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Locke
Haarlocke; Welle; Tolle

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Lo|cke ['lɔkə], die; -, -n:
Büschel von welligem, geringeltem Haar:
eine Locke abschneiden; sie hat schöne Locken; eine Locke fiel ihm in die Stirn.
Zus.: Haarlocke, Ringellocke, Schläfenlocke.

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Lọ|cke1 〈f. 19
1. geringelte Haarsträhne
2. Wollflocke
● sich od. jmdm. \Locken drehen; blonde, schwarze \Locken; natürliche, künstliche \Locken; Haar in \Locken legen; eine \Locke fiel ihr in die Stirn; ihr Haar ringelt sich im Nacken zu \Locken [<ahd. loc, engl. lock, eigtl. „Gebogenes“; zu idg. *lug- „ziehen, biegen, krümmen“; verwandt mit Lauch]
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Lọ|cke2 〈f. 19
1. Pfeife zum Nachahmen der Vogelrufe; Sy Lockpfeife
2. lebender Lockvogel

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1Lọ|cke , die; -, -n [mhd., ahd. loc, urspr. = die Gebogene, Gewundene]:
a) geringeltes Haarbüschel:
eine dunkle L. fiel in ihre Stirn;
-n haben;
sich -n legen lassen;
das Haar in -n legen;
b) (Kürschnerei) geringeltes Haarbüschel im Fell bestimmter Tiere.
2Lọ|cke , die; -, -n [zu 1locken] (Jägerspr.):
a) Instrument zum Nachahmen des Lockrufs;
b) Lockvogel (1).

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Locke
 
[lɔk],
 
 1) John, englischer Philosoph, * Wrington (County Somerset) 29. 8. 1632, ✝ Oates (County Essex) 28. 10. 1704. Durch ein puritanisches Elternhaus und eine humanistische Ausbildung in der Westminster School in London geprägt, wurde Locke 1652 Stipendiat des Christ Church College in Oxford. Er studierte hier die scholastische Philosophie, später Medizin und lehrte als Dozent. Durch den Chemiker R. Boyle und den Mediziner T. Sydenham angeregt, beschäftigte sich Locke mit der neuen experimentellen Naturwissenschaft, stand stets in Kontakt mit führenden Gelehrtenkreisen, bekleidete Ämter in Politik und Verwaltung und betätigte sich als Arzt. Seit 1667 Sekretär und Arzt im Dienst des späteren Lordkanzlers Earl of Shaftesbury, der in zahlreiche politische Intrigen verwickelt war, befand sich 1675-79 in Frankreich, 1683-89 in Holland in politischer Emigration, bis er mit dem Regierungsantritt Wilhelms von Oranien nach England zurückkehren konnte.
 
Locke gilt als Begründer des Empirismus und der Erkenntniskritik der Aufklärung und hatte besonders mit seinem erkenntnistheoretischen Hauptwerk und seinen politischen Schriften einen weit reichenden Einfluss auf die Philosophie des 17.-18. Jahrhunderts (D. Hume, Voltaire, J.-J. Rousseau, I. Kant). Die wichtigsten Schriften mit Ausnahme des Hauptwerks erschienen anonym.
 
In seinem in vier Bücher gegliederten Hauptwerk »An essay concerning humane understanding« (1689; deutsch »Über den menschlichen Verstand«) behandelt Locke die Frage nach »Ursprung, Umfang und Grad der Gewissheit menschlicher Erkenntnis«. Zunächst widerlegt er darin die von R. Descartes u. a. vertretene These, wonach einige Prinzipien (Ideen) dem Menschen ursprünglich eingeboren seien. Die Seele sei zunächst leer wie ein unbeschriebenes Blatt. Denn alle Ideen (»ideas«, das heißt Bewusstseinsinhalte überhaupt; das, womit immer sich der Geist beschäftigen kann) stammen aus der Erfahrung: Die äußere Erfahrung (»sensation«) nimmt die sinnlichen Eindrücke der Körper, die innere Erfahrung (»reflection«) die Eigentätigkeit des Geistes (wie Denken, Zweifeln, Wollen) wahr. Die Erkenntnistheorie hat die Aufgabe zu zeigen, wie der Geist zu komplexer Erkenntnis gelangt. Durch aktive Kombination und Vergleich der einfachen, rein passiv aufgenommenen Ideen (»simple ideas«) gewinnt der Geist zusammengesetzte Ideen (»complex ideas«), die Locke in die Grundkategorien der Substanzideen, der Relationen (Verhältnis von Ideen zueinander) und der Modi (abstrakte Begriffe, z. B. Dreieck, Dankbarkeit) gliedert.
 
