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Re|vo|lu|ti|on [revolu'ts̮i̯o:n], die; -, -en:1. auf radikale Veränderung der bestehenden politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse ausgerichteter [gewaltsamer] Umsturz:
eine Revolution ist ausgebrochen; die Französische Revolution.
Zus.: Kulturrevolution, Volksrevolution, Weltrevolution.
2. Umwälzung der bisher geltenden Maßstäbe, Techniken o. Ä., umwälzende Neuerung:
eine Revolution in der Mode; die industrielle Revolution; seine Erfindung bedeutet für diesen Bereich eine Revolution.
Syn.: ↑ Fortschritt.
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Re|vo|lu|ti|on 〈[ -vo-] f. 20〉
1. Umwälzung (industrielle \Revolution)
2. polit. Umsturz
3. 〈Astron.; veraltet〉 Umlauf eines Himmelskörpers um sein Zentralgestirn
● eine \Revolution bricht aus, wird niedergeschlagen, niedergeworfen, unterdrückt; die \Revolution marschiert 〈fig.〉 siegt; die Französische \Revolution; eine technische, wissenschaftliche \Revolution [<spätlat. revolutio „das Zurückwälzen, Umdrehung“, urspr. Ausdruck der Astronomie, als „Volkserhebung“ von frz. révolution <ital. rivoluzione beeinflusst] Siehe auch Info-Eintrag: Revolution - info!
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Re|vo|lu|ti|on , die; -, -en [frz. révolution, eigtl. = Umdrehung, Umwälzung < spätlat. revolutio = das Zurückwälzen, -drehen, zu lat. revolutum, ↑ revoltieren]:
1. auf radikale Veränderung der bestehenden politischen u. gesellschaftlichen Verhältnisse ausgerichteter, gewaltsamer Umsturz[versuch]:
die Französische R.;
eine R. findet statt, bricht aus;
die R. scheitert, siegt, bricht zusammen;
eine R. machen, niederschlagen, beenden;
Ü die industrielle R. (die wirtschaftliche Umwälzung durch den Übergang von der Manufaktur zur Großindustrie; LÜ von engl. Industrial Revolution; von dem brit. Historiker A. J. Toynbee [1889–1975] geprägter Begriff).
2. umwälzende, bisher Gültiges, Bestehendes o. Ä. verdrängende, grundlegende Neuerung, tief greifende Wandlung:
eine R. in der Mode, in Fragen der Kindererziehung.
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Revolution
[französisch, eigentlich »Umdrehung«, »Umwälzung«, zu lateinisch revolvere, revolutum »zurückdrehen«, »zurückrollen«] die, -/-en,
1) Astronomie: historische Bezeichnung für die Bahnbewegung (den Umlauf) der Planeten um die Sonne; von N. Kopernikus in »De revolutionibus orbium cœlestium. ..« (erschienen 1543) beschrieben.
2) Politik und Gesellschaft: im weiteren Sinn die Umwälzung von Bestehendem, z. B. der totale Bruch mit überkommenen Wissensbeständen (Revolution des ptolemäischen Weltbildes), wirtschaftlich-technischen Organisationsmustern (industrielle Revolution), kulturellen Wertsystemen (Kulturrevolution); im engeren Sinn der Bruch mit der politisch-sozialen Ordnung. Der Begriff Revolution schwankt dabei inhaltlich zwischen »unaufhaltsamer Veränderung« und »gewaltsamer Umgestaltung« von Staat und Gesellschaft. Er steht damit im Gegensatz zu allen Begriffen, die das Element der Kontinuität betonen. Der Übergang von Reform zu Revolution ist oft fließend, zumal in Wissenschaft und Publizistik immer stärker bestritten wird, dass die Gewalt ein konstitutives Element der Revolution sei. So führten im Wesentlichen gewaltfreie (»friedliche«) Revolutionen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa zur globalen Wende 1989/91 (Sturz der kommunistischen Herrschaftsordnungen; Bürgerbewegung).
Zu unterscheiden ist Revolution auch von Formen des Umsturzes, die ohne tief greifende Veränderung des Bestehenden z. B. nur eine neue Führungsgruppe an die Spitze des Staates tragen (Putsch, Staatsstreich). Kräfte, die sich gegen eine Revolution und ihre Ergebnisse wenden, werden oft »Gegen-R.« oder »Konter-R.« genannt. Die Revolution im politischen Sinn ist charakterisiert durch die Hauptträgergruppe des revolutionären Handelns (ständische Revolution, bäuerliche Revolution, bürgerliche Revolution, proletarische Revolution), durch ihren sachlichen Schwerpunkt (politische Revolution, soziale Revolution) oder ihren allgemeinen Bezugsrahmen (nationale Revolution, Weltrevolution). Führt eine Regierung eine tief greifende, abrupte Umstrukturierung der Gesellschaft durch, spricht man oft von einer »Revolution von oben«.
