Akademik

Beneš
Beneš
 
['bɛnɛʃ],
 
 1) Edvard, deutsch Eduard Bẹnesch, tschechoslowakischer Politiker, * Kožlany (Böhmen) 28. 5. 1884, ✝ Sezimovo Ústí (Südböhmen) 3. 9. 1948; seit 1909 Dozent für Nationalökonomie in Prag, wirkte (ab 1915 in der Schweiz, dann in Paris) als enger Mitarbeiter T. Masaryks und ab 1917 als Generalsekretär des von Masaryk geführten »Tschechoslowakischen Nationalrats« (gegründet 1916, 1918 von den Ententemächten als vorläufige tschechoslowakische Regierung anerkannt) für die Errichtung eines über die »historischen Länder« hinausgreifenden tschechoslowakischen Staates. Nach Ausrufung der unabhängigen Republik (Tschechoslowakei, Abkürzung ČSR; 28. 10. 1918) führte Beneš als Außenminister (1918-35), 1921/22 zugleich Ministerpräsident, ab 1923 Mitglied der linksbürgerlich orientierten »Tschechoslowakischen Nationalsozialistischen Partei« (Abkürzung ČNSS), die Delegation seines Landes bei den Pariser Friedensverhandlungen (1919/20) zur Beendigung des Ersten Weltkriegs und vertrat die ČSR anschließend beim Völkerbund (1923-27 Vertreter der ČSR im Völkerbundrat). Ziel seiner Außenpolitik war es, die staatliche Existenz der ČSR durch ein Bündnissystem im östlichen Mittel- und Südosteuropa (Kleine Entente 1920/21), in enger Anlehnung an Frankreich (Bündnis ab 1924), sowie durch einen Beistandspakt mit der UdSSR (1935) zu sichern.
 
Am 18. 12. 1935 wurde Beneš auf Vorschlag Masaryks zum Staatspräsidenten gewählt; die mangelnde Fähigkeit beziehungsweise Bereitschaft zum Ausgleich mit den nationalen Minderheiten, die tschechische Entnationalisierungspolitik und der Druck des nationalsozialistischen Deutschlands führten zu seiner Kapitulation in der »Sudetenkrise« (September 1938); nach Abschluss des Münchener Abkommens trat er am 5. 10. 1938 zurück und ging ins Exil (1939 Gastprofessor in Chicago). Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs kam er wieder nach Europa und bildete im Juli 1940 in London eine tschechoslowakische Exilregierung, zu deren Präsident er sich ernannte (1943 Abschluss eines Bündnisses mit der UdSSR). Nach formeller Anerkennung des kommunistisch orientierten »Kaschauer Statuts« vom 5. 4. 1945 kehrte er im Mai 1945 nach Prag zurück und wurde Präsident der neu errichteten tschechoslowakischen Republik (1946 bestätigt). Vorbereitet von seiner zwischen 1938 und 1945 mit allierter Zustimmung entwickelten Konzeption zur Lösung der Minderheitenfrage (Deutsche, Ungarn; Gebietsabtretungen, Zwangsaussiedlungen beziehungsweise »Bevölkerungs-Transfer«, Teilassimilation), trägt er Verantwortung für die Vertreibung der Sudeten- und Karpatendeutschen sowie der Ungarn Mai 1945/November1946; schon im Januar 1945 hatte er der Abtretung der Karpato-Ukraine an die UdSSR (ab 29. 6. 1945) zugestimmt. Mit seinen Bemühungen zum Ausgleich zwischen bürgerlichen und kommunistischen Kräften konnte er die gleitende kommunistische Machtübernahme nicht verhindern; am 7. 6. 1948 trat er zurück. (Beneš-Dekrete)
 
Werke: Der Aufstand der Nationen (tschechisch und deutsch 1928); Memoirs of Dr. E. Beneš, herausgegeben von G. Lias (tschechisch 1947, englisch 1954).
 
 2) Karel Josef, tschechischer Schriftsteller, * Prag 21. 2. 1896, ✝ Rožmitál pod Třemšínem (Mittelböhmischer Kreis) 28. 3. 1969; stellte in psychologischen Romanen über die Zeit der deutschen Besatzung (»Rodný hlas«, 1953) und in historischen Romanen seine Helden meist in außergewöhnliche Situationen dar und behandelte, v. a. in seinem Nachkriegswerk, gesellschaftliche Probleme.
 
Weitere Werke: Romane: Červená pečet' (1940; deutsch Das rote Siegel); Trilogie: Mezi dvěma břehy (1954; deutsch Zwischen zwei Ufern), Dračí setba (1957; deutsch Drachensaat), Útok (1963; deutsch Die Vergeltung).
 
Erzählung: Rudá v černé (1947).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Tschechoslowakische Republik: Zentralismus und Nationalitätenprobleme in der CSR
 

Universal-Lexikon. 2012.