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Leber
Le|ber ['le:bɐ], die; -, -n:
a) menschliches oder tierisches Organ, das der Regelung des Stoffwechsels sowie der Entgiftung des Blutes dient:
die Leber hat versagt.
b) als Gericht gegessene Leber eines geschlachteten Tiers:
es gab Leber mit Kartoffelbrei und Zwiebeln.
Zus.: Gänseleber, Hühnerleber, Kalbsleber, Schweineleber.

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Le|ber 〈f. 21
1. 〈Anat.〉 großes Drüsenorgan in der Bauchhöhle der Wirbeltiere u. des Menschen, das den Eiweiß- u. Zuckerstoffwechsel regelt: Hepar; →a. Mitteldarmdrüse
2. Tierleber als Speise (Gänse\Leber, Kalbs\Leber)
● frei, frisch von der \Leber weg sprechen 〈fig.〉 seine Meinung offen sagen, sich keinen Zwang auferlegen [<ahd. leb(a)ra, engl. liver; zu idg. *lip- „leben“; → leben; die Leber galt bis zur Entdeckung des Blutkreislaufes als Erzeugerin des Blutes, mit dem Herzen als Sitz des Lebens]

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Le|ber , die; -, -n [mhd. leber(e), ahd. lebara; H. u., viell. zu leben (als »Sitz des Lebens«) od. urspr. = die Klebrige, Fettige]:
a) Körperorgan, das der Regelung des Stoffwechsels sowie der Entgiftung des Blutes dient:
die L. ist geschwollen, entzündet;
Verfettung der L.;
er hat es mit der L. [zu tun] (ugs.; ist leberkrank);
frisch/frei von der L. weg sprechen/reden (ugs.; ganz offen, ohne Hemmungen sprechen, seine Meinung sagen);
b) Leber eines Schlachttieres als Speise:
gebratene L. mit Kartoffelbrei.

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I
Leber,
 
griechisch Hepar, das zentrale Stoffwechselorgan und die größte Drüse des menschlichen und tierischen Körpers.
 
 Die Leber der Tiere
 
Bei den Wirbeltieren ist die Leber wie beim Menschen eine Anhangdrüse des Mitteldarms; sie ist braun und gelappt. Die in der Leber gebildeten Sekrete (Galle) werden meist in die Gallenblase geleitet und von dort in den Zwölffingerdarm abgegeben. Neben der Gallensekretion dient die Leber der Verarbeitung und zum Teil der Speicherung der Nahrungsstoffe, besonders von Glykogen, v. a. bei Fischen auch Fett (Lebertran). Bei den vierfüßigen Wirbeltieren umgeht ein Teil des Fettes die Leber in Lymphbahnen. Ferner ist die Leber auch in den Eiweißstoffwechsel eingeschaltet und für die Entgiftung von Stoffen bedeutsam; dabei entsteht Harnstoff oder Harnsäure.
 
Bei wirbellosen Tieren werden auch Mitteldarmdrüsen als Leber bezeichnet, entweder als enzymabscheidende Anhangdrüsen oder zur Endverdauung und Resorption der Nahrung, z. B. bei Krebsen, Schnecken.
 
 Die Leber des Menschen
 
Die Leber, die aus zwei ungleich großen Leberlappen besteht und deren Gewicht beim Erwachsenen etwa 1,5 kg beträgt, liegt größtenteils im rechten Oberbauch unter der rechten Zwerchfellkuppel. Der konkaven Unterfläche des rechten Leberlappens liegen rechte Niere, Zwölffingerdarm, Dickdarm und Gallenblase, der des linken Leberlappens der Magen an.
 
Die feingewebliche Gliederung in Leberläppchen wird durch die räumliche Koordination des Blutgefäßsystems bestimmt. Jedes Leberläppchen ist beim Menschen von einer bindegewebigen Kapsel, der Glisson-Kapsel (Capsula fibrosa perivascularis) umgeben. Das Blut der Verdauungswege, der Bauchspeicheldrüse und der Milz wird der Leber über die Pfortader zugeführt, deren kleinere Äste schließlich an der Oberfläche der Leberläppchen radiär angeordnete Haargefäßnetze bilden. Diese ziehen zur Mitte des Leberläppchens, wo sie in eine dessen Achse bildende Sammelvene (Zentralvene) einmünden. Die Zentralvenen vereinigen sich zu immer größer werdenden Lebervenenästen, die sich in der unteren Hohlvene sammeln. Da die Pfortader venöses Blut führt, wird die Leber durch eine besondere Leberarterie mit sauerstoffreichem Blut versorgt.
 
