Wạll|fahrt 〈f. 20〉 Pilgerfahrt, Fahrt, (meist) Fußreise zu einem religiös bedeutsamen Ort; Sy 〈veraltet〉 Betfahrt [<wallen2 + Fahrt]
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Wạll|fahrt, die [mhd. wallevart]:
aus verschiedenen religiösen Motiven (z. B. Buße, Suche nach Heilung) unternommene Fahrt, Wanderung zu einem Wallfahrtsort, einer heiligen Stätte.
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Wallfahrt
[mittelhochdeutsch wal(le)vart, zu althochdeutsch wal(l)on »umherziehen«, »wandern«], Pilgerfahrt, religiös motivierte Fahrt oder Wanderung zu einer heiligen Stätte; in den meisten Religionen verbreitet; bei den Wallfahrern (Pilgern) in der Regel mit der Vorstellung verbunden, am Wallfahrtsort Gott besonders nahe zu sein, und verknüpft mit der Erwartung, dort Stärkung des persönlichen Glaubens, Gewinn religiöser Erkenntnis, Heilung von Krankheiten und Hilfe in persönlichen Notlagen zu erlangen. Für die Gläubigen wichtige Wallfahrtsmotive sind die Danksagung für eine empfangene Wohltat (zum Teil verbunden mit dem Darbringen von Votiven) und das Erleben der religiösen Gemeinschaft in den für die Geschichte der eigenen Religion bedeutendsten Orten (z. B. Mekka im Islam, Jerusalem im Judentum, Rom im Christentum). Die Entdeckung der heiligen Stätten Palästinas und die Bewunderung für die Wüstenmönche führten im 4. Jahrhundert zur christlichen Wallfahrt, deren Ziele die Stätten der biblischen Offenbarung und des Erdenlebens Jesu waren. Mit der Entfaltung der Heiligen- und Reliquienverehrung weitete sich das Wallfahrtswesen im Mittelalter aus. Wallfahrtsziele wurden die Gräber der Heiligen und die Aufbewahrungsorte von Reliquien, später auch Orte von Heiligen- und Marienerscheinungen. Die mittelalterlichen Pilgerstraßen (z. B. der Jakobsweg) führten durch ganz Europa; als Andenken an die Wallfahrt dienten die verschiedenen Pilgerzeichen. Das plastische Gnadenbild begegnet im Zusammenhang mit den Wallfahrten erst im Spätmittelalter; in nachmittelalterlicher Zeit herrschten Marienverehrung und christozentrische Frömmigkeit in den Gnadenbildkulten vor. Seit dem 19. Jahrhundert erlangten Wallfahrten zu den Orten von Marienerscheinungen große Bedeutung; Sekundärwallfahrten entstehen durch Devotionalkopien (Loretokapellen, Lourdesgrotten, Gnadenbildnachbildungen). Seit der Gegenreformation und auch nach dem Zweiten Weltkrieg erlangten einzelne Wallfahrten, besonders Marienwallfahrten, gleichsam den Rang von »Nationalkulten« (z. B. Altötting für Altbayern, Einsiedeln für die Schweiz, Mariazell für Österreich, Tschenstochau für Polen, Guadalupe Hidalgo für Mexiko). Die äußere Form der Wallfahrt entspricht der der Prozessionen und ist in den Religionen ähnlich: Pilger auf dem Weg zum Wallfahrtsort unter Gebet, oft verbunden mit besonderen Bußleistungen und liturgischen Übungen (Gottesdienst, Predigt, Sakramentenempfang u. a.). - Wichtige Wallfahrtsorte im außerchristlichen Bereich sind: im Islam neben Mekka und Medina, Kerbela und Nedjef (für die Schiiten); im Hinduismus Varanasi (Benares); im Buddhismus Kandy.
B. Kötting: Peregrinatio religiosa. W. in der Antike u. das Pilgerwesen in der alten Kirche (1950, Nachdr. 1980);
R. Kriss: W.-Orte Europas (1950);
R. Kriss: Die Volkskunde der altbayer. Gnadenstätten, 3 Bde. (1953-56);
G. Gugitz: Österreichs Gnadenstätten in Kult u. Brauch, 5 Bde. (Wien 1955-58);
W. Brückner: Zur Phänomenologie u. Nomenklatur des W.-Wesens u. seiner Erforschung, in: Volkskultur u. Gesch., hg. v. D. Harmening u. a. (1970);
B. von Breydenbach: Die Reise ins Hl. Land. Ein Reisebericht aus dem Jahre 1483 (a. d. Lat., 1977);
W. - Tradition u. Mode. Empir. Unterss. zur Aktualität von Volksfrömmigkeit, hg. v. M. Scharfe u. a. (1985);
N. Foster: Auf den Spuren der Pilger. Die großen W. im MA. (a. d. Engl., Neuausg. 1990);
Die dt. W.-Orte. Ein Kunst- u. Kulturführer zu über 1000 Gnadenstätten, hg. v. S. Hansen (21991);
F. J. Brems: Marienwallfahrtsorte in Europa (1994);
N. C. Brockman: Encyclopedia of sacred places (Santa Barbara, Calif., 1997).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Pilgerwesen: Die Anziehungskraft von Wallfahrtsorten
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Wạll|fahrt, die [mhd. wallevart]: aus verschiedenen religiösen Motiven (z. B. Buße, Suche nach Heilung) unternommene Fahrt, Wanderung zu einem Wallfahrtsort, einer heiligen Stätte: Ü Am Eröffnungstag der Bayreuther Festspiele galt die W. der ... Wagner-Gemeinde zum grünen Hügel einer Wiederaufnahme ... (Basler Zeitung 27. 7. 84, 29).
Universal-Lexikon. 2012.