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Metrik
Maße

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Me|trik 〈f. 20; unz.〉
1. Lehre vom Vers u. den Versmaßen, kunstgerechter Gebrauch der Versmaße
2. 〈Mus.〉 Lehre vom Takt
[<lat. (ars) metrica, <grch. metrike (techne) „Verskunst“]
Die Buchstabenfolge me|tr... kann in Fremdwörtern auch met|r... getrennt werden.

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Me|t|rik, die; -, -en [lat. (ars) metrica < griech. metrike̅̓ (téchnē), zu: metrikós, metrisch]:
1. (Verslehre)
a) Lehre von den Gesetzmäßigkeiten des Versbaus u. den Versmaßen; Verslehre;
b) die Metrik (1 a) darstellendes Werk.
2. (Musik) Lehre vom Takt u. von der Taktbetonung.

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Metrik
 
[griechisch metrike̅́ (téchnē) »Kunst des Messens«, zu métron »Maß«] die, -,  
 1) Literatur: Verslehre, systematische und historische Erfassung der ästhetisch relevanten Regeln der Verssprache der gebundenen Rede, sowohl von rhetorisch-stilistischen Einzelmomenten des Verses, wie Lautwiederholungen (u. a. Alliteration, Reim), als auch v. a. von quantitativ und eventuell von qualitativ geordneten Silbenabfolgen (Metrik im engeren Sinn; Metrum) oder von nicht durch ein bestimmtes Metrum geordneten Versen (freie, eigenrhythmische Verse). Metrische Grundeinheiten sind der Versfuß sowie der Vers als rhythmisches Ganzes; dieser kann Teil einer ungegliederten Folge formal gleicher Verse sein (stichisch) oder Teil einer größeren Einheit, bestehend aus einer bestimmten Anzahl gleicher oder in der Abfolge geregelter ungleicher Verse (Strophe). Baustein des Verses ist die Silbe. Man unterscheidet u. a. rein silbenzählende Verse, die nur die Anzahl der Silben pro Vers festlegen (z. B. beim Alexandriner), von solchen, die darüber hinaus nach Dauer (quantitierendes Versprinzip, z. B. in der griechischen und lateinischen Metrik) oder dynamischem Akzent (akzentuierendes Versprinzip, z. B. in der deutschen Metrik) zwei Silbenklassen (lang - kurz, betont - unbetont) kennen und deren Abfolge regeln. Der Vers kann entweder eine feste, nicht weiter gegliederte Silbenstruktur haben oder durch feste Zäsuren unterteilt und in kleinere Einheiten (Metren) zerlegbar sein. Durch fixierte Klangwiederholungen (Alliteration, Binnenreim) können bestimmte Silben hervorgehoben und der Vers weiter strukturiert werden.
 
 Quantitierende Metrik
 
In der griechischen Metrik werden als Elemente des Metrums Longum (Platz einer Länge, —), Breve (Platz einer Kürze, ∪) sowie Anceps (x) unterschieden, das sowohl durch eine lange als eine kurze Silbe gefüllt werden kann. Anceps ist stets das letzte Element einer Periode (danach ist Hiat zulässig). Die Longa sind häufig in zwei Brevia zerlegbar (∪̅ ̅∪̅). Die Abfolge Muta cum liquida kann in verschiedenen Gattungen (und auch innerhalb des Epos) verschieden gemessen werden (das Wort patres ∪—oder — —).
 
In den Sprechversen und in vielen lyrischen Versen wiederholen sich bestimmte Elementargruppen (Metra, Versfüße), vor allem Jambus (∪—∪—), Trochäus (—∪—∪), Anapäst (∪∪—), Daktylus (—∪∪), Kretikus (—∪—), Ionicus (∪∪——), Choriambus (—∪∪—), Baccheus (∪——); bei Daktylus und Baccheus sind die Longa nicht teilbar. Drei jambische Metra ergeben z. B. die Periode des jambischen Trimeters. In den Perioden wird das letzte Metrum meist verkürzt (Katalexe). Außerdem werden die Wortschlüsse in den Versen reguliert (Diärese, Zäsur).
 
