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Märzrevolution
I
Märzrevolution
 
Von den französischen Revolutionsunruhen im Februar 1848, die zur Abdankung des Königs und zur Ausrufung der Republik führten, sprang der Funke der Revolution auf die Staaten des Deutschen Bundes über. Überall kam es zu Volksversammlungen und Demonstrationen, bei denen Forderungen nach der Presse- und Vereinsfreiheit, nach Volksmiliz und der Einberufung eines bundesweiten Parlamentes erhoben wurden. Einige vor allem kleinere Staaten zeigten Entgegenkommen und beriefen Vertreter der liberalen Bewegung als Minister in ihre Kabinette.
 
In Wien kam es bei Demonstrationen von Studenten und Arbeitern zu Straßenkämpfen, wobei immer wieder der Rücktritt Metternichs gefordert wurde, der dem Druck nachgab und nach Großbritannien floh. Der Kaiser versprach am selben Tage, dem 13. März, eine Verfassung zu bewilligen. Überall in den Ländern der Donaumonarchie verlangten jetzt die Volksgruppen der Italiener, Tschechen, Ungarn, nach einer Verfassung, die ihnen die Autonomie gewähren sollte.
 
Auch in Preußen hatte der König eine Verfassung angekündigt. Als aber bei einer Großkundgebung vor dem Berliner Schloss am 18. März plötzlich Schüsse fielen, entwickelten sich aus der entstandenen Panikstimmung heraus blutige Barrikadenkämpfe mit dem Militär, an deren Ende 254 Tote und viele Verwundete zurückblieben. Im Morgengrauen des 19. März ordnete der König den Abzug der Truppen an, wandte sich mit einem Aufruf »an meine lieben Berliner« und grüßte die Toten, die im Schlosshof aufgebahrt worden waren. Er bewilligte eine verfassunggebende Nationalversammlung in Preußen und verkündete: »Preußen geht fortan in Deutschland auf«.
 
Die Einzelstaaten des Deutschen Bundes willigten nun ein, durch allgemeine und gleiche Wahlen ein gesamtdeutsches Parlament wählen zu lassen, das in Frankfurt am Main zusammentreten und eine Verfassung ausarbeiten sollte. Ein schnell und willkürlich zusammengerufenes »Vorparlament« mit 574 Mitgliedern, das vom 31. März bis zum 3. April in Frankfurt tagte, bereitete die Einberufung der deutschen Nationalversammlung vor. Schon hier prallten die Gegensätze zwischen den Radikalen, die alle Monarchien abschaffen und eine föderative Bundesverfassung nach amerikanischem Muster mit einem frei gewählten Präsidenten an der Spitze beschließen wollten, und den Gemäßigten, die an einer monarchischen Staatsform festhielten, aufeinander.
 
II
Märzrevolution,
 
Revolution 1848/49, die durch die französische Februarrevolution im März 1848 ausgelöste revolutionäre Bewegung in den Staaten des Deutschen Bundes (auch deutsche Revolution genannt). Sie war v. a. eine bürgerliche Revolution, in der sich die Forderung nach liberalen Reformen mit der Frage nach nationaler Einheit verband, wodurch v. a. in Schleswig (Deutsch-Dänische Kriege) und in den nicht deutsch besiedelten Gebieten Österreichs Nationalitätenprobleme aufbrachen. Die auf Volksversammlungen und Straßendemonstrationen erhobenen liberalen Forderungen (Beginn: Offenburg in Baden, 27. 2.) wurden in Bayern, Württemberg, Baden, Hessen-Darmstadt, Sachsen, Hannover und einigen deutschen Kleinstaaten fast widerstandslos erfüllt oder es wurde ihre Verwirklichung versprochen: konstitutionelle Verfassung, Reformministerien, Pressefreiheit, Schwurgerichte, Volksbewaffnung und schließlich die Wahl eines gesamtdeutschen Parlaments (Frankfurter Nationalversammlung; eröffnet am 18. 5.). Ein radikal-republikanischer Aufstand in Baden (12. 4. 1848 Ausrufung der Republik in Konstanz durch F. Hecker) wurde niedergeschlagen.
 
In Preußen, wo nach Straßen- und Barrikadenkämpfen (18./19. 3.; Märzgefallene) am 29. 3. von König Friedrich Wilhelm IV. ein liberales Kabinett unter L. von Camphausen berufen worden war (bis bis 30. 6.), hatte sich am 22. 5. noch eine verfassunggebende Versammlung konstituiert und eine Verfassung beraten (aufgelöst am 5. 12.). Doch bereits im Frühsommer vereinigte das später so genannte »Junkerparlament« die schärfsten Gegner der Märzrevolution und besiegte sie schließlich mithilfe der preußischen Armee (ab 9. 11.).
 
In Österreich ließen nach dem Sturz des Staatskanzlers K. W. Fürst Metternich (13. 3. 1848 die Unruhen bis hin zu den bürgerkriegsähnlichen Maiaufständen in Wien (15.-25. 5.) Kaiser Ferdinand I. mit seiner Familie nach Innsbruck fliehen (17. 5.), von wo aus er die Gegenrevolution einleitete. Militärisch niedergeschlagen wurden die Aufstände in Oberitalien (17. 3. Venedig, 18. 3. Mailand; Niederlage bei Custoza, 25. 7.) und Böhmen (Prager »Pfingstaufstand«, 12.-17. 6.). In Ungarn gingen nach der Märzrevolution (15. 3., Pest) in der zweiten Phase, der »Septemberrevolution« (Organisation der Honvéd durch L. Kossuth), Truppen gegen das Reformministerium unter L. Graf Batthyány vor. Der ab 6. 10. 1848 in Wien wegen der Ereignisse in Ungarn ausbrechende Aufstand wurde blutig niedergeschlagen. - Der konstituierende (österreichische) Reichstag (Wien; 22. 7.) scheiterte an der Nationalitätenfrage, die mit den Konzeptionen zur Lösung der deutschen Frage nicht in Übereinstimmung zu bringen war. Die Autonomiebestrebungen der einzelnen Länder gaben zudem den antirevolutionären, konservativen Kräften Auftrieb, sodass der Reichstag nach Kremsier ausweichen musste (22. 10.) und die erarbeitete Reformverfassung, die eine föderalistische Umstrukturierung Österreichs vorsah, nicht umsetzen konnte. Mit der oktroyierten Verfassung vom 4. 3. 1849 (»Märzverfassung«) wurde die Märzrevolution in Österreich endgültig beendet und der Antagonismus zwischen Österreich und Preußen verstärkt.
 
Durch die Ereignisse in den beiden größten deutschen Staaten scheiterte die Frankfurter Nationalversammlung in ihrem Verfassungswerk. Die Ablehnung der Reichsverfassung vom 27. 3. 1849 durch die beiden deutschen Großmächte und die größten Mittelstaaten sowie das Erstarken der antirevolutionären Kräfte, die die Maiaufstände 1849 niederschlugen, führte zur Niederlage der revolutionären Bewegung.
 

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Mạ̈rz|re|vo|lu|ti|on, die: revolutionäre Vorgänge in den deutschen Staaten von 1848.

Universal-Lexikon. 2012.