An den Berührungsflächen der Leberzellen befinden sich röhrenförmige Aussparungen, die Gallenkapillaren, die unter normalen Bedingungen von den Blutkapillaren stets räumlich getrennt sind. Nur bei Leberschädigungen öffnen sich die Gallenkapillaren und die Gallenfarbstoffe können in die Blutkapillaren und damit in die Blutbahn übertreten, was zur Gelbsucht führt. Die Gallenkapillaren bilden ebenfalls ein dichtes Netz, der Flüssigkeitsstrom verläuft jedoch in umgekehrter Richtung wie der Blutstrom in den Blutkapillaren. Die größeren Gallengänge vereinigen sich im Bereich der Leberpforte zum Lebergang (Ductus hepaticus), von dem der Gallenblasengang (Ductus cysticus) zur Gallenblase führt. Die Vereinigung beider Gänge bis zur Mündung in den Zwölffingerdarm ist der gemeinschaftliche Gallengang (Ductus choledochus).
 
Die Leberkapillaren sind die für die Leistung der Leber entscheidenden Stoffaustauschstrecken und werden von einem dichten Netz von Gitterkapillaren umkleidet. Außer der Gallenbildung vollbringt die Leber eine Fülle von Leistungen des Zwischen- und Endstoffwechsels. Sie ist am Umsatz der Eiweißkörper beteiligt und bildet aus den Endprodukten des Stickstoffstoffwechsels den Harnstoff. In geringem Maß speichert sie Fett, in ausgedehntem Maß baut sie Glykogen auf und speichert dieses. Die Leber ist weiter am Eisenstoffwechsel, an der Blutbildung und der Biosynthese der Gallenfarbstoffe aus den Abbauprodukten der roten Blutkörperchen beteiligt. Sie spielt eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnung und bei der Entgiftung. Alle diese Aufgaben erfüllt jede einzelne Leberzelle. Bedeutsam ist die große Regenerationsfähigkeit der Leber nach der Gewebezerstörung durch Leberkrankheiten.
 
 Kultur- und Forschungsgeschichte
 
Im Altertum und in der Antike galt die Leber als Sitz der Lebenskraft, der »Organseele«, bei Platon ist sie das Organ, mit dessen Hilfe die höhere Seite der Seele die niedere (begehrende) Seite beherrscht. Beim Opfern der Tierleber vermeinten die babylonischen Priester, aus ihr die Zukunft ersehen zu können. Diese Leberschau wurde wohl über die Hethiter den Etruskern und über diese den Römern bekannt. Auch im europäischen Volksglauben galt die Leber als Sitz des Gemütslebens, wovon sich Redensarten wie »frisch von der Leber« oder »eine Laus über die Leber gelaufen« herleiten lassen. In der Volksmedizin wurde die Leber verschiedener Tiere v. a. gegen Epilepsie verordnet, auch Lebertran wurde als Arznei verabreicht.
 
Die Anfänge einer empirischen Leberforschung liegen in der altägyptischen und babylonischen Medizin. Einen ersten Höhepunkt findet sie bei alexandrinischen Ärzten des 3. Jahrhunderts v. Chr.: Herophilos beschrieb die Einmündung der Darmvenen in die Pfortader, womit die Leber erstmals mit der Nahrungsresorption verknüpft wurde. Erasistratos beschrieb das Gallengangsystem und die Blutgefäßversorgung der Leber, außerdem erkannte er die Bauchwassersucht als Folge einer Leberverhärtung und die Gelbsucht als Folge einer Obstruktion des Gallengangs. Nach Galen (2. Jahrhundert n. Chr.) wird der zur Leber fließende verdaute Nahrungssaft mithilfe der »eingepflanzten Wärme« schrittweise zu Blut umgebildet, während die Galle als Nebenprodukt der Blutbildung ausgeschieden wird. Im 16. Jahrhundert beschrieben A. Vesal und Leonardo da Vinci erstmals die Anatomie der menschlichen Leber, während man sich zuvor v. a. auf Tiersektionen und spekulative Hypothesen gestützt hatte. Vesal, G. C. Aranzi und H. Fabricius ab Aquapendente klärten die fetale Leberzirkulation. Nach der Entdeckung der Lymphgefäße des Darms durch G. Aselli und des Brustlymphgangs durch J. Pecquet (1647) wurde die Leber im 17. Jahrhundert dann nur noch als rein exkretorisches, Galle absonderndes Organ angesehen. F. Glisson erkannte 1654, dass die intrahepatischen Blutgefäße die histologische Struktur der Leber bestimmen. 1848 fand C. Bernard in der Leber Traubenzucker, 1857 das Glykogen. Mit diesem Beginn der modernen Biochemie wurde die Leber in ihrer Bedeutung als chemisches Zentralorgan des Organismus erkannt. F. T. Frerichs veröffentlichte 1858-61 das erste moderne Lehrbuch der Hepatologie. L. Lucatello beschrieb 1895 die Leberpunktion. Spezifische Leberfunktionstests wurden seit den 20er-Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelt.
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
Gallenblase und Gallenwege
 
