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Kalter Krieg
bipolare Welt

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Kalter Krieg,
 
schlagwortartige Bezeichnung für eine nichtmilitärische Konfrontation zweier Staaten oder Staatengruppen, die durch Begründung und Ausbau von Militärbündnissen, Wettrüsten, diplomatisch-politischen Druck, wirtschaftliche Kampfmaßnahmen (z. B. Embargo), militärisches Eingreifen in regionale Konflikte, ideologische und propagandistische Unterwanderung (»ideologische Kriegführung«) sowie durch Aktivitäten von Nachrichtendiensten beziehungsweise Förderung von Putschen und Staatsstreichen im jeweils anderen »Lager« ihre internationale Position zum Nachteil des anderen verbessern wollen, wobei die Konfrontation bis zum Rande eines Kriegsausbruches führen kann (»Politik am Rande des Krieges«, J. F. Dulles). Als historischer Begriff umschreibt die Bezeichnung Kalter Krieg (als Schlagwort erstmals gebraucht von B. M. Baruch) seit etwa 1947 bis 1990 den in seiner Intensität schwankenden globalen Antagonismus der beiden damaligen Weltmächte USA und UdSSR sowie die Beziehung zwischen den daraus hervorgehenden Machtblöcken, besonders zwischen 1946/47 und 1961/62 (Ost-West-Konflikt).
 
Bereits gegen Ende des Zweiten Weltkriegs (u. a. Jalta-Konferenz, 4.-11. 2. 1945) hatte sich das Zerwürfnis der Anti-Hitler-Koalition und der Zerfall des »One-World«-Konzepts abgezeichnet. Vor dem Hintergrund eines amerikanischen Kernwaffenmonopols (bis 1949) entzündete sich der Kalte Krieg an den Interessengegensätzen der UdSSR und der USA, die sowohl eine machtpolitische Stabilisierung beziehungsweise Ausweitung ihrer Einflussbereiche als auch die Durchsetzung ihrer gegensätzlichen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Ordnungsvorstellungen erstrebten. Mit der durch die Einführung der westdeutschen Währungsreform in Berlin ausgelösten Berliner Blockade (1948/49) kam es zu einem ersten Höhepunkt des Kalten Kriegs. Die Einbindung der beiden 1949 gegründeten deutschen Staaten (deutsche Einheit, deutsche Geschichte) in die gegeneinander gerichteten Bündnissysteme NATO (gegründet 1949) und Warschauer Pakt (gegründet 1955) unter ihren Führungsmächten USA und UdSSR zementierte das vom strategischen Prinzip der Abschreckung bestimmte Gleichgewicht der Machtblöcke in Europa.
 
Der Kalte Krieg mit seiner weltpolitischen Dimension prägte, besonders bis 1955, tief die innenpolitischen Verhältnisse der beteiligten Staaten. Im Ostblock verschärfte sich die Diktatur Stalins, die nach seinem Tod (1953) nur kurzfristig von Phasen ideologischer »Aufweichung« (kulturpolitisches »Tauwetter«, 1953, Entstalinisierung, ab 1956) abgelöst wurde. In den westlichen Staaten wurden z. B. die kommunistischen Parteien von jeder Beteiligung an der Regierungsverantwortung ausgeschlossen; in den USA kam es unter J. R. McCarthy zu einer antikommunistischen Verfolgungswelle (»McCarthyismus«). In wechselseitiger Bedingung manifestierten Stalinismus und Antikommunismus die »Festungsmentalität« der beiden Weltlager; eine außerordentliche Rolle erlangten zeitweise die Geheimdienste (v. a. CIA und KGB sowie die HVA des Staatssicherheitsdienstes der DDR).
 
In der Dritten Welt, wo die Entkolonialisierung ein gewisses Machtvakuum entstehen ließ, führte die beiderseitige Furcht vor einer Expansion des gegnerischen Lagers, die auf westlicher Seite in der Dominotheorie zum Ausdruck kam, u. a. zum militärischen Engagement der Weltmächte in regional begrenzten Konflikten, v. a. im Koreakrieg (1950-53) und im Vietnamkrieg (1958/59-75), dessen Vorläufer, der Indochinakrieg (1945/46-54), bereits zunehmend unter ideologischem Aspekt geführt worden war. Das bipolare Grundmuster der internationalen Beziehungen wurde auch durch die Bestrebungen der blockfreien Staaten nicht durchbrochen. Mit der Suezkrise (1956), v. a. aber mit der Kubakrise (1962), in der sich die USA in ihrer Sicherheit unmittelbar durch die UdSSR bedroht fühlten, führte der Kalte Krieg auf seinem Höhepunkt an den Rand eines atomaren Weltkriegs.
 
Trotz des weiter bestehenden Ost-West-Konflikts kam es ab etwa 1962 zur Abschwächung des Kalten Kriegs; es entwickelte sich, mit bedingt durch den chinesisch-sowjetischen Konflikt und das Scheitern der Politik des Containments im Vietnamkrieg, eine (von Rückschlägen begleitete) Politik und Diplomatie der Entspannung sowie Abrüstung. Ende der 70er-Jahre verschärfte sich der Kalte Krieg nochmals (v. a. sowjetischer Einmarsch in Afghanistan, NATO-Doppelbeschluss, 1979). Erst das durch M. S. Gorbatschow gleichzeitig mit der inneren Reformpolitik (»Glasnost« und »Perestroika«) durchgesetzte »neue Denken« in der Außenpolitik der UdSSR (u. a. Abkehr von der Breschnew-Doktrin; INF-Vertrag, 1987) leitete das Ende des Kalten Kriegs ein. Besiegelt wurde es mit dem Zusammenbruch des Ostblocks 1989/91 und der Auflösung des östlichen Militärbündnisses (endgültig zum 1. 7. 1991) sowie der Neuorientierung der »westlichen« Sicherheitspolitik (NATO, OSZE; schon 1990 in der Charta von Paris dokumentiert).
 
Literatur:
 
D. Horowitz: K. K. Hintergründe der US-Außenpolitik von Jalta bis Vietnam (a. d. Engl., 16.-18. Tsd. 1980);
 
K. K. u. Dt. Frage. Dtl. im Widerstreit der Mächte 1945-1952, hg. v. J. Foschepoth (1985);
 W. Loth: Die Teilung der Welt. Gesch. des K. K. 1941-1955 (51985);
 K.-U. Merz: K. K. als antikommunist. Widerstand. Die Kampfgruppe gegen die Unmenschlichkeit 1948-1959 (1987);
 A. Hillgruber: Europa in der Weltpolitik der Nachkriegszeit (1945-1963) (41993);
 J. S. Nye: Understanding international conflicts (New York 1993).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Kalter Krieg: Sozialistische contra liberale Ordnung
 
Ost-West-Konflikt: Die politischen Konzepte der USA
 

Universal-Lexikon. 2012.