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Lippe
Klappe (umgangssprachlich); Schnute (umgangssprachlich); Schnauze (umgangssprachlich); Mundwerk

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Lip|pe ['lɪpə], die; -, -n:
einer der beiden rötlichen Ränder des Mundes beim Menschen:
volle, schmale, rot bemalte, zusammengepresste Lippen; sie schürzte verächtlich die Lippen; er küsste ihre Lippen; auf ihren Lippen lag ein Lächeln.
Zus.: Oberlippe, Unterlippe.

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Lịp|pe 〈f. 19
1. fleischiger Rand des menschlichen Mundes (Ober\Lippe, Unter\Lippe)
2. Schleimhautfalte (Scham\Lippe)
● die \Lippen (schmollend, verächtlich) kräuseln, schürzen, verziehen; eine (dicke) \Lippe riskieren 〈fig.; umg.〉 einen Widerspruch wagen; sich die \Lippen schminken; die \Lippen spitzen (zum Kuss, zum Pfeifen); die \Lippen zusammenpressen (vor Ärger, Schmerz, Ungeduld) ● aufgesprungene, aufgeworfene, feuchte, rissige, trockene \Lippen; breite, dünne, rotgeschminkte, schmale, volle \Lippen ● an jmds. \Lippen hängen 〈fig.〉 jmdm. gespannt, aufmerksam zuhören; sich auf die \Lippen beißen (um nicht zu lachen od. weil man ein ausgesprochenes Wort bereut); kein Wort kam über seine \Lippen er sagte nichts; die Worte flossen ihm leicht von den \Lippen [<nddt. <germ. *lipjo, älter *lepjo; zu idg. *leb- „herabhängen“; → Lappen]

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1Lịp|pe , die; -, -n [aus dem Md., Niederd. < md., mniederd. lippe, urspr. = schlaff Herabhängendes]:
1.
a) fleischiger oberer od. unterer Rand des [menschlichen] Mundes:
schmale, volle, wulstige, aufgesprungene, rote, blaue -n;
die -n öffnen, [zum Kuss] spitzen;
sie kräuselte, schürzte verächtlich die -n;
die -n nachziehen, [mit der Zunge] anfeuchten;
sich <Dativ> die -n schminken, anmalen, lecken, [mit der Zunge] anfeuchten;
das Glas, die Trompete an die -n setzen;
auf ihren -n lag ein Lächeln;
den Finger auf die -n legen (den Zeigefinger auf die Lippen legen, um zum Stillsein, zum Schweigen aufzufordern);
sich <Dativ> auf die -n beißen (bes. um ein Lachen zu unterdrücken od. weil man eine unmittelbar vorher gemachte Äußerung sofort bereut);
einen Laut mit den -n bilden;
jmdm. etw. von den -n ablesen;
an jmds. -n hängen (einer bzw. einem Sprechenden konzentriert, gespannt zuhören [u. sie bzw. ihn dabei anblicken]);
etw. auf den -n haben (etw. gerade äußern, von sich geben [wollen]: ein Wort auf den -n haben);
etw./mit etw. auf den -n (etw. äußernd, singend o. Ä.: ein fröhliches Lied auf den -n, wanderten sie durch das Tal; mit einem Fluch auf den -n kam er hereingestolpert);
[jmdm.] auf den -n ersterben (geh.; unter einem starken Eindruck o. Ä. plötzlich nicht ausgesprochen, geäußert werden: das Wort erstarb ihr auf den -n);
[nicht] über jmds. -n /jmdm. [nicht] über die -n kommen ([nicht] von jmdm. ausgesprochen werden können);
etw. [nicht] über die -n bringen (es [nicht] fertigbringen, etw. auszusprechen, zu äußern);
jmdm. leicht, glatt o. Ä. von den -n fließen/gehen (von jmdm. ohne Bedenken geäußert werden);
b) <o. Pl.> (salopp) Mundwerk:
das ist die freche Berliner L.;
eine [dicke/große] L. riskieren (ugs.; großsprecherisch reden).
2. (Bot.) oberer od. unterer hervorstehender Teil der Blumenkrone (z. B. an Lippenblütlern).
2Lịp|pe , die; -:
rechter Nebenfluss des Rheins.

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I
Lippe,
 
Labium, bewegliche, weiche, oft wulstige Verdickung oder kleine, nur angedeutete paarige (Oberlippe, Unterlippe) Hautfalte am Mundrand vieler Wirbeltiere, besonders der Säugetiere; fehlt bei den auf dem Land lebenden erwachsenen Schwanzlurchen völlig; bei erwachsenen Froschlurchen ist die Unterlippe rückgebildet; die Lippen der Fische sind denen der höheren Wirbeltiere nicht homolog. Bei Haien und Rochen liegt in der Oberlippe ein Lippenknorpel (Labialknorpel).
 
