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Städtebau
Stạ̈d|te|bau 〈m.; -(e)s; unz.〉 planmäßiger, sinnvoller Bau von Städten

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Städ|te|bau, der <o. Pl.>:
Planung, Projektierung, Gestaltung beim Bau, bei der Umgestaltung von Städten.

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Städtebau,
 
ein Teilgebiet der Urbanistik; umfasst die räumliche und bauliche Gestaltung der Lebensbereiche einer städtischen Gemeinschaft als wichtigen Beitrag zur Erfüllung menschlicher Bedürfnisse wie Wohnen, Arbeiten, Kommunikation, Kultur, Bildung und Erholung. Der Begriff bezieht sich entweder auf den Bau oder die Rekonstruktion einer Stadt, eines Stadtteils oder eines städtebaulichen Ensembles. Der Städtebau wird als Instrument zur Umsetzung politischer Wertvorstellungen einer Gesellschaft in eine angemessene Umwelt verstanden. Der Begriff Städtebau entstand im Zusammenhang mit den Stadtentwicklungsprozessen im industriellen Zeitalter; er wurde erstmals u. a. von C. Sitte gebraucht; häufig gleichbedeutend mit Stadt(entwicklungs)planung, im engeren Sinn den konkreten kommunalen Planungsvorgang und sein Ergebnis beinhaltend.
 
Nach deutschem Verfassungs- und Baurecht ist Städtebau eine Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinde in Erfüllung ihres Auftrages zur örtlichen Daseinsvorsorge. Er umfasst sowohl die städtebauliche Planung als auch ihre Realisierung. Dazu gehören die Durchsetzung einer zweckmäßigen Bodenpolitik, die Bereitstellung der städtebaulichen Infrastruktur und Standortzuweisungen für privatwirtschaftliche Versorgungseinrichtungen.
 
Das geschichtlich überkommene und neu geschaffene räumliche Beziehungsgeflecht baulicher und freiräumlicher Bereiche für unterschiedliche menschliche Tätigkeiten und Bedürfnisse unterliegt dem Wandel der Zeit. Abnutzung und Überalterung baulicher Substanz, Anpassung an sich ändernde wirtschaftliche Verhältnisse, soziokulturelle Veränderungen in Lebensgewohnheiten und Ansprüchen sowie Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur bewirken einen ständigen Erneuerungsbedarf. Die planerische Vorsorge der Gemeinde muss solchen Entwicklungen Rechnung tragen, indem sie je nach örtlichem Befund Innen- oder Außenentwicklung betreibt. Dazu gehören Ortserweiterungen und -erneuerungen, wobei hier die Spannweite von erhaltender, substanzschonender Erneuerung bis zur Flächensanierung mit Totalabbruch und Neubau reicht.
 
Städtebauliche Planung ist vom sachlichen Inhalt her das Ergebnis von Strukturdispositionen und Gestaltungsanweisungen. Bei der grundlegenden, auf Funktionszuweisungen gerichteten Strukturplanung geht es um die Ordnung der Nutzungsansprüche an Fläche und Raum, wobei die Flächen für die unterschiedlichen baulichen und sonstigen Nutzungen durch Fließsysteme (Erschließungsnetze) miteinander verbunden sind. Die Strukturplanung beeinflusst bereits durch die Platzierung und Zuordnung der Bauflächen sowie mit der diesen zugewiesenen Nutzungsintensität und mit den Beziehungen zwischen Bauflächen und Freiflächen die Gestaltung, da sich hieraus Vorgaben bezüglich Art, Dichte, Höhe und Verteilung der Baumassen ableiten. Daraus ergibt sich eine Fülle von Gestaltungsmöglichkeiten, mit denen auch das Erschließungsnetz (Straßen, Parkmöglichkeiten, Grünanlagen, gegebenenfalls Immissionsschutz-, Entwässerungsanlagen) abzustimmen ist.
 
Für den Aufbau der baulichen Anlagen kommt es in gestalterischer Hinsicht auf Form, Maßstab, Werkstoff, Farbe und auf das Verhältnis der Baumassen und Bauteile zueinander an. Auch Nebenanlagen, Vorgärten, Einfriedungen, Baumpflanzungen, Werbeanlagen sind für das Erscheinungsbild von Bedeutung. Strukturplanung und »außenräumliche« Fassung von Baukörpern nebst Zubehör im Einzelnen und im nachbarlichen Zueinander bestimmen Gestaltung, Räume und Raumfolgen im baulichen Bereich. Städtebauliche Gestaltung löst im Betrachter visuelle Wahrnehmungen und ästhetische Erlebnisse aus, kann ein Orientierungsgefüge erkennbar machen oder auch Überraschungseffekte bewirken, vermag schließlich durch Hervorhebung gewisser Bauten Bedeutungsaussagen zu vermitteln.
 
