IWF
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Internationaler Währungsfonds
[-fɔ̃], Abkürzung IWF, englisch International Monetary Fund [ɪntə'næʃnl 'mʌnətərɪ fʌnd], Abkürzung IMF [eɪem'ef], Weltwährungsfonds, autonome Sonderorganisation der UNO zur Überwachung des internationalen Währungssystems, am 27. 12. 1945 auf der Grundlage des Abkommens von Bretton Woods errichtet, Sitz: Washington (D. C.).
Ziele:
Förderung der internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Währungspolitik, Unterstützung eines ausgewogenen Wirtschaftswachstums sowie eines hohen Beschäftigungsgrades, Förderung der Stabilität der Währungen durch Sicherung geordneter Währungsbeziehungen, Errichtung eines multilateralen Zahlungssystems und Beseitigung von Beschränkungen im Devisenverkehr, Kreditgewährung an Mitgliedländer zur Erleichterung von Zahlungsbilanzanpassungen, Abbau der Ungleichgewichte in den internationalen Zahlungsbilanzen. Das ursprüngliche IWF-Abkommen, das auf den Reservemedien Gold und US-Dollar sowie auf festen Wechselkursen basierte, wurde zweimal wesentlich geändert: 1969 wurde mit den Sonderziehungsrechten (SZR) ein neues Reservemedium geschaffen, das als Zahlungsmittel zwischen den Währungsbehörden dient. Seit 1978 ist den Mitgliedländern die Wahl ihres Wechselkurssystems freigestellt.
Organe:
Jedes Mitgliedland entsendet einen Gouverneur (in der Regel den für Währungspolitik zuständigen Minister oder den Präsidenten der Notenbank) in das oberste Entscheidungsgremium des IWF, den Gouverneursrat (Board of Governors). Die laufenden Geschäfte führt das Exekutivdirektorium (Board of Executive Directors). Von den 24 Direktoren werden zurzeit fünf von den Ländern mit den höchsten Quoten (USA, Deutschland, Japan, Frankreich, Großbritannien) ernannt und 19 von den anderen Ländern beziehungsweise Ländergruppen gewählt. Vorsitzender des Exekutivdirektoriums ist der geschäftsführende Direktor (Managing Director). Jeweils 24 Mitglieder umfassen auch die beiden beratenden Organe des IWF, der Interimsausschuss und der Entwicklungsausschuss. Letzterer ist der so genannte Gemeinsame Ministerausschuss der Gouverneursräte von Weltbank und Internationalem Währungsfonds.
Jedem IWF-Mitglied ist eine Quote zugewiesen, nach der sich u. a. sein Anteil am Fonds (Subskription), sein Stimmrecht, die Höhe seiner ständigen Bareinlagen und die Grenze seiner Inanspruchnahme des Fonds (Ziehungsrechte) bemessen. Deutschland verfügt z. B. (Oktober 2000) über einen Stimmrechtsanteil von 6,08 %, der Anteil Frankreichs und Großbritanniens beträgt jeweils 5,02 %; die USA haben mit 17,33 % der Stimmen eine Sperrminorität, da wichtige Beschlüsse einer Mehrheit von 85 % bedürfen. Durch Statutenänderung vom 11. 11. 1992 kann einem Mitgliedstaat, der seine Verpflichtungen gegenüber dem IWF nicht erfüllt, u. a. das Stimmrecht entzogen werden. Dem IWF gehören (2001) 183 Länder an (seit Mai 1992 auch die Schweiz).
Der IWF begann seine Tätigkeit am 1. 3. 1947. Die Währungsparitäten wurden als feste, gegenüber dem Gold oder US-Dollar fixierte Wechselkurse mit Schwankungsbreiten von je 1 % nach oben und unten festgelegt. Die nationalen Notenbanken waren bei Überschreiten dieser Bandbreiten (Interventionspunkte) zur Kursstützung verpflichtet. Paritätsänderungen (Auf- und Abwertungen) von mehr als 10 % mussten vorher vom IWF genehmigt, geringere ihm angezeigt werden.
