Indochinakrieg
Nach der Kapitulation Japans am Ende des Zweiten Weltkriegs und der Entwaffnung der japanischen Besatzungstruppen in Südostasien bemühten sich die Franzosen, ihre Kolonialherrschaft in Indochina wieder herzustellen. Sie besetzten den Süden des Landes und errichteten in Saigon ihren Regierungssitz, während im Norden bereits am 2. September 1945 der Führer der Unabhängigkeitsbewegung Vietminh, Ho Chi Minh (1890-1969), in Hanoi die Demokratische Republik Vietnam (DRV) ausgerufen hatte.
In einem Abkommen vom 6. März 1946 versprach Frankreich der Demokratischen Republik Ho Chi Minhs einen unabhängigen Status innerhalb der Französischen Union (Union Française), einer neu gebildeten Gemeinschaft, die Frankreich, die französischen Überseedepartments und -territorien sowie assoziierte Gebiete und Staaten umfassen sollte und 1958/60 von der Französischen Gemeinschaft (Communauté Française) abgelöst wurde. Doch noch im gleichen Jahr brach anlässlich eines Zollstreites im Hafen von Haiphong zwischen der Kolonialmacht und der vietnamesischen Verwaltung ein Konflikt aus, in dessen Verlauf am 23. November der französische Befehlshaber Haiphong bombardieren ließ, wobei über 6000 Zivilpersonen getötet wurden. Aus blutigen Zusammenstößen zwischen dem Vietminh und französischen Kolonialtruppen entwickelte sich ein achtjähriger Krieg.
Auf die Dauer war das französische Expeditionskorps dem Guerillakrieg der Vietminh-Einheiten nicht gewachsen, zumal diese nach dem Sieg der Kommunisten in China von dort mit Waffen und Material unterstützt wurden. Sie fanden großen Rückhalt bei der Mehrheit der bäuerlichen Bevölkerung, lediglich die größeren Städte blieben unter der Kontrolle der französischen Kolonialmacht.
Obwohl die USA den Kampf mit kräftigen Finanzhilfen und mit Militärberatern unterstützten, war er für die Franzosen nicht zu gewinnen. Am 7. Mai 1954 kapitulierte das französische Expeditionskorps nach verlustreichen Kämpfen in der Festung Dien Bien Phu; bereits am 8. Mai begannen in Genf die Waffenstillstandsverhandlungen. An dieser Indochina-Konferenz nahmen neben den unmittelbar betroffenen Staaten Indochinas (DRV, das französisch beeinflusste Süd-Vietnam, Laos und Kambodscha) die Großmächte USA und Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich sowie die Volksrepublik China teil.
Nach 75 Verhandlungstagen wurde am 21. Juli 1954 ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet. Vietnam wurde durch eine ausdrücklich als provisorisch bezeichnete Demarkationslinie entlang des 17. Breitengrades geteilt. Die Regierungen in Hanoi und Saigon wurden verpflichtet, innerhalb von zwei Jahren - spätestens bis Juli 1956 - gesamtvietnamesische Wahlen abzuhalten und die Wiedervereinigung der beiden Teile des Landes durchzuführen. Frankreich verzichtete endgültig auf seine kolonialen Ansprüche im südostasiatischen Raum.
Süd-Vietnams neuer Regierungschef Ngo Dinh Diem regierte autoritär, stützte sich auf die Geheimpolizei und sah sich schon bald mit einer kommunistischen, von der DRV unterstützten Guerilla, dem Vietcong, konfrontiert. Diem lehnte die gesamtvietnamesischen Wahlen ab, die Guerillatätigkeit verstärkte sich und der Konflikt zwischen der DRV und Süd-Vietnam führte schließlich in den Vietnamkrieg.
II
Ịndochinakrieg,
1946-54 der Krieg um Indochina zwischen Frankreich und der von den Vietminh getragenen »Demokratischen Republik Vietnam«; die Vietminh wurden unterstützt in Laos von der kommunistisch orientierten Guerillabewegung Pathet Lao, in Kambodscha von den linksgerichteten Kräften der Unabhängigkeitsbewegung Khmer Issarak.
Ursachen:
Nachdem Frankreich im Zweiten Weltkrieg seine Herrschaft über Indochina an Japan verloren hatte, Japan am Ende dieses Krieges selbst militärisch zusammengebrochen war, bildete sich am 2. 9. 1945 unter kommunistischer Führung auf breiter nationaler Basis die »Demokratische Republik Vietnam« (Präsident Ho Chi Minh). In ihrem Souveränitätsanspruch über Vietnam stieß diese jedoch auf Frankreich, das - gestützt auf ein Expeditionsheer unter General J. Leclerc - seine Herrschaft über Indochina wieder errichten wollte. Ein Kompromissabkommen (6. 3. 1946, in dem sich beide Mächte auf die Eingliederung eines freien Staates Vietnam in die Union von Indochina einigten, scheiterte an den gegensätzlichen Kernzielen beider Vertragspartner.
Mit wiederholten Zusammenstößen zwischen Vietminhverbänden und französischen Truppen in Tongking, dem französischen Bombardement auf Haiphong (23. 11. 1946 rd. 6 000 Ziviltote) sowie dem Aufstand der Vietminh gegen die französische Präsenz in Hanoi (19./20. 12. 1946) trat der Konflikt beider Mächte in das Stadium des offenen Kriegs. Der Schwerpunkt des Krieges lag in Tongking, wo die vietnamesische Regierung in den Untergrund ging und die Vietminhtruppen (80 000-100 000 Mann) unter Leitung von Vo Nguyen Giap überwiegend einen Guerillakrieg führten. Das französische Expeditionsheer (französische Berufssoldaten, Fremdenlegionäre, französische Kolonialsoldaten z. B. aus Marokko, Senegal, insgesamt 1949: 167 000 Mann) und die Truppen der 1949 etablierten frankreichfreundlichen Regierung in Saigon unter Bao Dai (1951/52: 260 000 Mann) gerieten seit der Niederlage von Cao Bang (1950) in die Defensive. Bis Ende 1953 kontrollierten die Vietminh fast ganz Tongking (mit Ausnahme Hanois) sowie Teile Annams und Cochinchinas. Mit dem Sieg der Kommunisten in China (1949) und dem Ausbruch des Koreakrieges (1950) wurde der Indochinakrieg auch zu einem Bestandteil des Kalten Krieges. Während die Volksrepublik China und die UdSSR die Demokratische Republik Vietnam anerkannten, stellten sich die USA auf die Seite der Regierung Bao Dai in Saigon. Mit 3,6 Mrd. Dollar deckten die USA 80 % der französischen Kriegskosten. Nach der französischen Niederlage bei Dien Bien Phu (7. 5. 1954 stimmte die französische Regierung unter P. Mendès-France auf der Genfer Indochinakonferenz (Genfer Konferenzen) dem Rückzug der französischen Truppen südlich einer Pufferzone am 17. Breitengrad zu und entließ die Staaten Vietnam, Laos und Kambodscha aus der Französischen Union. Dem Krieg fielen insgesamt zwischen 600 000 und 900 000 Menschen zum Opfer. Der Indochinakrieg gilt als erste Phase des Vietnamkriegs (1957/58-75).
Universal-Lexikon. 2012.