 Rechtliche Grundlagen
 
Für das Zustandekommen rechtswirksamer und damit durchsetzbarer städtebaulicher Planungen ist das Baurecht zuständig. In Deutschland ist aufgrund des durch das GG vorgegebenen föderativen Staatsaufbaus das Baurecht geteilt. Für das städtebauliche Planungs- und Bodenrecht gilt das Baugesetzbuch (BauGB) in der Neufassung vom 27. 8. 1997, die die Änderungen durch das Bau- und Raumordnungsgesetz vom 18. 8. 1997 berücksichtigt. Die im BauGB enthaltenen Regelungen zur Bauleitplanung werden bundesrechtlich ergänzt durch die Baunutzungs-VO (BauNVO) in der Fassung vom 23. 1. 1990 und die Planzeichen-VO vom 18. 12. 1990. Für die Ausführung baulicher Anlagen auf den Grundstücken ist dagegen das Bauordnungsrecht der Länder zuständig.
 
Das wichtigste rechtliche Instrument zur Gestaltung der gebauten Umwelt auf örtlicher Ebene ist die im BauGB geregelte kommunale Bauleitplanung. Sie erfolgt mittels des vorbereitenden Flächennutzungsplans (für die ganze Gemeinde) und über rechtsverbindliche Bebauungspläne (für einzelne Grundstücke bis hin zum Quartier). Daneben bietet das BauGB zur Gewährleistung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung eine Reihe von Handhaben. Sie reichen von der Veränderungssperre (während der Aufstellung eines Bebauungsplans) über Vorkaufsrechte, Instrumente der Bodenordnung (Umlegung und Grenzregelung), Enteignungsermächtigungen bis zur Regelung der Erschließung. Das seit 1987 im BauGB integrierte (vorher im Städtebauförderungsgesetzen enthaltene) besondere Städtebaurecht regelt die Stadtsanierung und -erneuerung, die so genannte Entwicklungsmaßnahme, die Erhaltungssatzung und die städtebaulichen Gebote (Baugebot, Modernisierungs- und Instandsetzungsgebot, Pflanzgebot, Rückbau- und Entsiegelungsgebot).
 
 Besondere bodenrechtliche Maßnahmen
 
Für städtebauliche Entwicklungs- und Sanierungsmaßnahmen stehen den Gemeinden bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen mit dem BauGB auch besondere bodenrechtliche Instrumente zur Verfügung. Durch städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen (§§ 165 ff. BauGB) werden Ortsteile entsprechend ihrer besonderen Bedeutung für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung der Gemeinde erstmals entwickelt oder im Rahmen einer städtebaulichen Neuordnung einer neuen Entwicklung zugeführt, z. B. zur Deckung eines erhöhten Bedarfs an Wohn- und Arbeitsstätten oder zur Wiedernutzung brachliegender Flächen. Verfahrensmäßige Besonderheiten sind: Einleitung durch Gemeindesatzung, die der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde bedarf, grundsätzlicher Erwerb der Grundstücke durch die Gemeinde mit Veräußerungspflicht für Zwecke der Entwicklungsmaßnahme, Ausgleichspflicht der Grundeigentümer für entwicklungsbedingte Werterhöhungen. Die Gemeinde kann so die Bodenwertsteigerung zur Finanzierung der Maßnahme (Schaffung der Infrastruktur) einsetzen. Überschüsse sind an die Grundeigentümer auszuzahlen.
 
Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen sind auf die Lösung komplexer städtebaulicher Probleme im Rahmen einer Gesamtmaßnahme ausgerichtet, deren einheitliche Vorbereitung und zügige Durchführung im öffentlichen Interesse liegt. Sie dienen der Behebung städtebaulicher Missstände, gegebenenfalls auch von Funktionsstörungen (§§ 136 ff. BauGB; Sanierung). Während die planungsrechtlichen Handlungsfelder der Gemeinde im BauGB umrissen werden, gibt das Bauordnungsrecht (Landesbauordnung) den Gemeinden die Ermächtigung, für bestimmte bebaute oder unbebaute Teile ihres Gemeindegebiets örtliche Bauvorschriften (Gestaltungssatzungen) zu erlassen (Baugestaltung). Diese örtlichen Vorschriften können selbstständig bestehen oder auch in einem Bebauungsplan inkorporiert sein (§ 9 Absatz 4 BauGB), der auf diese Weise mit bauordnungsrechtlichen Regelungen »angereichert« ist. Auch das Naturschutzrecht eröffnet den Gemeinden einschlägige Satzungsbefugnis, so z. B. zum Erlass von Baumschutzsatzungen. Auch hier ist Landesrecht maßgebend.
 