Leber: Aufbau und Funktion
 
Leber: Stoffwechsel, Gallenfarbstoff, Erkrankungen
 
II
Leber,
 
1) Georg, Gewerkschafter und Politiker, * Obertiefenbach (heute zu Beselich, Landkreis Limburg-Weilburg) 7. 10. 1920; Kaufmann, Maurer; wurde 1947 Mitglied der SPD und des DGB; war 1957-66 Vorsitzender der IG Bau, Steine, Erden; förderte gesellschaftspolitisch die »Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand« (Herausgeber; 4 Bände, 1964-66; »Leberplan«). Leber war 1966-72 Bundesverkehrsminister, 1969-72 zugleich auch Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen, 1972-78 Bundesverteidigungsminister; 1957-83 Mitglied des Bundestages.
 
 2) Julius, Politiker, * Biesheim (bei Colmar) 16. 11. 1891, ✝ (hingerichtet) Berlin 5. 1. 1945; seit 1913 Mitglied der SPD, beteiligte sich 1920 an der Niederwerfung des Kapp-Putsches. 1921-33 war er Chefredakteur des »Lübecker Volksboten«, 1924-33 Mitglied des Reichstags.. Im Reichstag trat er v. a. als Fachmann für Rüstungsfragen hervor. Nach Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur (1933) war er 1933-37 im KZ inhaftiert. Leber baute ab 1937 eine Widerstandsgruppe auf, kam im Herbst 1943 in enge Verbindung zum Kreisauer Kreis und nahm an den Vorbereitungen zum Sturz Hitlers teil (Zwanzigster Juli). In einem Kabinett unter C. F. Goerdeler war er als Innenminister vorgesehen. Im Gegensatz zu anderen suchte er Kontakte zum kommunistischen Widerstand (Saefkow-Bästlein-Gruppe). Am 4. 7. 1944 wurde Leber verhaftet und am 20. 10. 1944 zum Tode verurteilt.
 
Literatur:
 
D. Beck: J. L. (1983).

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Le|ber, die; -, -n [mhd. leber(e), ahd. lebara; H. u., viell. zu ↑leben (als „Sitz des Lebens“) od. urspr. = die Klebrige, Fettige]: a) Körperorgan, das der Regelung des Stoffwechsels sowie der Entgiftung des Blutes dient: die L. ist geschwollen, entzündet; die L. sondert Galle ab; Verfettung der L.; ... haben es Säufer mit ihrer kranken L. noch schwerer (Hackethal, Schneide 197); er hat es mit der L. [zu tun] (ugs.; ist leberkrank ); *jmdm. an der L. fressen (ugs.; jmdm. viel Ärger od. Kummer bereiten [u. ihn allmählich krank machen]; nach der alten Vorstellung, dass die Leber Sitz der Lebenssäfte u. auch der Temperamente sei); frisch/frei von der L. weg sprechen/reden (ugs.; ganz offen, ohne Hemmungen sprechen, seine Meinung sagen); sich <Dativ> etw. von der L. reden (ugs.; über etw., was einen belastet, offen reden u. sich dadurch davon befreien); b) Leber eines Schlachttieres als Gericht: L. Berliner Art; gebratene L. mit Kartoffelbrei.

Universal-Lexikon. 2012.