Akademik

Bernhard
I
Bẹrnhard
 
[aus althochdeutsch bero »Bär« und hart »stark«], Herrscher:
 
 Baden:  
 1) Bẹrnhard I., Markgraf (seit 1372), * 1364, ✝ 5. 5. 1431; schloss 1380 mit seinem Bruder Rudolf VII. einen Hausvertrag, wonach die Markgrafschaft bei männlicher Nachfolge in nicht mehr als zwei Teile geteilt werden durfte und beim Aussterben einer Linie der anderen die Nachfolge gesichert wurde; gilt deshalb sowie durch die Erweiterung seines Territoriums, das er durch straffe Finanz- und Verwaltungspolitik konsolidierte, als der eigentliche Begründer des badischen Territorialstaats.
 
 Fränkisches Reich:  
 2) Bẹrnhard, König des karolingischen Unterkönigreichs Italien (seit 813), * wohl 797, ✝ 17. 4. 818, Enkel Karls des Großen; wurde auf dem Aachener Reichstag 813 als Nachfolger seines Vaters Pippin (✝ 810) zum König in Italien (»Rex Langobardorum«) eingesetzt; empörte sich 817 gegen seinen Onkel, Kaiser Ludwig den Frommen, und wurde deshalb zum Tode verurteilt; zur Blendung begnadigt, starb er an deren Folgen.
 
 Niederlande:  
 3) Bẹrnhard, Prinz der Niederlande (seit 1937), * Jena 29. 6. 1911; aus dem Haus Lippe-Biesterfeld, heiratete 1937 die niederländische Kronprinzessin Juliana (1948-80 Königin der Niederlande); ging während des Zweiten Weltkriegs 1940 ins Exil und trat in Großbritannien in die Royal Air Force ein; 1944/45 führte er den Oberbefehl über die niederländischen Streitkräfte und nahm an der Offensive der Alliierten zur Befreiung seines Landes teil. Bernhard übte nach seiner Rückkehr zahlreiche Ehrenämter und Funktionen aus (u. a. 1961-77 Präsident des »World Wildlife Fund«). 1970-76 war er Generalinspekteur der Streitkräfte. 1976 trat er im Zusammenhang mit der Lockheed-Affäre von den meisten seiner Ämter zurück.
 
 Sachsen:  
 4) Bẹrnhard, als Bernhard III. Graf von Askanien (Aschersleben), * um 1140, ✝ Bernburg (Saale) (9.) Februar 1212 (?), zweiter Sohn Albrechts des Bären; erbte 1170 die askanische Stammlande und erhielt 1180 nach dem Sturz Heinrichs des Löwen den Ostteil des bisher welfischen Herzogtums Sachsen als Herzog; deshalb Stammvater der askanischen Herzöge von Sachsen, aber auch der Fürsten von Anhalt (nannte sich als erster »Graf von Anhalt«).
 
Literatur:
 
P. Marcus: Herzog B. von Anhalt (um 1140 bis 1212) u. die frühen Askanier in Sachsen u. im Reich (1993).
 
 Sachsen-Weimar:  
 5) Bẹrnhard, Herzog, protestantischer Feldherr des Dreißigjährigen Krieges, * Weimar 16. 8. 1604, ✝ Neuenburg am Rhein 18. 7. 1639, Ernestiner, Urenkel von Kurfürst Johann Friedrich I. von Sachsen; erhielt eine tief religiöse, lutherisch geprägte Bildung, kämpfte zunächst in pfälzisch-badischen, später in dänischen Diensten, seit 1631 (seit April 1632 General) aufseiten der Schweden unter König Gustav II. Adolf. In der Schlacht von Lützen (16. 11. 1632) übernahm er nach dessen Tode das Kommando; 1633 erhielt er neben Graf G. Horn den Oberbefehl in Süd-Deutschland und das Herzogtum Franken (die Bistümer Würzburg und Bamberg) als schwedisches Lehen. Durch seine ungestüme Eigenwilligkeit erlitt er bei Nördlingen (5./6. 9. 1634) eine schwere Niederlage, durch die er Franken verlor. Darauf schloss Bernhard mit Richelieu am 27. 10. 1635 den Vertrag von Saint-Germain-en-Laye und trat in französischen Dienste mit der Anwartschaft auf die Landgrafschaft Elsass und die Landvogtei Hagenau. Er kämpfte in Lothringen erfolgreich gegen die Kaiserlichen; 1638 nahm er Breisach (17. 11.). Inmitten neuer Kriegsvorbereitungen gegen Bayern und Österreich starb er an Pocken. Bernhards Armee und seine Eroberungen gewann Richelieu für Frankreich.
 
Literatur:
 
G. Droysen: B. von Weimar, 2 Bde. (1885);
 C. Deinert: Die schwed. Epoche in Franken (Diss. Würzburg 1966).
 
 Septimanien:  
 6) Bẹrnhard I., Markgraf von Gothien-Septimanien, ✝ 844, Sohn des Grafen Wilhelm von Toulouse; wurde 829 auf Betreiben der Kaiserin Judith von Ludwig dem Frommen als Schatzmeister des Reichs an den fränkischen Hof berufen, aber schon 830 gestürzt (des Ehebruchs mit Judith bezichtigt). Während der späteren Bürgerkriege suchte er sich ein eigenes Reich in Südfrankreich zu schaffen. 844 ließ ihn Karl der Kahle hinrichten.
II
Bẹrnhard,
 
1) Christoph, Komponist, * Kolberg 1. 1. 1628, ✝ Dresden 14. 11. 1692; Schüler von H. Schütz, seit 1655 Vizekapellmeister der Dresdner Hofkapelle, 1664-74 Kantor an der Jacobikirche in Hamburg, dann am Dresdner Hof wieder Vizekapellmeister, 1681-88 Kapellmeister. Sein kompositorisches Schaffen (geistliche Konzerte, Kantaten, Motetten, Ballett »Die sieben Planeten«, 1678) ist von Schütz und G. Carissimi beeinflusst. Bernhards theoretische Schriften gehören zu den bedeutenden Quellen für die Kontrapunkt- und die musikalische Figurenlehre des deutschen Barock.
 