Die Lippen der Säugetiere (einschließlich des Menschen) sind drüsenreich (innen Speicheldrüsen, außen Talg- und Schweißdrüsen) und durch zahlreiche Muskeln sehr beweglich. Oft tragen diese Lippen außen Haare (bei Hasen bis in die Mundhöhle hinein). Die Oberlippe kann gespalten sein (z. B. bei Hasen, Katzen) beziehungsweise eine Rinne (Philtrum; z. B. beim Schaf) aufweisen. Am dünnhäutigen, freien Lippenrand treten hohe, Blutkapillaren führende Bindegewebepapillen an die unverhornte Oberfläche der Lippen; das durchscheinende Blut bewirkt beim Menschen das Lippenrot. Beim menschlichen Säugling tragen die Lippen an der Innenseite einen Zottensaum, der die Haftung an der Brustwarze verbessert.
 
Zu den Krankheiten und Störungen gehören durch Austrocknung hervorgerufene Schrunden, Entzündungen (Cheilitis), von der Gesichtshaut übergreifende Ekzeme, Furunkel, die von einer Akne ausgehen können, der Herpes der Lippen und Geschwüre (z. B. bei Syphilis). Zu den Fehlbildungen Gaumenspalte, Hasenscharte.
 
Der Lippenkrebs entwickelt sich als vom Deckepithel ausgehendes Plattenepithelkarzinom meist an der Unterlippe in Form eines schmerzlosen warzenartigen Knötchens, das im weiteren Verlauf geschwürig zerfällt. Er tritt v. a. bei Pfeifenrauchern (Kombination von chemischen Kanzerogenen und mechanischen Reizen) auf; auch langfristige Ultraviolettstrahlung wird zu den Risiken gerechnet. Die Heilungsaussichten sind bei frühzeitiger chirurgischer Behandlung relativ gut, da es erst spät zur Metastasenbildung kommt.
 
Bei Insekten bezeichnet Lippe die vordere (Labrum, Oberlippe) und hintere (Labium, Unterlippe) Begrenzung der Mundöffnung.
 
Bei Pflanzen bezeichnet Lippe 1) einen Teil der Blütenkrone bei Lippenblütlern; 2) das Labellum.
 
II
Lịppe,
 
1) Kreis in Nordrhein-Westfalen, Regierungsbezirk Detmold, 1 246 km2, 364 900 Einwohner; Verwaltungssitz: Detmold. Das Kreisgebiet liegt östlich von Bielefeld, umfasst den größten Teil des Lipper Berglands sowie den Lipper Wald, über den es nach Südwesten hinausgreift bis in die Senne. Die Landwirtschaft (Getreide- und Zuckerrübenanbau, Schweinemast) prägt weite Teile des Gebietes; kleine und mittlere Betriebe herrschen vor; etwa ein Drittel der Fläche ist Wald; Holzverarbeitung und weitere vielfältige Industrie.
 
 2) die, rechter Nebenfluss des Rheins in Nordrhein-Westfalen; 228 km lang, entspringt am Westfuß des Eggegebirges in Bad Lippspringe, mündet bei Wesel. Von Hamm bis Wesel wird die Lippe vom Lippe-Seitenkanal begleitet. Unterhalb von Hamm werden die Lippe und ihre Nebengewässer durch Bergbau, Industrie und Besiedlung des nördlichen Ruhrgebiets beeinflusst.
 
 3) ehemaliges Territorium des westfälischen Adelsgeschlechts Lippe; weitgehend mit dem heutigen Kreis Lippe identisch, Hauptstadt war Detmold.
 
Geschichte:
 