 Ziele der Bauleitplanung
 
Die Bauleitplanung ist Pflichtaufgabe der Gemeinden. Bauleitpläne sind aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Von entscheidender Bedeutung ist das eigenverantwortliche planerische Konzept der Gemeinde. Unter Beachtung des Anpassungszwanges an die Ziele der Raumordnung (§ 1 Absatz 4) sollen die Bauleitpläne eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende sozial gerechte Bodenordnung gewährleisten und dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Absatz 5). Jede konkrete Bauleitplanung führt zu miteinander konkurrierenden Zielen im Planungsprozess, für die je nach der örtlichen Problemlage Prioritäten zu setzen sind. Mithin bedingt der Planungsvorgang auch einen Abwägungsvorgang, in den Wertentscheidungen eingehen. Auch die Abstimmung städtebaulicher Entwicklungsvorstellungen der Gemeinde mit den Raum beanspruchenden Maßnahmen der Fachplanungsträger, z. B. mit dem Verkehrsstraßenbau, der Wasserwirtschaft, der Landschaftsplanung, der Flurbereinigung, für die eigene Gesetze gelten, ist ein wichtiges Planungsziel. Die Planungsleitsätze des BauGB messen dem Umweltschutz, dem baukulturellen Bestand, der Ökologie und der Landschaftspflege große Bedeutung zu. Dies schlägt sich in entsprechenden Darstellungs- und Festsetzungsmöglichkeiten im Flächennutzungsplan (§ 5) und den Bebauungsplänen (§ 9) nieder.
 
Zentrale materiell-rechtliche Verpflichtung ist das im § 1 Absatz 6 BauGB verankerte Abwägungsgebot, wonach »bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen« sind. Die Rechtsprechung hat hierfür Grundsätze entwickelt, die die Gemeinde bei ihrem Entscheidungsprozess zu berücksichtigen hat. Abwägungsvorgang und -ergebnis müssen für die Aufsichtsbehörde nachvollziehbar sein. Bei der Abwägung sind auch die Umweltbelange und die Forderungen aus dem Naturschutzrecht zu berücksichtigen, und es stellt sich die Frage, wie bei Eingriffen in Natur und Landschaft der Ausgleich geschaffen werden kann. Seit dem Bau- und Raumordnungsgesetz vom 18. 8. 1997 sind die Einzelheiten des naturschutzrechtlichen Ausgleichs nicht mehr im Bundesnaturschutzgesetzen, sondern direkt im BauGB (§§ 1 a, 5, 9, 135 a-c) verankert. Der Ausgleich ist durch Bauleitplanung oder durch Vertrag zu regeln. Den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, können Flächen zum Ausgleich an anderer Stelle des Gemeindegebiets zugeordnet werden. Die Gemeinde kann sich die Kosten der Herstellung der Ausgleichsmaßnahmen von den Eigentümern der Baugrundstücke erstatten lassen.
 
 Stadterneuerungsmaßnahmen in der Praxis
 
Stadterneuerung umfasst als Oberbegriff den Prozess des Stadtumbaus und der Stadterhaltung mit den Teilmaßnahmen Stadterweiterung (Entwicklungsmaßnahmen), Modernisierung (gegebenenfalls in Schwerpunkten) und Wohnumfeldverbesserung, Sanierung in unterschiedlichen Stufen, Ergänzungsmaßnahmen zur Strukturverbesserung (z. B. Ausbau der Infrastruktur im Erschließungsbereich, Bildungs- und Kulturbereich, Schaffung von Stadtteilzentren, Schaffung wohngebietsnaher Grünflächen). Entsprechendes gilt für die Dorferneuerung.
 