In manchen Singversen, die man früher als »logaödische Verse« zusammenfasste, lassen sich keine Metra abteilen. Die Perioden wiederholen sich fortlaufend (stichisch; z. B. im Epos) oder abwechselnd (z. B. im elegischen Distichon), oder es verbinden sich verschiedene Verse zur Strophe (sapphische, alkäische, asklepiad. Strophe).
 
Der Ursprung der griechischen Metrik, die keine Verwandtschaft mit der Metrik der übrigen indogermanischen Sprachen aufweist, ist ungeklärt. Der Hexameter trat im 8. Jahrhundert v. Chr. völlig durchgebildet in Erscheinung; die übrigen Formen entstanden im 7. und 6. Jahrhundert v. Chr.; mit dem 4. vorchristlichen Jahrhundert war die Ausbildung der metrischen Formen abgeschlossen.
 
Die lateinische Metrik ist - abgesehen vom saturnischen Vers - eine Nachahmung der griechischen Metrik. Das gilt auch für die Prosodie, die sich lediglich durch die mögliche Elision langer Schlussvokale von der griechischen unterscheidet. Tief greifende Unterschiede gegenüber der griechischen Versbildung zeigen die Dramatiker der republikanischen Zeit (Plautus) durch die Teilung bisher unteilbarer Longa, Verwendung von Anceps statt Breve u. a. Im Hexameter werden die Zäsuren anfangs freier (seit Vergil wieder streng) gehandhabt, jedoch liegen sie zum Teil an anderen Versstellen. Horaz ersetzt in seinen lyrischen Strophen Anceps durch Longum und nimmt eine sehr strenge Regelung der Zäsuren vor. Die Strophik der griechischen Chorlyrik wurde nicht übernommen.
 
 Akzentuierende und alternierende Metrik
 
In der deutschen Metrik erfolgt mit Beginn des 20. Jahrhunderts und v. a. mit den Arbeiten von A. Heusler, E. Sievers und F. Saran durch die Abkehr von größtenteils aus der antiken oder der romanischen Metrik stammenden Theorien eine neue Charakterisierung des deutschen Verses: Man beschreibt den Vers nicht mehr nach dem Druckbild (silbenmessend = quantitierend, silbenzählend = alternierend), sondern nach dem Klang (silbenwägend = akzentuierend). Damit bezeichnet der Begriff Metrik nicht mehr den gesamten Umfang der Verslehre, sondern die Lehre von den schematischen Ordnungen des deutschen Verses. Die freien Rhythmen, bei denen es keine metrische Grundlage gibt, können von der Metrik nur negativ bestimmt werden. Gegenüber der antiken Metrik erweitert sich das Gebiet der deutschen Metrik um Aussagen über die Schemata der Stellung des Reims.
 
Die deutsche Verszeile wird dem Wesen des akzentuierenden Grundsatzes gemäß zunächst durch die Zahl der Hebungen bestimmt: ein Vers ist zwei-, drei-, vierhebig usw. (als beschwerte Hebung wird die einen ganzen Takt füllende einsilbige Hebung bezeichnet). Die nächste Bestimmung gilt der Art, wie die Senkungen gefüllt sind: regelmäßig einsilbig (jambisch: x x́ x x́ x x́; trochäisch: x́ x x́ x x́ x); regelmäßig zweisilbig (daktylisch: x́ x x x́ x x; anapästisch: x x x́ x x x́). Die Verwendung der antiken Bezeichnungen erübrigt sich, wenn man bei der Bestimmung die Frage nach der Silbenzahl des Auftakts beantwortet. Die Zeile:
 
»Und hat er die Stadt sich als Wandrer betrachtet«
 
wäre zu bestimmen als: vierhebig, regelmäßig zweisilbige Senkung mit einsilbigem Auftakt. Die Füllung ist frei, wenn die Zahl der in der Senkung stehenden Silben nicht festgelegt ist. Meist (z. B. in der Volksliedzeile) handelt es sich nur um die Freiheit zwischen ein- und zweisilbiger Senkung (und fehlendem und ein- oder zweisilbigem Auftakt). Die Zeile:
 
»Es war ein König in Thule«
 
ist metrisch bestimmt als: dreihebig mit freier Füllung und Auftakt. - Bei der Nachbildung antiker Versschemata sind die metrischen Prinzipien entsprechend dem antiken Vorbild festgelegt (z. B. beim Hexameter in der deutschen Dichtung). Die Strophe wird durch Angabe der Zeilenzahl bestimmt, gegebenenfalls durch Angabe der Untergliederung (Aufgesang, Abgesang, Stollen), weiterhin durch Angaben über das Schema des Reims.
 
