Akademik

Grönland
Grön|land; -s:
(geografisch zum arktischen Nordamerika, verwaltungsmäßig zu Dänemark gehörende) große Insel im Nordatlantik.

* * *

Grönland
 
[»grünes Land«], eskimoisch Kalaallit Nunaat, dänisch Grønland ['groenlan], größte Insel der Erde, im Nordatlantischen Ozean, autonomer Bestandteil des Königreichs Dänemark, 2 166 086 km2 (einschließlich kleiner vorgelagerter Inseln mit zusammen 44 800 km2). Grönland erstreckt sich im Nordosten Nordamerikas von 59º 46' nördlicher Breite auf 83º 39' nördliche Breite und gehört zur Arktis: zu 79 % ist es von Inlandeis bedeckt (zweitgrößte Inlandeismasse der Erde). Das eisfreie Land (410 499 km2) bildet einen bis 150 km breiten Küsten- und Inselsaum, in dem (2000) 56 100 Einwohner leben (1901: 12 000, 1945: 21 400, 1970: 46 300 Einwohner). Hauptstadt ist Nuuk (dänisch Godthåb). Amtssprachen sind Eskimoisch (Westgrönländisch) und Dänisch. Währung: 1 Dänische Krone (dkr) = 100 Øre. Uhrzeit: 800 Nuuk = 1200 MEZ, ausgenommen die Nordwestküste: 700 Dundas und Qaanaaq = 1200 MEZ.
 
Verfassung:
 
Grönland ist seit 1953 gleichberechtigte Provinz Dänemarks mit zwei Abgeordnete im dänischen Parlament. Seit 1. 5. 1979 besitzt Grönland Autonomie in allen inneren Angelegenheiten; Dänemark ist weiterhin für Außenbeziehungen und Verteidigung zuständig. Gesetzgebendes Organ ist das Landsting (31 Abgeordnete, auf vier Jahre gewählt), die vollziehende Gewalt liegt bei der Regierung (Landsstyre) unter Vorsitz des Ministerpräsidenten Die dänische Königin als Staatsoberhaupt wird durch den Rigs-Ombudsman vertreten. 1985 schied Grönland nach einem entsprechenden Referendum aus den EG aus, genießt allerdings den Status eines überseeischen EU-Territoriums mit den Vorteilen einer Zollunion.
 
Landesnatur:
 
Geologisch gehört Grönland zum Kanadischen Schild. Im Norden und Osten werden die präkambrischen Gesteine von jüngeren Sediment- und magmatischen Gesteinen überlagert, die von der kaledonischen Gebirgsbildung erfasst wurden. Das Inlandeis steigt zum Innern schildförmig bis auf 2 850 m über dem Meeresspiegel (südliche Kuppel) und 3 300 m über dem Meeresspiegel (nördliche Kuppel) an. Der Untergrund des Inlandeises besteht unter der südlichen Kuppel aus einem bis 1 000 m hohen Bergland, unter dem zentralen Teil und unter der nördlichen Kuppel aus einem riesigen Becken, das stellenweise unter dem Meeresspiegelniveau liegt. Die maximale Eisdicke beträgt 3 400 m, die mittlere Eisdicke 1 500 m und das gesamte Eisvolumen 2,5 Mio. km3. Die plastischen Eismassen erreichen stellenweise durch die Randhöhen hindurch als mächtige Gletscher das Meer, wo sie Eisberge kalben. Das eisfreie Gebiet stellt - zum Teil im Wechsel mit marinen Terrassen - eine glazigene Fjord- und Schärenküste dar, über der sich ein alpines, im Nordwesten und Norden auch plateauförmiges Relief mit Höhen von 1 200-1 500 m über dem Meeresspiegel erhebt; höchster Berg ist Gunnbjørns Fjeld (3 700 m über dem Meeresspiegel) in Ostgrönland.
 
