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Tragikomödie
Tra|gi|ko|mö|die 〈a. [′——djə] f. 19Schauspiel, das Tragisches mit Komischem verbindet

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Tra|gi|ko|mö|die [auch: 'tra:…], die; -, -n [lat. tragicomoedia, zu: tragicus (tragisch) u. comoedia, Komödie] (Literaturwiss.):
tragikomisches Drama.

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Tragikomödi|e,
 
dramatische Gattung, in der sich tragische und komische Elemente wechselseitig durchdringen beziehungsweise so zusammenwirken, dass die Tragik durch humoristische Brechung gemildert wird oder aber die tragisch gebrochene Komik die tragischen Aspekte noch vertieft. Die Grenzen der Tragikomödie zur satirischen Komödie, zum Rührstück, zum weinerlichen Lustspiel und v. a. zur Groteske sind fließend. Schon bei Plautus findet sich die Tragikomödie als die Mischung des Hohen der Tragödie mit dem Niedrigen der Komödie, aber erst in der Renaissance wurde sie als besondere Gattung, d. h. nicht lediglich als Mischung heterogener Elemente unter Aufhebung der Ständeklausel, theoretisch begründet. Sie galt dann u. a. als »Tragödie mit glücklichem Schluß« (G. Giraldi), v. a. aber, im von G. B. Guarini (»Compendio della poesia tragicomica«, 1601) definierten Sinn, als Ausgleich der Extreme tragischer und komischer Wirkung. Im Gefolge Guarinis (»Il pastor fido«, 1590) und T. Tassos (»Aminta«, 1580) entstanden bis Ende des 17. Jahrhunderts zahlreiche tragikomische Schäferdramen sowie romaneske Tragikomödien, in Frankreich u. a. von R. Garnier, J. de Rotrou, G. de Scudéry, P. Corneille (»Le Cid«, 1637), in England u. a. von F. Beaumont, J. Fletcher, J. Marston, P. Massinger. Auch etliche Dramen Shakespeares (»Measure for measure«, 1623), P. Calderón de la Barcas (»La vida es sueño«, 1636) oder Molières (»Tartuffe ou l'imposteur«, 1669) können als Tragikomödien gelten. Die deutsche klassizistische Poetik von M. Opitz bis J. C. Gottsched lehnte die Tragikomödie als »Bastardgattung« ab, so auch G. E. Lessing; er skizzierte aber zugleich eine neue Möglichkeit der Gattung, die weitgehend dem heutigen Verständnis entspricht. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts, v. a. aber im 19. Jahrhundert beschäftigte man sich wieder intensiver theoretisch mit ihr (J. M. R. Lenz, A. W. Schlegel, V. Hugo, G. B. Shaw u. a.). Nachdem wichtige Konstituenten tragischer Gestaltung nicht mehr gegeben sind, v. a. die Vorstellung des Schicksals und damit des tragischen Konflikts (Tragödie), wird die Tragikomödie in der neueren Literatur (im Sinn eines intensivierenden Zusammenfallens von Tragik und Komik und in der Annäherung an die Groteske) als die dem modernen Bewusstsein adäquate dramatische Form empfunden (F. Dürrenmatt, E. Ionesco). So erreichte sie nach zögerndem Einsatz eine neue Blüte um die Wende zum 20. Jahrhundert, v. a. bei H. Ibsen (»Vildanden«, 1884), E. Rostand (»Cyrano de Bergerac«, 1897), A. Strindberg (»Brott och brott«, 1899), A. P. Tschechow (»Višnëvyj sad«, 1904), A. Schnitzler (»Der grüne Kakadu«, 1899) und G. Hauptmann (»Die Ratten«, 1911). Seit etwa 1920 nahmen die grotesken Elemente überhand und bestimmen die Entwicklung bis heute, so u. a. bei F. Wedekind, G. Kaiser, L. Pirandello, J. Giraudoux, Dürrenmatt, M. Frisch, S. Beckett, Ionesco, B. Behan, H. Pinter, T. Stoppard, S. Shepard, W. Hildesheimer und T. Bernhard.
 
Literatur:
 
K. S. Guthke: Gesch. u. Poetik der dt. T. (1961);
 K. S. Guthke: Die moderne T. Theorie u. Gestalt (a. d. Amerikan., 1968);
 J. L. Styan: The dark comedy. The development of modern comic tragedy (London 21968, Nachdr. Cambridge 1974);
 F. Dürrenmatt: Theaterprobleme (Zürich 71974);
 R. Guichemerre: La tragi-comédie (Paris 1981);
 D. L. Hirst: Tragicomedy (London 1984);
 R. Dutton: Modern tragicomedy and the British tradition (Norman, Okla., 1986);
 
Renaissance tragicomedy, hg. v. N. Klein Maguire (New York 1987);
 J. Orr: Tragicomedy and contemporary culture. Play and performance from Beckett to Shepard (Basingstoke 1991);
 
The politics of tragicomedy, hg. v. G. McCullan u. a. (London 1992);
 F. Ran-Moseley: The tragicomic passion. A history and analysis of tragicomedy and tragicomic characterization. .. (New York 1994);
 I. Ramm-Bonwitt: Die kom. Tragödie, auf mehrere Bde. ber. (1997 ff.).

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Tra|gi|ko|mö|die [auch: 'tra:...], die; -, -n [lat. tragicomoedia, zu: tragicus (↑tragisch) u. comoedia, ↑Komödie] (Literaturw.): tragikomisches Drama: Ü Die jährliche Bonner T. um die Abgeordneten-Bezüge hat mittlerweile das Niveau eines platten Bauerntheaters erreicht (Wirtschaftswoche 20, 1996, 44).

Universal-Lexikon. 2012.