Im Zusammenhang mit den großen Stadterweiterungen in den 1950er- und 1960er-Jahren, mit der Übernahme des Hochhaustyps und der sprunghaften Zunahme des Kfz-Verkehrs fand eine Weiterentwicklung des Siedlungsbaus der 1920er-Jahre statt (Stadt). Gleichzeitig bewirkte die Beschleunigung der Industrialisierung weltweit eine Veränderung des Stadtbilds, sie förderte die Verstädterung und verschärfte die Beeinträchtigung der Umweltbedingungen. Hinsichtlich der Gestaltung größerer Ortserweiterungen wird heute die städtebauliche Lösung für Wohnbaugebiete in einer Kombination von Mittelhoch- und Flachbau gesucht, um unterschiedlichen Wohnbedürfnissen Rechnung zu tragen, zumal eine Vielzahl von Wohnhausformen zur Verfügung steht. In der Komposition dieser Baukörper sollen angemessene Dichten erreicht werden, zum einen zur Eindämmung des Flächenverbrauchs, zum anderen im Hinblick auf die Ökonomie des öffentlichen Nahverkehrs, der bei der Standortwahl neuer Baugebiete und deren Erschließungskonzeption besonders zu berücksichtigen ist.
 
Andererseits soll auch die Intimität der Privatsphäre gesichert und der Kontakt zu den zentralen Einrichtungen und zur Landschaft sinnfällig gemacht werden. Ein differenziertes, umweltfreundlich gestaltetes Netz von Erschließungsstraßen, -wegen und Kommunikationsbereichen dient dieser Konzeption. Es ist heute üblich, zum Entwurf von Bebauungsplänen zugleich auch einen örtlichen Landschaftsplan (Grünordnungsplan) zu konzipieren, um Vorstellungen über notwendige und wünschenswerte ökologische und grünplanerische Maßnahmen (u. a. Schutz und Verknüpfung von Restfreiflächen, Grünstreifen) zu gewinnen.
 
In Stadterneuerungsbereichen kommt je nach dem Ergebnis der Bestandsaufnahme (Sanierungsbedürftigkeit, Feststellung städtebaulicher Missstände im Sinne des BauGB, soziale Morphologie, Stadtbildanalyse und -bewertung) sowie der wirtschaftlich-finanziellen Aspekte und der Erneuerungsziele (Bausubstanz-, Funktionsschwächesanierung, Nutzungsverteilung, Umweltverbesserung) häufig eine Kombination der Erneuerungskategorien (Flächen- oder Totalsanierung, partielle Sanierung, Objektsanierung und Wohnumfeldverbesserungen) in Betracht. Dabei ist maßgebend, ob die Anpassung der vorhandenen Substanz und Struktur an Funktionsvorstellungen im Vordergrund steht oder die Suche nach substanzschonenden Nutzungen (»erhaltende Erneuerung«). Soweit es sich um städtebaulich oder kulturhistorisch wertvolle Gebiete handelt, ist die Mitwirkung der Denkmalpflege unabdingbar und das Prinzip der erhaltenden Erneuerung vom Grundsatz her zu verfolgen.
 
Für die Erneuerungsstrategie im Rahmen des Städtebaus kommen als Kategorien der Neuordnung in Betracht: Bereiche, in denen durch Wohnumfeldverbesserung auch private Modernisierungsaktivitäten angeregt werden; Gebiete, in denen kleinräumige Neuordnung notwendig ist (Modernisierung, stellenweise Entkernung, Austausch von Bausubstanz); Gebiete, in denen eine großräumige Neuordnung nicht umgangen werden kann. Solche Ordnungskonzepte müssen auch sozialen Entwicklungsprozessen, die durch stadtinterne Wanderungen oder durch Stadtflucht (Randwanderung) entstehen können und zu unerwünschten Nutzungsverschiebungen führen, entgegenwirken. Bei der Realisierung kommt es auf ein produktives Wechselspiel zwischen öffentlicher und privater Initiative an. Planungsrechtliche und bauordnungsrechtliche Mittel schaffen Klarheit und Rechtssicherheit für Investitionswillige, Maßnahmen der Bodenpolitik und gegebenenfalls planakzessorische Instrumente erleichtern oder ermöglichen die plangemäße Nutzung des Bodens.
 
Literatur:
 
G. Albers: Stadtplanung. Eine praxisorientierte Einf. (21992);
 
Stadtökologie in Bebauungsplänen, bearb. v. R. Stich u. a. (1992);
 G. Schmidt-Eichstaedt: Städtebaurecht (21993);
 
Die Städte in den 90er Jahren. Demograph., ökonom. u. soziale Entwicklungen, hg. v. J. Friedrichs (1997).
 
Weitere Literatur: Stadt.
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Megastädte: Ausufernde Ballungsgebiete auf dem Vormarsch
 
Stadtentwicklung: Das neue Bild der Stadt als Superorganismus
 
Stadt: Prognosen zur qualitativen Entwicklung
 

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Städ|te|bau, der <o. Pl.>: Planung, Projektierung, Gestaltung beim Bau, bei der Umgestaltung von Städten.

Universal-Lexikon. 2012.