Das Klima ist ein Eis- und Tundrenklima. Das Innere und der Norden haben hochpolare Temperaturverhältnisse (Januar: —20 bis —30 ºC bei Niederschlägen von 5-20 mm, Juli: 3-8 ºC bei Niederschlägen um 25 mm). Der Süden ist durch zyklonalen Einfluss milder und niederschlagsreicher (Ivittuut hat im Januar eine mittlere Temperatur von —5,4 ºC bei 92 mm Niederschlag, im Juli eine mittlere Temperatur von 9,8 ºC bei 82 mm Niederschlag). An der Ostküste hält der kalte Ostgrönlandstrom mit polarem Treibeis die Temperaturen niedrig. Aller Niederschlag fällt als Schnee oder Reif.
 
Die Pflanzenwelt ist Bestandteil der arktischen Florenregion und in den eisrandnahen Teilen im Süden durch bis 4 m hohes Birken- und Erlenkrummholz, Wacholder und Rhododendron, nach Norden hin durch Polarweide, Kräuter, Gräser, Moose und Flechten gekennzeichnet; die eisfreien Küsten tragen subpolare Wiesen oder polsterpflanzenreiche Felstundren.
 
Für die Tierwelt des Küstensaums sind Rentiere, Blau- und Weißfüchse, Polarhasen sowie Moschusochsen charakteristisch. Ihr Feind, der Wolf, ist in Grönland längst ausgestorben. Charakteristisch für den Norden und Nordosten sind zudem Lemminge. Kriechtiere und Lurche fehlen fast völlig. In den Küstengewässern gibt es Robben, Wale, Walrosse und etwa 100 Fischarten. Die meisten der über 200 Vogelarten ernähren sich aus dem Meer.
 
Bevölkerung:
 
Die heute vorherrschende Bevölkerung, die Grönländer, entstand aus der Vermischung der Eskimos mit den Europäern, die seit der Mitte des 17. Jahrhunderts als Walfänger und ab 1721 als Siedler nach Grönland gelangten. Fast 95 % der Bevölkerung leben an der südlichen Westküste: Größte Siedlungen (1993) sind neben Nuuk (12 200 Einwohner) Sisimiut (4 900 Einwohner), Ilulissat (4 500 Einwohner), Maniitsoq (4 000 Einwohner), Aasiaat (dänisch Egedesminde, 3 500 Einwohner), Qaqortoq (3 400 Einwohner) und Nanortalik (2 700 Einwohner). In Ostgrönland ist Angmagssalik (2 800 Einwohner), in Nordgrönland Qaanaaq (etwa 600 Einwohner) die größte Siedlung.
 
Religion:
 
Rd. 98 % der Bevölkerung sind Christen. Neben der dänischen evangelisch-lutherischen Volkskirche, der die meisten Christen angehören, bestehen Gemeinden der Herrnhuter Brüdergemeine, verschiedener skandinavischer Pfingstkirchen und seit 1968 eine katholische Gemeinde. Die evangelisch-lutherische Kirche Grönlands untersteht formal der Jurisdiktion des Bischofs von Seeland/Kopenhagen, wird jedoch durch einen eigenen Vizebischof mit Sitz in Nuuk geleitet. Die katholische Gemeinde gehört zum Bistum Kopenhagen.
 
Die Wirtschaft umfasst Fischerei und Fischverarbeitung, die Ausbeutung der Blei-Zink-Erze in Maarmorilik an der mittleren Westküste (seit 1973/74), Robbenjagd und Schafzucht. Da Grönland völlig von Energieimporten abhängig ist, soll künftig Gletscherschmelzwasser zur eigenen Energiegewinnung genutzt werden. Eingeführt werden außer Energieträgern v. a. Nahrungsmittel und Maschinen, ausgeführt v. a. Fische, Fischprodukte, weiterhin Blei-Zink-Erze und Felle. Haupthandelspartner ist Dänemark. Von der dänischen Regierung erhält Grönland jährlich finanzielle Zuschüsse, von der EG jährlich einen finanziellen Ausgleich für Fischereirechte in grönländischen Gewässern.
 