Die Edelherren zur Lippe, nach ihrem Sitz im späteren Lippstadt benannt, erstmals 1123 erwähnt, erhielten durch die Gefolgschaft zu Heinrich dem Löwen - neben der ererbten Herrschaft Rheda - Vogtei- u. a. Herrschaftsrechte über das Stift Enger und östlich des Osning; 1323 und 1358 erwarben sie den Großteil der Grafschaft Schwalenberg, 1405 der Grafschaft Sternberg, doch gingen 1365 Rheda und 1408 Enger verloren. In Lippstadt (1376 verpfändet) musste sich Lippe 1445 mit einer Gemeinschaftsherrschaft zusammen mit Kleve-Mark, später Preußen (bis 1850), begnügen. 1529 wurden die Herren zur Lippe als Reichsgrafen anerkannt. Nach 1614 entstanden die Linien Lippe-Detmold, Lippe-Brake (1709 erloschen, Anfall an Lippe-Detmold) und Lippe-Alverdissen (ab 1640 Schaumburg-Lippe, seit 1643 Residenz in Bückeburg). Von der Detmolder Linie zweigte 1627 eine Biesterfelder ab und von dieser 1736 die Linie Weißenfeld (beide 1763 an Lippe-Detmold). Das Fürstentum Lippe der Detmolder Linie (seit 1720, wirksam seit 1789) wurde 1806 und 1815 nicht mediatisiert. Der Versuch, dem Territorium Lippe (ab 1807 Mitglied des Rheinbundes, ab 1815 des Deutschen Bundes, ab 1866 des Norddeutschen Bundes) 1819 eine repräsentative Verfassung zu geben, scheiterte am Widerstand der Stände. Das landständische Grundgesetz von 1836 wurde 1876 und 1912 durch Wahlgesetze modifiziert. Nach dem Erlöschen der Detmolder Linie (1895) kam 1905 - nach zehnjährigem Thronstreit mit Schaumburg-Lippe - die Linie Lippe-Biesterfeld zur Regierung (Abdankung am 12. 11. 1918). Ab 1918 Freistaat, erhielt Lippe am 21. 12. 1919 eine republikanisch-parlamentarische Verfassung. Durch die Landtagswahl vom 15. 1. 1933 vorbereitet, wurde Lippe dem Gauleiter von Westfalen-Nord als Reichsstatthalter unterstellt. Am 21. 1. 1947 wurde Lippe von der britischen Besatzungsmacht dem Land Nordrhein-Westfalen eingegliedert und kam zum Regierungsbezirk Detmold.
 

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1Lịp|pe, die; -, -n [aus dem Md., Niederd. < md., mniederd. lippe, urspr. = schlaff Herabhängendes]: 1. a) fleischiger oberer od. unterer Rand des [menschlichen] Mundes: schmale, volle, dicke, aufgeworfene, wulstige, aufgesprungene, rote, blaue, warme -n; Glühend trafen unsere -n zusammen (Hesse, Steppenwolf 200); die -n öffnen, runden, vorschieben, [zum Kuss] spitzen; sie kräuselte, schürzte verächtlich die -n; Nachher kämmte sie sich vor dem Spiegel und zog sorgfältig die -n nach (Andersch, Rote 16); sich <Dativ> die -n schminken, anmalen, lecken, [mit der Zunge] anfeuchten; das Glas an die -n setzen; er setzte die Trompete an die -n; auf ihren -n lag ein Lächeln; den Finger auf die -n legen (den Zeigefinger auf die Lippen legen, um zum Stillsein, zum Schweigen aufzufordern); sich <Dativ> auf die -n beißen (bes. um ein Lachen zu unterdrücken od. weil man eine unmittelbar vorher gemachte Äußerung sofort bereut); einen Laut mit den -n bilden; jmdm. etw. von den -n ablesen; ... dass sich der Ausruf „Labyrinth“ auch dem einfachsten Besucher von den -n rang (Ceram, Götter 78); *an jmds. -n hängen (einem Sprechenden konzentriert, gespannt zuhören [u. ihn dabei anblicken]); etw. auf den -n haben (etw. gerade äußern, von sich geben [wollen]): ein Wort auf den -n haben; etw./mit etw. auf den -n (etw. äußernd, singend o. Ä.): ein fröhliches Lied auf den -n, wanderten sie durch das Tal; mit einem Fluch auf den -n (fluchend) kam er hereingestolpert; jmdm. auf den -n liegen/schweben (jmdm. auf der Zunge liegen); [jmdm.] auf den -n ersterben (geh.; unter einem starken Eindruck o. Ä. plötzlich nicht ausgesprochen, geäußert werden): das Wort erstarb ihr auf den -n; sich [jmdm.] auf die -n drängen (unwillkürlich in jmdm. zur Äußerung drängen); [nicht] über jmds. -n/jmdm. [nicht] über die -n kommen ([nicht] von jmdm. ausgesprochen werden können); etw. [nicht] über die -n bringen (es [nicht] fertig bringen, etw. auszusprechen, zu äußern); jmdm. leicht, glatt o. ä. von den -n fließen/gehen (von jmdm. ohne Bedenken geäußert werden); b) <o. Pl.> (salopp) Mundwerk: das ist die freche Berliner L.; *eine [dicke/große] L. riskieren (ugs.; großsprecherisch reden). 2. (Bot.) oberer od. unterer hervorstehender Teil der Blumenkrone (z. B. an Lippenblütlern).
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2Lịp|pe, die; -: rechter Nebenfluss des Rheins.

Universal-Lexikon. 2012.