Revolutionen vollziehen sich meist in mehreren Wellen und werden durch eine Vielzahl von ursächlich miteinander verbundenen Umständen ausgelöst und vorangetrieben: permanente Provokation größerer Bevölkerungsteile durch (tatsächliche oder vermeintliche) gesellschaftliche Missstände; Solidarisierung dieser Gruppen und deren Erwartung, durch eine gewaltsame Änderung der Verhältnisse grundlegende Forderungen durchsetzen zu können; starke Vertrauenskrise gegenüber der bestehenden staatlichen Ordnung; Führerpersönlichkeiten, deren Entscheidungen vom allgemeinen Vertrauen der Revolutionäre getragen werden.
Die Bemühungen im 17. Jahrhundert, die abrupten Veränderungen der letzten Jahrhunderte - parallel zum astronomischen Begriff »revolutio« - als Ergebnis natürlicher Gesetzmäßigkeiten, gleichsam als »Kreisbewegungen« zurück zum Zustand des Bewährten und Rechtmäßigen aufzufassen, führten den Begriff Revolution in die politische Sprache ein. In diesem Sinn wurde die Vertreibung König Jakobs II. in England als »Glorreiche Revolution« (1688/89) bezeichnet. Erst die Französische Revolution (1789) in ihrer auf die Jakobinerdiktatur zutreibenden Komponente begann mit dem Terminus Revolution die Vorstellung einer radikalen Abkehr von allem historisch Gewordenen und die völlige Hingabe an eine neu zu errichtende Gesellschaftsordnung zu verknüpfen. Hier verband sich das Wort Revolution erstmals mit eschatologischen und chiliastischen Vorstellungen; es trug seitdem zugleich einen aktivistischen und gewalttätigen Akzent. Zugleich breitete sich die Vorstellung aus, dass Revolution nicht nur die vollzogene Umwälzung, sondern auch der gesamte Prozess des Umbruchs sei. In der Romantik wurden die subjektiven Elemente (Streben nach Freiheit und Gerechtigkeit) hervorgehoben. Einen systematischen Bezugsrahmen erhielt der Begriff Revolution mit G. W. F. Hegel und K. Marx. Ausgehend besonders von der Französischen Revolution von 1789, markieren nach Hegel Revolutionen das Erreichen einer neuen Stufe im großen Gang der Menschheit zum Bewusstsein der Freiheit und zur Selbstverwirklichung des Geistes. Marx und F. Engels dagegen übernahmen von Hegel nur das konstruktive, dialektische Entwicklungsschema, »stülpten« es jedoch (laut Marx) »um«, indem sie an die Stelle der Geistesentwicklung die »ökonomische Basis« setzten. Sie wandten den Begriff Revolution erstmals auf alle großen Umwälzungen der Vergangenheit an und werteten sie als Durchbrüche in einem notwendigen Ablauf des Weltgeschehens in Richtung auf eine klassenlose Gesellschaft (Marxismus). Über die Lehren von Marx und Engels hinaus forderte Lenin die Bildung einer an der marxistischen Theorie ausgerichteten Kaderpartei, die als Avantgarde des Proletariats dieses zum Bewusstsein seiner weltgeschichtlichen Aufgabe führt und an seiner Spitze die proletarische Revolution durchführt. Die marxistische beziehungsweise marxistisch-leninistische Revolutionsidee bestimmte in der Folge die Revolutionsideologie aller am Sowjetmarxismus orientierten kommunistischen Parteien. Unter Berufung auf Marx entwickelte L. D. Trotzkij den Gedanken der »permanenten Revolution«: Die proletarische Revolution darf nicht in einem regional (national) begrenzten Rahmen verharren, sondern sie muss sich vollenden in einem andauernden (permanenten) Prozess auf der ganzen Welt, zumindest in den sozial differenziertesten und technisch fortgeschrittensten Industriestaaten (Trotzkismus). Mao Zedong entwickelte das marxistisch-leninistische Revolutionskonzept weiter (Maoismus). In der Terminologie vieler Vertreter des Neomarxismus ist Revolution das Ergebnis eines schrittweisen, gesellschaftsverändernden Kampfes gegen die vielfältigen Unterdrückungsmechanismen der spätkapitalistischen Staats- und Gesellschaftsordnung. Ausgangspunkt des revolutionären Kampfes sollen dabei Schule, Universität oder die öffentlichen Medien sein. Durch Revolutionstheoretiker aus den wirtschaftlich »unterentwickelten« Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas erhielt die Revolutionsidee neue Impulse (F. Fanon, E. Guevara Serna, Fidelismus). In fundamentalistisch-islamischen Positionen wird der Gedanke der Revolution mit dem Willen zur Wiederherstellung unverzichtbarer Glaubenssätze und Rechtsvorstellungen verbunden. Die Revolution gilt als ein Weg, gegen innere oder äußere Widerstände die Idee des Gottesstaates zu verwirklichen.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