Die Existenz realer Dinge in der Außenwelt (das heißt außerhalb unserer Ideen) ist nicht zu beweisen, aber praktisch gewiss, da wir stets zwischen Wahrgenommenem und bloß Vorgestelltem zu unterscheiden wissen. Locke sieht die Grenze des menschlichen Erkenntnisvermögens durch die praktischen Lebensbedürfnisse bestimmt: Mehr als zu deren Befriedigung notwendig, könnten und brauchten die Menschen nicht zu erkennen. Locke geht es bei seinen erkenntnistheoretischen Überlegungen im Unterschied zu Descartes, T. Hobbes, P. Gassendi kaum um Probleme der Naturwissenschaft. Für sie wird er einflussreich durch die Form, die er der bereits Tradition gewordenen atomistischen Annahme gab, nur die primären Qualitäten von Körpern (Ausdehnung, Gestalt, Bewegung) seien real, die sekundären (Farben, Gerüche usw.) dagegen erklärten sich durch die primären Qualitäten unsichtbarer kleiner Körper.
 
Der erste der »Two treatises of government« (1690; deutsch »Über die Regierung«) widerlegt die patriarchale Staatstheorie Sir Robert Filmers vom göttlichen Recht königlicher Herrschaft. In der zweiten Abhandlung erklärt Locke Gleichheit, Freiheit und Recht auf Unverletzlichkeit von Person und Eigentum zu obersten Rechtsgütern, deren Bestand im Naturzustand der Menschheit jedoch nicht garantiert war. Gegen die Gefahr eines allgemeinen »Kriegszustandes« sichern sich die Individuen durch die auf allgemeiner Zustimmung beruhende politische Gemeinschaft mit einem obersten Schiedsrichter - Monarch, Oligarch oder demokratische Vertretung. Locke tritt (vor der Dreiteilung der Staatsgewalt durch Montesquieu) für die Trennung von Legislative und Exekutive ein. Jedes Volk soll die ihm gemäße Regierungsform selbst bestimmen. Anders als bei Hobbes darf es einen das Volk unterdrückenden Tyrannen beseitigen, allerdings nur im Vertrauen auf Rechtfertigung durch einen »himmlischen« Richter. In »A letter concerning toleration« (1689; deutsch »Ein Brief über Toleranz«) tritt Locke für die Freiheit aller Glaubensbekenntnisse ein, solange sie diesen liberalen Staat nicht gefährden; Atheisten allerdings werden nicht geduldet, da sie nicht eidesfähig seien und keine höchste richterliche Instanz anerkennen würden.
 
Trotz systematischer Schwächen hat Lockes Staatstheorie das Bild des bürgerlich-liberalen Verfassungsstaates entscheidend mitgeprägt. Sowohl die amerikanische Unabhängigkeitserklärung von 1776 wie der französische Verfassungsentwurf von 1791 lehnen sich bis in die Formulierungen an Locke an, und noch im Grundrechtsteil des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland von 1949 ist sein Einfluss spürbar. Lockes Entscheidung für die Gewichtung von individueller Freiheit und kollektiver Gleichheit bestimmt bis heute den Demokratiebegriff des repräsentativen Parlamentarismus. - In entsprechender Weise tritt Locke in seinem Werk »Some thoughts concerning education« (1693; deutsch u. a. als »Gedanken über Erziehung«) für eine Erziehung ein, die nicht gewaltsam nach Prinzipien zwingt, sondern die freie Entwicklung und Ausbildung der Persönlichkeit fördert. - Liberaler Geist und der Primat der Vernunft kennzeichnen Lockes religionsphilosophisches Werk (»The reasonableness of christianity«, 1695; deutsch »Vernünftigkeit des biblischen Christentums«). Die christlichen Glaubensinhalte und die Offenbarung stimmen nach Locke grundsätzlich mit den Einsichten der Vernunft überein.
 