Die erforderlichen Finanzmittel stellen die Mitglieder über Beiträge (Subskriptionen entsprechend den Quoten) zur Verfügung. Die Quoten, die nach bestimmten volkswirtschaftlichen Größen (z. B. Volkseinkommen, Währungsreserven) errechnet und in mehrjährigen Abständen überprüft werden, müssen zu 75 % in der Währung des Mitgliedlandes, zu 25 % in Sonderziehungsrechten (bis 1978 in Gold) entrichtet werden. Für die Mittelbeschaffung spielen auch zeitweilige Kreditaufnahmen des IWF bei einzelnen Mitgliedländern eine Rolle, z. B. im Rahmen der Allgemeinen Kreditvereinbarungen (Abkürzung AKV), einer Kreditlinie bei der Zehnergruppe und Saudi-Arabien, sowie ab 1997 - nach Ratifizierung in den einzelnen Ländern - im Rahmen der Neuen Kreditvereinbarungen (Abkürzung NKV), einer Kreditlinie bei den AKV-Staaten und 14 weiteren finanzstarken Ländern im Gesamtumfang (AKV und NKV) von 51 Mrd. US-$.
Mitgliedländer erhalten beim IWF bei Zahlungsbilanzschwierigkeiten finanzielle Überbrückungsmöglichkeiten. Dies geschieht durch Ziehungen (Ankauf von Fremdwährungen beim IWF innerhalb festgelegter Grenzen und für einen bestimmten Zeitraum gegen eigene Währung). Seit 1986 betragen die Ziehungsmöglichkeiten 90 % bis 110 % der Quote pro Jahr und 270 % bis 330 % der Quote in einem Dreijahreszeitraum mit einer kumulativen Obergrenze von 400 % bis 440 % der Quote. Die gegen eine Gebühr erworbenen Fremdwährungen müssen so bald wie möglich zurückgezahlt werden. Der Rückkauf der eigenen Währung erfolgt gegen konvertible Währungen. Die Kreditaufnahme wird im Rahmen von Reservetranchen (die den vorher selbst erbrachten Finanzierungsbeiträgen des Mitglieds entsprechen) sowie von Kreditfazilitäten (Fazilität) aus eigenen Mitteln des IWF vorgenommen. Hierfür stehen bestimmte Kredittranchen und Sonderfazilitäten zur Verfügung, daneben auch temporäre Fazilitäten. So gibt es Fazilitäten zur Finanzierung von Exporterlösausfällen (insbesondere bei unverschuldeten Erlöseinbußen Rohstoff exportierender Länder; kompensatorische Finanzierung), von unerwarteten Mehrausgaben bei Getreideimporten (insbesondere für Entwicklungsländer mit niedrigem Einkommen) sowie von Rohstoffausgleichslagern (Bufferstocks). 1993 wurde eine Systemtransformationsfazilität (Abkürzung STF) für die Reformstaaten Osteuropas und die Nachfolgestaaten der Sowjetunion geschaffen, 1995 ein neuer Krisenfinanzierungsmechanismus für Länder mit extremen Wirtschafts- und Währungskrisen. 1996 beschloss das Exekutivdirektorium, die Erweiterte Strukturanpassungsfazilität (Abkürzung Esaf oder ESAF) zur Entlastung der hoch verschuldeten ärmsten Länder auf Dauer zu etablieren. Sie wurde 2000 durch die Armutsreduzierungs- und Wachstumsfazilität (Abkürzung PRGF) abgelöst, die aus Sondervermögen des IWF sowie durch bilaterale Beiträge finanziert wird.
Häufig werden die IWF-Kredite nur unter Auflagen (z. B. Kürzung von Staatsausgaben, Antiinflationspolitik) gewährt, d. h., die kreditnehmenden Länder müssen Programme zur Korrektur ihrer Zahlungsbilanzschwierigkeiten erfüllen. Auch private Banken machen die Erfüllung der IWF-Auflagen zur Bedingung ihrer Kreditvergabe.