Literatur:
 
F. Saran: Dt. Verslehre (1907);
 A. Heusler: Dt. Versgesch., 3 Bde. (21956, Nachdr. 1968);
 H.-J. Diller: M. u. Verslehre (1978);
 O. Paul u. I. Glier: Dt. M. (111982);
 B. Snell: Griech. M. (41982);
 H. Drexler: Einf. in die röm. M. (41987);
 D. Korzeniewski: Griech. M. (21989);
 C. Wagenknecht: Dt. M. (31993);
 D. Breuer: Dt. M. u. Versgesch. (31994);
 W. Kayser: Kleine dt. Versschule (251995).
 
 2) Mathematik: Eine Abbildung d : M × M → [0, ∞ [, wobei M eine Menge sein soll, heißt Metrik, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
 
1) d (x, x) = 0 für alle xM,
 
2) d (x, y) = d (y, x) für alle x, yM und
 
3) d (x, y) + d (y, z) ≧ d (x, z ) für alle x, y, zM.
 
Eigenschaft 2) wird als Symmetrie, 3) als Dreiecksungleichung bezeichnet. Die Metrik verallgemeinert Eigenschaften des Abstandes, wie man ihn z. B. aus der Elementargeometrie kennt. Beispiel: Nimmt man für M den ℝn, so definieren die Vorschriften
 
und
 
eine Metrik auf ℝn. Dabei ist x = (x1,. .., xn) und y = (y1,. .., yn). Auf einer Menge kann es somit mehrere Metriken geben (metrischer Raum).
 
 3) Musik: Lehre vom Metrum.
 
 4) Physik: der Zusammenhang zwischen den Abständen je zweier Punkte und deren Koordinaten in einem Raum, besonders in der vierdimensionalen Raum-Zeit. Die Metrik ergibt sich prinzipiell aus der Messung mit realen Normalen (starre Maßstäbe, Uhren, Lichtstrahlen u. a.) oder muss als aus solchen Messungen hervorgegangen gedacht werden. Die Metrik eines Raumes wird durch ein zweidimensionales Schema dargestellt, den zu dem Raum und dem gewählten Koordinatensystem gehörenden metrischen oder Fundamentaltensor, einen Tensor 2. Stufe. Während sich dieser in einem euklidischen Raum bei geeigneter Wahl des Koordinatensystems auf Diagonalform mit konstanten Elementen bringen lässt, ist das im allgemeinen Fall eines gekrümmten, nichteuklidischen Raums nicht möglich.
 
Euklidische Räume sind z. B. die Inertialsysteme der klassischen Physik (der gewöhnliche dreidimensionale Raum) und der speziellen Relativitätstheorie (der Minkowski-Raum). In beschleunigten Bezugssystemen hängt der metrische Tensor immer von den Koordinaten ab, ihre Metrik ist also nichteuklidisch. Weil nach dem einsteinschen Äquivalenzprinzip Beschleunigung und Gravitation äquivalent sind, ist die Metrik in der Raum-Zeit der allgemeinen Relativitätstheorie ebenfalls nichteuklidisch, die Raum-Zeit also ein gekrümmter Raum. Die Metrik der allgemeinen Relativitätstheorie wird durch die Verteilung der Materie beziehungsweise Energie und ihre Bewegung, ausgedrückt durch den Energie-Impuls-Tensor, bestimmt, und die Metrik selbst ist eine Verallgemeinerung des Gravitationspotenzials der newtonschen Gravitationstheorie.
 

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Me|trik, die; -, -en [lat. (ars) metrica < griech. metrike̅́ (téchnē), zu: metrikós, ↑metrisch]: 1. (Verslehre) a) Lehre von den Gesetzmäßigkeiten des Versbaus u. den Versmaßen; Verslehre; b) die ↑Metrik (1 a) darstellendes Werk. 2. (Musik) Lehre vom Takt u. von der Taktbetonung.

Universal-Lexikon. 2012.