Weitere Werke: Essays on the law of nature (1676); Farther considerations concerning raising the value of money (1695); A treatise on the conduct of the understanding (herausgegeben 1706; deutsch Über den richtigen Gebrauch des Verstandes).
 
Ausgaben: The works, 10 Bände (1823, Nachdruck 1963); The Clarendon edition of the works of J. Locke, herausgegeben von J. W. Yolton und anderen, auf 30 Bände berechnet (1975 folgende).
 
Bürgerliche Gesellschaft und Staatsgewalt. Sozialphilosophische Schriften (Neuausgabe 1986).
 
Literatur:
 
E. Crous: Die religionsphilosoph. Lehren L.s u. ihre Stellung zu dem Deismus seiner Zeit (1910, Nachdr. 1980);
 
J. L. Problems and perspectives. A collection of new essays, hg. v. J. W. Yolton (Cambridge 1969);
 J. W. Yolton: L. An introduction (Oxford 1985);
 J. W. Yolton: A L. dictionary (ebd. 1993);
 F. Duchesneau: L'empirisme de J. L. (Den Haag 1973);
 W. Baumgartner: Naturrecht u. Toleranz. Unters. zur Erkenntnistheorie u. polit. Philosophie bei J. L. (1979);
 
J. L. Symposium Wolfenbüttel 1979, hg. v. R. Brandt (1981);
 J. Colman: J. L.'s moral philosophy (Edinburgh 1983);
 M. Cranston: J. L. A biography (Neuausg. London 1985);
 R. Specht: J. L. (1989);
 U. Thiel: J. L. (1990);
 Rolf Meyer: Eigentum, Repräsentation u. Gewaltenteilung in der polit. Theorie von J. L. (1991);
 F. Hugelmann: Die Anfänge des engl. Liberalismus. J. L. u. der first Earl of Shaftesbury (1992);
 W. Euchner: J. L. zur Einführung (1996).
 
 2) Matthew, auch M. Lọck, englischer Komponist, * Exeter um 1630, ✝ London August 1677; war Sänger im Chor der Kathedrale in Exeter und hielt sich ab 1648 in den Niederlanden auf; seit 1651 in London, wurde er 1661 Hofkomponist König Karls II., später Organist der Königin. Er schrieb u. a. Kirchenmusik und die Generalbasslehre »Melothesia« (1673). Mit seinen Schauspielmusiken war er ein Vorläufer H. Purcells, bedeutsam für die Frühgeschichte der englischen Oper.
 
Literatur:
 
R. E. M. Harding: A thematic catalogue of the works of M. L. (Oxford 1971).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Machiavelli, Hobbes und Locke: Politik und Menschenbild
 

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1Lọ|cke, die; -, -n [mhd., ahd. loc, urspr. = die Gebogene, Gewundene]: a) geringeltes Haarbüschel: Eine L., die dunkel in ihre Stirn und über die Augenbraue fiel (Zuckmayer, Herr 15); -n haben; sich -n legen lassen; das Haar in -n legen; Es (= das Haar)... ringelte sich in natürlichen -n um ihr kapriziöses Gesichtchen (Bernstorff, Leute 21); b) (Kürschnerhandwerk) geringeltes Haarbüschel im Fell bestimmter Tiere: Persianermantel ... eine tief glänzende L. (MM 3. 10. 68, 27); liebster Pelz ist immer noch der Persianer, wobei jetzt eine Neuzüchtung ... mit sensationell flachen -n ... sich immer mehr durchsetzt (MM 5. 7. 69, 57).
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2Lo|cke, die; -, -n [zu 1locken] (Jägerspr.): a) Instrument zum Nachahmen des Lockrufs; b) Lockvogel (1).

Universal-Lexikon. 2012.