Verkehr:
 
Zwischen den Siedlungen gibt es Boots- und Hubschrauberverkehr. Hunde- und Motorschlitten sind weiterhin im Gebrauch. Haupthafen ist Nuuk, Kangerlussuaq (Søndre Strømfjord) an der Westküste ist wichtiger Flughafen der Polarroute.
 
Geschichte:
 
Nach dem Niedergang der vorgeschichtlichen Dorsetkultur blieb Grönland über große Zeiträume menschenleer. Um 875 von dem aus Norwegen stammenden Wikinger Gunnbjørn entdeckt, wurde die Insel um 982 von Erich dem Roten aufgesucht und Grönland genannt; 986 gründete er die erste Siedlung in Südgrönland. Um 1000 christianisiert, erhielt die Insel 1124 einen eigenen Bischof. 1261 unterstellte sich Grönland dem norwegischen König. Nach 1414 fehlen schriftliche Zeugnisse. Verschlechterte Lebensbedingungen (v. a. Temperaturrückgang seit dem 14. Jahrhundert) und das Vordringen der Eskimos von Nordwesten über den gesamten eisfreien Bereich (seit 1000 n. Chr.) führten zum Aussterben der europäischen Siedlungen wohl in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts. Erst nach der Landung des Missionars H. Egede bei Nuuk (1721) kam es wieder zu einer Besiedlung durch Nord-Europäer. 1774 wurde die »Königliche Grönländische Handelsgesellschaft« gegründet. Bei der Trennung Norwegens von Dänemark (Kieler Friede 1814) blieb Grönland bei Dänemark. Den dänisch-norwegischen Streit um Grönland entschied 1933 der Internationale Gerichtshof in Den Haag zugunsten Dänemarks. Im Zweiten Weltkrieg richteten die USA, die 1951 durch den dänisch-amerikanischen Vertrag an der Verteidigung Grönlands beteiligt wurden, dort Luftstützpunkte ein (bei der nordgrönländischen Luftwaffenbasis »Thule« 1968 Absturz eines mit Wasserstoffbomben bestückten amerikanischen Militärflugzeuges, Dänemark, Geschichte). 1953 wurde Grönland ein integraler Bestandteil Dänemarks und erhielt 1979 innere Autonomie; aufgrund eines Referendums (1982) schied Grönland 1985 aus der EG aus und bekam im selben Jahr (21. 6.) eine eigene Flagge.
 
Die Erforschung Grönlands begann mit H. Egede (1721-36) und Karl Ludwig Giesecke (* 1761 oder 1775, ✝ 1833; 1807-15) sowie mit der im 19. Jahrhundert verstärkten Suche nach der Nordwestpassage. 1822 landete W. Scoresby als Erster an der Ostküste, die 1869-70 von der deutschen Germania- und Hansa-Expedition erforscht wurde. Erste Vorstöße ins Innere unternahmen 1883 A. E. Nordenskiöld, 1886 R. E. Peary; durchquert wurde die Insel erstmals 1888 von F. Nansen und O. N. Sverdrup, danach u. a. (1912 bis 1913) von A. Wegener und Johann Peter Koch (* 1870, ✝ 1928). K. Rasmussen erforschte auf mehreren Expeditionen (seit 1902) besonders Leben und Geschichte der Eskimos.
 
Literatur:
 
W. Dege: Die Westküste G.s. Bevölkerung, Wirtschaft u. Siedlung im Strukturwandel (1965);
 F. Gad: The history of Greenland, 3 Bde. (a. d. Dän., Kingston 1970-82);
 
Grønland, hg. v. P. Koch (Kopenhagen 1975);
 H. Barüske: G. Reise in das Wunderland der Arktis (1977);
 B. Fristrup: Grønlands geografi (Kopenhagen 51977);
 R. Bökemeier: Leben im hohen Norden, G. (Lausanne 1980);
 
Grønlands natur, bearb. v. T. W. Böcher u. a. (Kopenhagen 1981);
 F. Hegels: Fang u. Fischerei vor der Westküste G.s (1984).
 

* * *

Grön|land; -s: dänische Insel im Atlantischen Ozean.

Universal-Lexikon. 2012.