Hauptstadt von Portugal
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Lịs|sa|bon [auch: …'bɔn ]:
Hauptstadt von Portugal.
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Lịssabon,
portugiesisch Lisbọa [liʒ-],
1) Hauptstadt Portugals, größte Stadt und wichtigster Hafen des Landes, 591 500 Einwohner. Die Stadt erstreckt sich auf einer bis zu 100 m hohen, durch einige kurze Küstentäler zerschnittenen Rumpffläche, die zum rechten Ufer des Tejo abfällt. Die hier seenartig erweiterte Ingressionsbucht des unteren Tejo, das Strohmeer (Mar da Palha), ein ausgezeichneter Naturhafen, ist durch einen auf 2-3 km verengten, rd. 15 km langen Mündungsabschnitt vom Meer getrennt.
Lissabon ist Sitz des Staatspräsidenten, des Parlaments, der Regierung, der obersten Staats-, Gerichts- u. a. Behörden sowie eines Erzbischofs (seit 1394, seit 1716 als Patriarch tituliert). Lissabon hat sechs Universitäten (die älteste gegründete 1290; TU, gegründet 1931; katholische Universität, gegründet 1968; Neue Universität, gegründet 1973; zwei private Universität, gegründet 1986), Akademie der Wissenschaften (gegründet 1779), historische Akademie, Veterinärhochschule, Kunstakademie, Konservatorium, Militärakademie, Deutsches Archäologisches Institut u. a. wissenschaftliche Institute, Nationalarchiv u. a. Archive, Nationalbibliothek, Gulbenkianstiftung, zahlreiche Museen, Nationaltheater, Oper; botanischer und zoologischer Garten.
Lissabon ist eine lebhafte Handelsstadt; etwa 40 % des portugiesischen Handels werden in Lissabon abgewickelt; bedeutende internationale Messen. Der Hafen war lange Zeit der größte der Iberischen Halbinsel (Umschlag 1996: 12,8 Mio. t) und verfügt über ein Trockendock für 300 000-Tonnen-Tanker; heute auch Containerterminal. Importiert werden Maschinen, Kraftfahrzeuge, Chemikalien u. a.; der Export umfasst Kork, Holz, Wein, Fischkonserven, Düngemittel. Die Industrie (Schiff- und Waggonbau, Stahlwerk, Erdölraffinerie, Elektrotechnik, Herstellung von Textilien, Chemikalien, Bier, Zucker, Keramik, Eisenwaren und Pharmazeutika, Tabakverarbeitung) ist v. a. am Mar da Palha, im Osten und Nordosten, angesiedelt sowie im neuen Industriegürtel außerhalb des Stadtgebietes südlich des Flusses (Outra Banda) in Almada, Barreiro, Seixal u. a. Orten. Die Verbindung schafft eine Straßenbrücke (1966 vollendet, 1 013 m Spannweite, 2 278 m Länge); eine zweite, 18,3 km lange Straßenbrücke wurde 1998 fertig gestellt; außerdem besteht ein reger Fährverkehr. Im Norden der Stadt sind das neue Universitätsviertel sowie mehrere Satellitenstädte entstanden. Der Flughafen Lissabon-Portela liegt 6 km nördlich vom Zentrum; ein Großflughafen bei Rio Frio (südöstlich des Strohmeeres) ist geplant. Dem innerstädtischen Verkehr dient (seit 1960) auch eine Untergrundbahn; mehrere kurze Bergbahnen und Personenaufzüge verbinden die Unterstadt mit den Stadtteilen auf den Höhen. 1998 wurde der neue Ostbahnhof vollendet (Architekt: S. Calatrava). - Lissabon war 1994 »Kulturstadt Europas« und Austragungsort der Weltausstellung »EXPO 1998«.
Im Südosten Lissabons liegen, vom Erdbeben 1755 weniger als die Unterstadt betroffen, der älteste Teil der Stadt mit dem Kastell São Jorge (ursprünglich 11. Jahrhundert) und die unterhalb vom Burghügel sich zum Tejo erstreckende Altstadt (Alfama) mit der Kathedrale (Sé Patriarcal, 1147 ff., im 14. Jahrhundert und nach 1755 erneuert; im Inneren romanisch, Chor mit Umgang und Kapellenkranz gotisch; Kreuzgang 14. Jahrhundert), der Igreja da Conceição Velha (Neubau nach 1755 mit Portal des Vorgängerbaus in üppigem Emanuelstil) und der Casa dos Bicos (1522 erbaut; Fassade mit Diamantquadern; obere Stockwerke 1755 zerstört). Im Norden der Altstadt die Graça-Kirche (Neubau nach 1755; zweistöckiger Kreuzgang, Ende des 16. Jahrhunderts). Östlich vom Kastell die Kirche São Vicente de Fora (begonnen 1590 nach dem Grundriss der Kirche Il Gesù in Rom, nach 1755 restauriert; in den beiden Kreuzgängen Azulejos, u. a. mit Illustrationen zu Fabeln von La Fontaine, 18. Jahrhundert) und das Pantheon (um 1680 als Kreuzkuppelkirche begonnen, Kuppel erst 1967 vollendet; mit Kenotaphen und Grabmälern). Im Zentrum der Stadt die einschiffige Kirche São Roque (1566-96) mit prachtvoller Innenausstattung (v. a. die Kapelle Johannes' des Täufers, die von italienischen Künstlern in Rom geschaffen wurde und 1748 in Lissabon aufgestellt wurde). Nach der Erdbebenkatastrophe von 1755 wurde die Unterstadt (Cidade Baixa) im Rechteckschema aufgebaut; im Süden wird sie durch die Praça do Comércio, einen auf drei Seiten mit Arkaden umrahmten Platz, der sich zum Tejo öffnet, im Norden durch die Praça Dom Pedro IV (meist Rossio genannt) mit Theater in klassizistischem Stil (1842-46) abgeschlossen; am Westrand dieses Stadtteils, v. a. aber im anschließenden Viertel Chiado, vernichtete 1988 ein Großbrand wertvolle Bausubstanz (Wiederaufbau u. a. durch Alvaro Siza). Anschließend an diesen Bezirk wurden seit 1822 Prachtstraßen (Avenida da Liberdade, 1,5 km lang, 90 m breit), Park- und Platzanlagen (Praça Marquês de Pombal, Praça dos Restauradores u. a.) angelegt. Ein Wahrzeichen Lissabons ist der von G. Eiffel erbaute, mit neugotischem Maßwerk geschmückte turmartige Aufzug (Elevador), der die Unterstadt mit dem höher gelegenen Zentrum verbindet. Im Westen der Stadt liegt die Basílica da Estrela (1779-90, nach dem Vorbild der Klosterkirche in Mafra), die Wallfahrtskapelle Santo Amaro (1549 ff., einziger Frührenaissancebau in Lissabon, mit Azulejos ausgestattet), das Parlamentsgebäude (ursprünglich Kloster São Bento, 1598 erbaut) sowie das Stadtviertel Belém und der Ajuda-Palast (1802 begonnen). Im Osten von Lissabon befindet sich die Muttergotteskirche (Madre de Deus; ursprünglicher Bau 1509, nach 1755 wieder aufgebaut; kleiner Kreuzgang im Emanuelstil). - 14 km nordwestlich von Lissabon liegt das ehemalige königliche Sommerschloss Queluz.
Das bedeutendste Museum ist das Museu Nacional de Arte Antiga mit Skulpturen, Glas-, Keramik-, Möbel-, Goldschmiedekunst und v. a. Gemäldegalerie (alle Epochen europäischer Malerei, besonders Werke von N. Gonçalves). Einen Überblick über alle Epochen der Kunstgeschichte bietet das Museu Calouste Gulbenkian. Moderne und zeitgenössische portugiesische Kunst (19. und 20. Jahrhundert) im nach dem Brand von 1988 unter dem Namen »Museu Chiado« 1994 wieder eröffneten Museu Nacional de Arte Contemporânea; Museu Arqueológico in der ehemaligen Carmo-Kirche (1755 teilweise zerstört); Museu Nacional de Arqueológico e Etnologia; Museu de Arte Sacra (sakrale Kunst aus dem Kirchenschatz von São Roque und der 1755 zerstörten Misericórdia-Kirche); Handschriftensammlung (u. a. illuminierte Mainzer Bibel des 13. Jahrhunderts) in der Nationalbibliothek; Museu »Arpád Szenes-Vieira da Silva« (1994 eröffnet); stadtgeschichtliche sowie weitere ethnologische und ethnographische Museen.
An der Stelle oder in der Nähe des heutigen Lissabon soll sich der phönikische und karthagische Handeslplatz Alis Ubbo (»liebliche Bucht«) befunden haben, der jedoch bisher archäologisch nicht nachgewiesen werden konnte. Seit 205 v. Chr. unter römischer Herrschaft, hieß die Stadt, ein Mittelpunkt der iberischen Lusitaner, Olisịpo (auch Olisịppo, Olissịpo), zu Zeiten Caesars Felicitas Iulia; sie war Hauptort der Provinz Lusitania. Im 5. Jahrhundert stand die Stadt unter der Herrschaft von Alanen und Sweben, 585 wurde sie von den Westgoten erobert, die ihr den Namen Ulixịppona gaben und die erste Stadtmauer bauten, nach 713 von den Arabern, deren vierhundertjährige Herrschaft eine Blütezeit war. Der erste portugiesische König, Alfons I., eroberte 1147 mithilfe einer Kreuzfahrerflotte die Stadt, die nun Lixboa (Lisboa) hieß; Alfons III. machte sie 1260 zur Residenz. 1373-75 ließ Ferdinand I. eine neue Stadtmauer bauen. Als Hauptstadt und wichtigster Hafen Portugals wurde Lissabon gegen Ende des 15./Anfang des 16. Jahrhunderts, zur Zeit der portugiesischen Expansion, eine der reichsten und prächtigsten Städte Europas, deren Handelsbeziehungen nach Westafrika, Süd- und Südostasien sowie Brasilien reichten. Unter spanischer Herrschaft (1580-1620) leitete der nachlassende handelspolitische Einfluss Portugals den Niedergang der Stadt ein. Das Erdbeben vom 1. 11. 1755 zerstörte, zusammen mit Flutwellen des Tejo und Bränden, einen großen Teil der Stadt und brachte Zehntausenden von Einwohnern den Tod (Wiederaufbau unter Premierminister de Pombal). Die französische Besetzung 1807 hatte bis 1820 die Verlegung der Residenz nach Rio de Janeiro zur Folge.
T. D. Kendrick: Lisbon earthquake (London 1956);
W. Wöll: Die Slums von L. (1978);
J. Beck: L. u. Umgebung (1996).
2) Distrikt in Portugal, das Gebiet nördlich und westlich der Hauptstadt, 2 761 km2, 2,048 Mio. Einwohner.
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Lịs|sa|bon [auch: ...'bɔn]: Hauptstadt von Portugal.
Universal-Lexikon. 2012.