Agrarrevolution · Februarrevolution · Französische Revolution · industrielle Revolution · Märzrevolution · Novemberrevolution · Oktoberrevolution
T. Geiger: Die Masse u. ihre Aktion. Ein Beitr. zur Soziologie der R. (1926, Nachdr. 1987);
Empir. R.-Forschung, hg. v. K. von Beyme (1973);
G. Lukács: R. u. Gegen-R. (a. d. Ungar., 1976);
E. Mandel: Revolutionäre Strategien im 20. Jh. (a. d. Engl., Wien 1978);
A. Metzger: Phänomenologie der R. (1979);
A. Nitschke: R. in Naturwiss. u. Gesellschaft (1979);
K. Lenk: Theorien der R. (21981);
E. Zimmermann: Krisen, Staatsstreiche u. R. Theorien, Daten u. neuere Forschungsansätze (1981);
D. Claussen: List der Gewalt. Soziale R. u. ihre Theorien (1982);
T. Fuchs: Bewaffnete Aufstände. Von den Bauernkriegen bis Baader-Meinhof (1982);
H. Arendt: Über die R. (a. d. Engl., Neuausg. 31986);
E. Burke: Betrachtungen über die Frz. R. Gedanken über die frz. Angelegenheiten (a. d. Engl., Neuausg. Zürich 1986);
R., Reform, Restauration. Formen der Veränderung von Recht u. Gesellschaft, hg. v. H. Mohnhaupt (1988);
M. J. Lasky: Utopie u. R. Über die Ursprünge einer Metapher oder Eine Gesch. des polit. Temperaments (a. d. Amerikan., 1989);
A. de Tocqueville: Der alte Staat u. die R. (a. d. Frz., Neuausg. 31989);
H. Marcuse: Vernunft u. R. (a. d. Amerikan., 81990);
R. Dahrendorf: Betrachtungen über die R. in Europa (21991);
K. Griewank: Der neuzeitl. R.-Begriff (Neuausg. 31992).
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Re|vo|lu|ti|on, die; -, -en [frz. révolution, eigtl. = Umdrehung, Umwälzung < spätlat. revolutio = das Zurückwälzen, -drehen, zu lat. revolutum, ↑revoltieren]: 1. auf radikale Veränderung der bestehenden politischen u. gesellschaftlichen Verhältnisse ausgerichteter, gewaltsamer Umsturz[versuch]: die russische, chinesische, islamische R.; die Französische R.; eine R. findet statt, bricht aus; die R. scheitert, siegt, bricht zusammen; eine R. machen, niederschlagen, beenden; die R. von 1848; Kaum hätten die Deutschen eine R. angefangen, so stoppen sie die R. auch schon ab, weil sie sich erst überlegen müssen, ob sie denn auch fair sei (Feuchtwanger, Erfolg 592); Krieg, Hunger und Umsturz haben wir genug gehabt, und -en und Inflationen ... (Remarque, Triomphe 208); Wenn du mich fragst, ich bin immer für -en, sie sind die Verdauungen der Weltgeschichte (Heckmann, Benjamin 100); in der Zeit, als August Bebel keinen Tag ohne die Überzeugung ins Bett ging, dass es bis zur R. nur noch wenige Tage dauern werde (SZ 19. 6. 99, 4); eine R. von oben (im Gegensatz zur Volksrevolution durch die Herrschenden in einem Land in Gang gesetzter Prozess politischer, sozialer, ökonomischer Umwälzung); Ü die industrielle R. (die wirtschaftliche Umwälzung durch den Übergang von der Manufaktur 1 zur Großindustrie; LÜ von engl. Industrial Revolution; von dem brit. Historiker A. J. Toynbee [1889-1975] geprägter Begriff); die technische, wissenschaftliche R. (Umwälzung im Bereich der Technik, der Wissenschaft durch neue Erfindungen, Erkenntnisse). 2. umwälzende, bisher Gültiges, Bestehendes o. Ä. verdrängende, grundlegende Neuerung, tief greifende Wandlung: eine R. in der Mode, in Fragen der Kindererziehung; Die R. im Kinderzimmer begann vor etwa fünfzehn Jahren. Seither wurden fast alle Ansichten ... revidiert, die vorher ... gültig gewesen waren (Eltern 2, 1980, 65); nach der sexuellen R., die durch die Pille ausgelöst worden ist (Capital 2, 1980, 143). 3. (Astron. veraltet) Umlaufbewegung der Planeten um die Sonne. 4. (Skat) Null ouvert Hand, bei dem die gegnerischen Spieler die Karten austauschen.
Universal-Lexikon. 2012.