Post- und Fernmeldewesen,
die Gesamtheit der Einrichtungen zur Übermittlung von Gegenständen und Nachrichten sowie zur Abwicklung von Zahlungs- und Geldverkehr. Das P.- und F. kann auch die Personenbeförderung (Postbus) umfassen; in der Bundesrepublik Deutschland wurde diese Aufgabe ab 1982 der Deutschen Bundesbahn übertragen. Das Fernmeldewesen wird in Europa überwiegend staatlich verwaltet; in Übersee, z. B. den USA, oft unter staatlicher Aufsicht von Privatgesellschaften betrieben. Die internationale Postsprache ist Französisch (Weltpostverein). - Das deutsche P.- und F. wurde mit dem am 1. 7. 1989 in Kraft getretenen Poststrukturgesetz grundlegend neu geregelt (Postreform).
Vorläufer des Postwesens gab es bereits in altägyptischer Zeit und unter dem Perserkönig Kyros II., dem Großen. Nach dem Untergang des Römischen Reiches mit seinem relativ gut entwickelten Post- und Botenwesen waren in Mitteleuropa geregelte Verkehrs- und Nachrichtenverbindungen nicht mehr vorhanden. Seit dem 12. Jahrhundert bildete sich ein ausgedehntes Botenwesen heraus. Die Familie Taxis, später Thurn und Taxis, übernahm in der Folgezeit die Trägerschaft des Nachrichtenwesens in weiten Teilen Deutschlands und Mitteleuropas. Franz von Taxis (* 1459, ✝ 1517) richtete im Auftrag Kaiser Maximilians I. 1490 die erste durch Deutschland führende Postlinie von Innsbruck nach Mecheln ein. Privatbriefe wurden allerdings frühestens nach 1516 befördert. Kaiser Rudolf II. erklärte 1597 die Post zu einem kaiserlichen Regal. Da viele Reichsstände damit nicht einverstanden waren, kam es zu lange währenden Streitigkeiten. Nach dem Spanischen Erbfolgekrieg verlor das Haus Thurn und Taxis seine Posteinrichtungen in den Spanischen Niederlanden und verlegte die Zentralverwaltung von Brüssel nach Frankfurt am Main. Mit der Abdankung Kaiser Franz' II. 1806 verlor das Postunternehmen von Thurn und Taxis seinen Charakter als kaiserliche Reichspost und büßte den größten Teil seines bisherigen Tätigkeitsgebietes ein. Nach dem Deutschen Krieg von 1866 übernahm Preußen am 1. 7. 1867 gegen eine Entschädigung von 3 Mio. Talern die Postverwaltung von Thurn und Taxis.
Die unter Napoleon I. in Deutschland angelegten Straßen dienten als Vorbild für den Ausbau der Verkehrswege, wodurch eine wesentliche Beschleunigung des Postverkehrs erzielt wurde. 1819 begann Preußen mit der Einrichtung von Schnellposten; 1824 nahmen auf der Ostsee Postdampfschiffe ihren Dienst auf, im gleichen Jahr wurden in größeren Orten die ersten Briefkästen angebracht. Als erstes Glied des Postbankdienstes wurde 1848 das Bareinzahlungsverfahren eingeführt, abgelöst 1865 von der Postanweisung. Erste deutsche Postwertzeichen gab Bayern 1849 heraus.
Nachrichtenübermittlung durch Telegrafie wurde in größerem Maß seit dem 19. Jahrhundert praktiziert. In Preußen bestand 1833-49 eine optische Telegrafenlinie von Berlin nach Koblenz, die überwiegend militärischen Zwecken diente. Nach Eröffnung der elektrischen Telegrafenlinien von Berlin nach Frankfurt am Main und nach Köln 1848/49 kamen bald internationale Verträge über die Nutzung der Telegrafenlinien zustande, die 1865 zur Gründung des Vorläufers der Internationalen Fernmelde-Union führten. Auch der Postverkehr wurde mehr und mehr zwischen den verschiedenen Verwaltungen geregelt. Erste Zusammenschlüsse in großem Rahmen waren der Deutsch-Österreichischen Postverein (1850-66) und der Deutsch-Österreichischen Telegraphenverein (1850-65). 1874 wurde die Vorgängerorganisation des Weltpostvereins gegründet. Der Norddeutsche Bund unterhielt als Verkehrsanstalt die norddeutsche Bundespost; die nach der Reichsgründung 1871 entstandene Deutsche Reichspost umfasste auch Elsass-Lothringen und Baden, während Bayern und Württemberg ihre eigenen Postverwaltungen bis 1920 behielten. Post und Telegrafie wurden 1876 zur Reichs-Post- und Telegraphenverwaltung unter dem Generalpostmeister H. Stephan (geadelt 1885) zusammengefasst. 1880 erhielt die oberste Behörde die Bezeichnung Reichspostamt und wurde vom Staatssekretär des Reichspostamtes (Stephan) geleitet. Auf Initiative Stephans wurden u. a. der Fernsprechapparat eingeführt (1877) und das erste Fernsprechamt gegründet (1881 in Berlin). Mit dem technischen Aufschwung im 20. Jahrhundert entstanden u. a. 1905 Kraftpostlinien zur Personenbeförderung, 1908 das Wählfernsprechamt Hildesheim, 1909 der Postscheckdienst, 1919 die planmäßige Luftpostbeförderung, 1923 Rundfunk sowie Fernwahl in der Netzgruppe Weilheim, 1927/28 Überseesprechfunk, 1933 der öffentliche Fernschreibdienst (Telex), 1935 das Fernsehen, 1936 der Fernsehsprechdienst, 1939 der Postsparkassendienst.
Nach dem Zweiten Weltkrieg begannen in den vier Besatzungszonen Deutschlands eigene Postverwaltungen zu arbeiten, woraus in der Bundesrepublik Deutschland 1950 die Deutsche Bundespost (DBP) entstand, aus der am 1. 1. 1995 in Deutschland die Deutsche Post AG hervorging. In der DDR entwickelte sich 1949 aus der Zentralverwaltung für das P.- und F. in der SBZ die Deutsche Post (DP), die durch den Minister für Post- und Fernmeldewesen geleitet wurde und in 19 dem Ministerium direkt unterstellte zentrale Einrichtungen und 15 Bezirksdirektionen gegliedert war (in den Bezirkshauptstädten und Berlin-Ost). Nach der deutschen Einheit erfolgte seit Ende 1990 die Fusion der DBP Postdienst mit der Deutschen Post, und die Postsysteme in Ost und West wurden vereinheitlicht.
Gesch. der Dt. Post, hg. u. bearb. v. K. Sautter u. a., 4 Bde. (1928-79);
W. Behringer: Thurn u. Taxis. Die Gesch. ihrer Post u. ihrer Unternehmen (1990);
Die Post in ihrer Zeit. Eine Kulturgesch. menschl. Kommunikation, bearb. v. H. Glaser u. a. (1990).
Universal-Lexikon. 2012.