bis heute Motive und Ziele des Eingreifens umstritten. Zu den wichtigsten zählen: die Lösung Italiens vom britischen Einfluss, strategische Bündnisüberlegungen, antikommunistische Grundeinstellung, die Chance zur Erprobung neuer Waffensysteme (z. B. Flugzeuge), ökonomische Interessen (z. B. Erweiterung der Rohstoffbasis u. a. im Hinblick auf Eisenerz). Das ursprüngliche Interesse Stalins an Spanien war nicht offensiv-strategischer Art, sondern stand in Zusammenhang mit der von ihm in den 30er-Jahren verfolgten Politik der kollektiven Sicherheit. Im Oktober 1936 wechselte er den Kurs seiner Spanienpolitik zugunsten der Intervention, im November 1938 zugunsten eines politischen Rückzuges aus Spanien. Die USA verfolgten eine strenge Neutralitätslinie.
 
Literatur:
 
H. G. Dahms: Der S. B. 1936-1939 (1962);
 H. Thomas: Der s. B. (a. d. Engl., 21964);
 
Der s. B. in der internat. Politik. 1936-1939, hg. v. W. Schieder u. a. (1976);
 R. Carr: The Spanish tragedy (London 1977);
 P. von zur Mühlen: Spanien war ihre Hoffnung. Die dt. Linke im S. B. 1936-1939 (Neuausg. 1985);
 
Der S. B. in Augenzeugenberichten, hg. v. H.-C. Kirsch (Neuausg. 1986);
 P. Broué u. É. Témime: Revolution u. Krieg in Spanien, 2 Bde. (a. d. Frz., Neuausg. 51987);
 
Der S. B., Beitrr. v. M. Tuñón de Lara u. a. (a. d. Span., 1987);
 P. Vilar: Kurze Gesch. zweier Spanien. Der Bürgerkrieg 1936-1939 (a. d. Frz., 1987);
 S. Kogelfranz u. E. Platz: Sterben für die Freiheit. Die Tragödie des S. B. (1989);
 W. L. Bernecker: Krieg in Spanien 1936-1939 (Neuausg. 1997).

Universal-Lexikon. 2012.