Literatur:
 
F. Fiebig: C. B. u. der stile moderno. Unters. zu Leben u. Werk (1980).
 
 2) Franz, Bildhauer und Zeichner, * Neuhäuser (heute Nové Chalupy, Südböhmisches Gebiet) 17. 1. 1934; lebt seit 1946 in Deutschland, studierte 1959-66 an der Kunstakademie in Karlsruhe bei W. Loth. Bernhard abstrahiert in seinen Werken die menschliche Gestalt zu »anthropomorphen Zeichen«. Mitte der 60er-Jahre entwickelte er kombinierte Holz-Eisen-Objekte, bei denen das Holz oft den Raumkörper bildet, während das Eisen als Bindeglied fungiert. Er schuf auch zahlreiche Zeichnungen, zum Teil Entwürfe zu seinen plastischen Arbeiten.
 
 3) Georg, Pseudonyme Grạcchus, Plutus, Publizist, * Berlin 20. 10. 1875, ✝ New York 10. 2. 1944; war 1904-25 Herausgeber der Wirtschaftszeitschrift »Plutus«, 1914-30 Chefredakteur der »Vossischen Zeitung«, 1928-30 Mitglied des Reichstags (Deutsche Demokratische Partei), emigrierte 1933 nach Paris, 1941 nach New York, Gründer und Herausgeber des »Pariser Tageblatt/Tageszeitung« (1933-37).
 
 4) Thomas, österreichischer Schriftsteller, * Heerlen (Niederlande) 9. 2. 1931, ✝ Gmunden 12. 2. 1989; studierte 1952-57 am Mozarteum Salzburg; schrieb gleichzeitig Gerichtsreportagen, Literatur- und Theaterkritiken, Lyrik, dann eigenwillige Erzählprosa. Bernhard stellte in seinen Werken den Menschen als unter dem Gesetz von Krankheit und Tod stehend dar. Im Mittelpunkt stehen seit dem Roman »Frost« (1963) Figuren von wahnhafter Monomanie, deren Leben häufig auf Selbstmord oder, im Streben nach einem Absoluten (der Kunst, der Erkenntnis), auf ein totales Scheitern zuläuft, so auch in den Romanen »Verstörung« (1967), »Das Kalkwerk« (1970), »Korrektur« (1975). Die Brüchigkeit des Gesellschaftszustandes wird in Symbolen erfasst. Bernhard entwickelte einen eigenen Stil, der besonders mit Wiederholungen und mit indirekter Wiedergabe der - meist monologischen - Rede arbeitet. Von 1970 an schrieb er vorwiegend Dramen, teils mit tragikomischen Zügen, in denen die Thematik der erzählerischen Werke variiert wird. Die autobiographischen Schriften und die späteren, gattungsmäßig schwer einzuordnenden größeren Prosatexte (manche zum Teil ebenfalls mit autobiographischen Elementen) zeigen mitunter eine stärkere Wendung zum Kommunikativen, die über die Selbstbezogenheit der Hauptfiguren in früheren Werken hinausgeht. In den letzten Werken rechnete er in zunehmender Schärfe mit dem österreichischen Kulturbetrieb, mit der Geschichte und der Vergangenheitsbewältigung seines Heimatlandes ab (Romane »Holzfällen. Eine Erregung«, 1984; »Auslöschung«, 1986; Drama »Heldenplatz«, 1988). - Bernhard erhielt u. a. 1968 den österreichischen Staatspreis, 1970 den Georg-Büchner-Preis.
 
 
Weitere Werke: Lyrik: Auf der Erde und in der Hölle (1957); In hora mortis (1958); Unter dem Eisen des Mondes (1958); Die Rosen der Einöde (1959); Ave Vergil (1981).
 
Erzählungen, kurze Prosa, größere fiktive Prosa: Amras (1964); Prosa (1967); Ungenach (1968); An der Baumgrenze (1969); Watten (1969); Ereignisse (1969); Midland in Stilfs (1971); Gehen (1971); Der Italiener (1971); Der Kulterer (1976); Der Stimmenimitator (1978); Ja (1978); Die Billigesser (1980); Beton (1982); Wittgensteins Neffe (1982); Der Untergeher (1983); Alte Meister. Komödie (1985).
 
Dramen: Ein Fest für Boris (1970); Der Ignorant und der Wahnsinnige (1972); Die Jagdgesellschaft (1973); Die Macht der Gewohnheit (1974); Der Präsident (1975); Minetti (1977); Immanuel Kant (1978); Der Weltverbesserer (1979); Vor dem Ruhestand (1979); Über allen Gipfeln ist Ruh (1981); Am Ziel (1981); Der Schein trügt (1984); Ritter, Dene, Voss (1984); Der Theatermacher (1984); Einfach kompliziert (1986).
 
Autobiographisches: Die Ursache (1975); Der Keller (1976); Der Atem (1978); Die Kälte (1981); Ein Kind (1982).
 
Literatur:
 
H. Gamper: T. B. (1977);
 
B., hg. v. M. Jurgensen (1981);
 
In Sachen T. B., hg. v. K. Bartsch u. a. (21984);
 N. J. Meyerhofer: T. B. (1985);
 B. Sorg: T. B. (21992);
 M. Reich-Ranicki: T. B. (Neuausg. 1993);
 H. Höller: T. B. (18.-25. Tsd. 1994).

Universal-Lexikon. 2012.