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Offenbach
I
Ọffenbach,
 
Name von geographischen Objekten:
 
 1) Ọffenbach, Landkreis in Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, 356 km2, 333 300 Einwohner; Verwaltungssitz: Offenbach am Main. Das in der Untermainebene gelegene Kreisgebiet gliedert sich in den Rodgau, den ehemaligen Reichsforst Dreieich und die Mainaue und ist stark bewaldet (v. a. Kiefern). Der Abbau der eiszeitlichen Kiese, Schotter und Sande hat zur Entstehung von Seen geführt. Insgesamt ist der im Zentrum des Rhein-Main-Gebietes liegende Kreis stark industrialisiert (Neu-Isenburg u. a.).
 
 
 2) Ọffenbach am Main, kreisfreie Stadt in Hessen, 98 m über dem Meeresspiegel, auf der linken Niederterrasse des unteren Mains, östlich an Frankfurt am Main anschließend, 116 600 Einwohner; Verwaltungssitz des Landkreises Offenbach; Hochschule für Gestaltung, Fachschulen für Technik und für Lederverarbeitung; Theater; Deutsches Ledermuseum/Deutsches Schuhmuseum, Stadtmuseum; Zentralamt des Deutschen Wetterdienstes, Bundesmonopolverwaltung für Branntwein; Sportstadion Bieberer Berg; Industriestadt im Rhein-Main-Gebiet mit Maschinenbau, chemische und Elektroindustrie sowie der inzwischen an Bedeutung zurückgegangenen traditionsreichen Lederindustrie (»Offenbacher Lederwaren«, zum Teil in Kleinbetrieben und in Heimarbeit, auch im Umland, erzeugt) mit jährlich zwei Internationalen Lederwarenmessen; Mainhafen.
 
Stadtbild:
 
Das Renaissanceschloss der Grafen von Isenburg-Birstein (1570-78, seit 1900 Landeseigentum) mit dreigeschossiger, reich verzierter Loggienarchitektur wurde nach Kriegsschäden 1952/53 wiederhergestellt. Die Seitenflügel des 1984 wiederhergestellten Büsing-Palais beherbergen das Klingspor-Museum und die Stadtbibliothek; der Kopfbau dient als Konferenzzentrum. Der ehemalige Schlachthof (1904 eröffnet, jetzt Industriedenkmal) wurde zum Wohnpark umgestaltet. - In Bürgel katholische Pfarrkirche Sankt Pankratius (Glockenturm 15. Jahrhundert). In Rumpenheim evangelische Pfarrkirche (1756-61); vom Schloss, ursprünglich ein schlichter Landhausbau (um 1680, Ausbau 18. Jahrhundert), wurden nach Kriegsschäden die Seitenflügel wiederhergestellt.
 
Geschichte:
 
Das 977 erstmals urkundlich bezeugte Offenbach fiel 1486 an die Herren von Isenburg (1744 gefürstet). 1556 wurde es eine ihrer Residenzen (1556-1718 Isenburg-Offenbach; später von Isenburg-Birstein). Ende des 17. Jahrhunderts fanden Hugenottenflüchtlinge in Offenbach Aufnahme (Gründung einer französischen-reformierten Gemeinde; 1708 Gemeindestatut für eine jüdische Gemeinde). 1816 kam Offenbach an Hessen-Darmstadt.
 
 
 3) Ọffenbach-Hụndheim, Gemeinde im Landkreis Kusel, Rheinland-Pfalz, am Glan, 1 400 Einwohner.
 
Geschichte:
 
Ehemalige Benediktinerpropsteikirche (um 1150 gegründet), die den Übergang der rheinischen Spätromanik in die Gotik hervorragend verdeutlicht (um 1225 begonnen); erhalten sind nur die reich gegliederten Ostteile mit achteckigem Vierungsturm aus dem 14. Jahrhundert.
 
II
Ọffenbach,
 
Jacques, ursprünglich Jacob Offenbach, französischer Komponist deutscher Herkunft, * Köln 20. 6. 1819, ✝ Paris 5. 10. 1880; Sohn eines jüdischen Kantors, erhielt vom Vater Violinunterricht, ging 1833 nach Paris, studierte Violoncello am Conservatoire, war drei Jahre Violoncellist an der Opéra-Comique, studierte Komposition bei J. F. E. Halévy und wurde 1850 Kapellmeister am Théâtre-Français. 1855-63 leitete er eine eigene Bühne, die »Bouffes-Parisiens«, an der er als Theaterdirektor, Komponist und Dirigent in einer Person erfolgreich Musiquettes herausbrachte; hier wurde 1858 auch »Orphée aux enfers« (deutsch »Orpheus in der Unterwelt«) uraufgeführt, das Urbild der satirischen Operette. Nach dem Ende des Zweiten Kaiserreichs (1870) entsprachen seine Werke nicht mehr dem allgemeinen Geschmack. Sein nochmaliger Versuch eines Theaterunternehmens (Théâtre de la Gaîté, 1873-75) und die Hinwendung zur Ausstattungsoperette endeten mit wirtschaftlichem Zusammenbruch. Auch eine Reise in die USA (1876) brachte keinen dauernden Erfolg. Krank und vereinsamt komponierte Offenbach 1880 sein letztes Meisterwerk, die Oper »Les contes d'Hoffmann« (deutsch »Hoffmanns Erzählungen«), in dem sich lyrische und dämonische Teile, Ernst und Heiterkeit zu einem romantisch-fantastischen Werk verbinden; er erlebte die Uraufführung (1881) nicht mehr, zu der Ernest Guiraud (* 1837, ✝ 1892) Rezitative und Instrumentation beitrug und das Trinklied und die Barcarole aus Offenbachs »Rheinnixen« (1864) hinzufügte.
 
Offenbach schuf über 100 Bühnenstücke, unverwechselbar in ihrer Kritik an der französischen Gesellschaft unter Napoleon III., in der Parodie der Oper und ihrer Travestie von Mythologie und Legende (»Offenbachiade«), hervorgehoben durch die Einfachheit und Schlagkraft der melodischen Erfindung, durch eingängige Lyrismen, zündende Rhythmik und musikalische Komik. Offenbach komponierte auch Instrumentalwerke, Chöre, Lieder und Schauspielmusiken.
 
Weitere Werke: Croquefer (1857); La belle Hélène (1864; deutsch Die schöne Helena); Barbe-Bleue (1866; deutsch Blaubart); La vie parisienne (1866; deutsch Pariser Leben); La Grande-Duchesse de Gérolstein (1867; deutsch Die Großherzogin von Gerolstein); La Périchole (1868); Les brigands (1869; deutsch Die Banditen); Le roi Carotte (1872; deutsch König Karotte).
 
Ausgabe: Lettres à Henri Meilhac et Ludovic Halévy, herausgegeben von P. Goninet (1994).
 
Literatur:
 
A. Decaux: J. O. (a. d. Frz., Neuausg. 1978);
 
J. O., hg. v. H.-K. Metzger u. a. (1980);
 T. Groepper: Aspekte der Offenbachiade. Unters. zu den Libretti der großen Operetten O.s (1990);
 A. Silbermann: Das imaginäre Tagebuch des Herrn J. O. (Neuausg. 1991);
 S. Kracauer: J. O. u. das Paris seiner Zeit (Neuausg. 1994);
 P. W. Jacob: J. O. (25.-26. Tsd. 1997).
 

Universal-Lexikon. 2012.