Rückblickend hat sich die Rolle und Bedeutung des IWF mehrfach gewandelt. Nachdem die ursprüngliche Rolle, das Bretton-Woods-System fester Wechselkurse zu überwachen, mit dem Zusammenbruch dieses Systems Anfang der 70er-Jahre hinfällig wurde, standen andere Aktivitäten im Vordergrund. Seit Mitte der 60er-Jahre bemüht sich der IWF, die Mitgliedländer bei der Versorgung mit internationaler Liquidität von der Zahlungsbilanzentwicklung in den USA und dem weltweiten Goldangebot unabhängiger zu machen. So wurde 1969 das künstliche Reservemedium Sonderziehungsrechte geschaffen. In den 1970er-Jahren rückte im Zusammenhang mit den beiden Erdölpreisschüben 1973/74 und 1979/80 die Finanzierung von Zahlungsbilanzungleichgewichten in den Vordergrund. Der IWF wirkte beim Recycling der Petrodollars mit. Seit den 80er-Jahren stand dann die Schuldenkrise der Entwicklungsländer im Mittelpunkt. Der IWF hat dabei eine zentrale Funktion als Krisenmanager übernommen und wirtschaftspolitische Anpassungsmaßnahmen zur Bedingung für Kredite gemacht. Der IWF gerät mit seiner (bislang) eher auf kurzfristig rückzahlbare Zahlungsbilanzhilfen gerichteten Politik und v. a. mit den einseitig wirtschafts- und währungspolitischen Auflagen immer stärker in Konflikt mit den Entwicklungsländern, die zur Überwindung ihrer wirtschaftlichen Schwierigkeiten eher eine langfristig angelegte Entwicklungsfinanzierung benötigen. Von Regierung und Bevölkerung werden die einschneidenden Auflagen des IWF heftig kritisiert, da dadurch die politischen Entscheidungsspielräume der Regierung erheblich eingeschränkt werden, die Auflagen die politischen und sozialen Rahmenbedingungen in den Entwicklungsländern vernachlässigen und dadurch teilweise politische und soziale Krisen noch verschärfen.
Obwohl inzwischen der IWF z. B. durch die Finanzhilfen bei Exportausfällen, durch Finanzierung von Bufferstocks und durch Expertenhilfe seine Funktionen in Richtung Entwicklungspolitik ausgeweitet hat, bleiben weiter gehende Forderungen der Entwicklungsländer, z. B. nach einem höheren Quoten- und Stimmenanteil, nach Kopplung der Ausgabe von Sonderziehungsrechten mit Entwicklungshilfeleistungen, bisher unberücksichtigt. Entwicklungs- und Industrieländer fordern zwar gleichermaßen eine Stärkung des IWF und eine bessere Zusammenarbeit zwischen IWF und Weltbank, während aber die Entwicklungsländer den IWF eher als entwicklungspolitisch orientierten Kreditgeber sehen, steht für die Industrieländer weiterhin der ursprüngliche währungspolitische Auftrag im Vordergrund. Insgesamt ist der IWF als wichtigstes internationales (Vollzugs-)Organ zur Sicherung der internationalen Währungsordnung anzusehen.
Um die Liquidität des IWF angesichts der anhaltend hohen Kreditnachfrage weiterhin zu gewährleisten, wird über eine Erhöhung der Quoten, eine höhere Zuteilung von SZR sowie den direkten Kapitalmarktzugang nachgedacht. Darüber hinaus sollen Krisenmanagement und -vorsorge für die gefährdeten Länder verbessert werden.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
Außenwirtschaft · Schuldenkrise · Währung · Wechselkurs · Weltwirtschaft
Weitere Werke:
Veröffentlichung: International Monetary Fund. Jahresbericht des Exekutivdirektoriums (1963 ff.; amerikanische Ausgabe seit 1946/47).
K. Vocke: Die Zusammenarbeit zw. dem I. W., der Weltbankgruppe u. internat. Geschäftsbanken vor dem Hintergrund der Schuldenkrise (1991);
C. Twele: Die Entwicklungspolitik der Weltbank-Gruppe vor dem Hintergrund der Schuldenkrise der »Dritten Welt« seit Beginn der achtziger Jahre (1995).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Internationaler Währungsfonds: Grundlagen
Globalisierung und wirtschaftliche Entwicklung
Dritte Welt: Wirtschaftliche Auseinanderentwicklung und Demokratisierung
Universal-Lexikon. 2012.