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Temperaturregulation
Temperatur|regulation,
 
Thẹrmo|regulation, Wärme|regulation, allgemein die Fähigkeit lebender Organismen, durch Erreichen einer ausgeglichenen Bilanz zwischen Wärmeabgabe und der Summe aus Wärmeaufnahme und Wärmeproduktion die Körpertemperatur auf einem in weiten Grenzen von der Umgebungstemperatur unabhängigen Wert zu halten. Bezüglich der Wärmeproduktion kann unterschieden werden zwischen endothermen Organismen (Säugetiere, Vögel, einige niedere Wirbeltiere und einige Insekten), die selbst Körperwärme produzieren können, und ektothermen Organismen (Pflanzen, die übrigen Tiere), deren Körpertemperatur fast völlig von der Umgebungstemperatur abhängt; dazwischen gibt es Übergangsformen, die zeitlich oder auf bestimmte Körperbereiche begrenzt Stoffwechselwärme produzieren können (heterotherme Organismen). Hauptquelle für die Wärmeaufnahme ist die Sonneneinstrahlung; wesentliche Mechanismen zur Wärmeabgabe sind Abstrahlung, Verdunstung (Transpiration), Konduktion (Wärmeübertragung durch Molekülbewegung) und Konvektion (Wärmeübertragung durch ein strömendes Medium). Nach der Fähigkeit, die Körpertemperatur in engen Grenzen unabhängig von der Außentemperatur regulieren zu können, unterscheidet man Homoiotherme (Vögel, Säugetiere), die dazu befähigt sind, und Poikilotherme (Pflanzen, alle übrigen Tiere), die dies nicht können. Nur die Homoiothermen (die ausnahmslos endotherm sind) verfügen über ein Temperaturregulationszentrum und damit über eine Temperaturregulation.
 
Auch Poikilotherme sind in gewissem Maße zur Temperaturregulation befähigt. Bei streng ektothermen Organismen stehen lediglich spezielle Verhaltensweisen und morphologische Anpassungen zur Verfügung, um Wärmeaufnahme und Wärmeabgabe zu beeinflussen. Bestimmte Pflanzen können z. B. durch Stellung der Blätter den Strahlungseinfall vermindern oder optimieren; bei Tieren besteht v. a. die Möglichkeit, ein der optimalen Körpertemperatur angepasstes Mikroklima aufzusuchen (durch Aufenthalt an sonnigen oder schattigen Plätzen oder auch durch jahreszeitliche Wanderungen, auch durch Einnahme einer bestimmten Körperstellung zur Sonneneinstrahlung). Eine erhöhte Wärmeabgabe kann erreicht werden durch Bespritzen der Körperoberfläche mit Wasser, das auf Kosten der Körperwärme verdunstet, bei manchen Reptilien durch verstärkte Atmung (»Wärmehecheln«), ähnlich dem Hecheln des Hundes. Morphologische Anpassungen sind u. a. Isolationsschichten (Fettgewebe, Haare).
 
Bei den heterothermen Poikilothermen (z. B. einigen Insekten, größeren Fischen) besteht darüber hinaus in gewissen Grenzen die Möglichkeit zur Wärmeproduktion. Dies kann geschehen durch Muskelarbeit, z. B. bei Thunfischen, die ihre Kerntemperatur auf bis zu 12 ºC über die Umgebungstemperatur erhöhen können; der Erhaltung der hohen Kerntemperatur dient ein unter der Haut befindliches Gefäßnetz (Rete), das wie ein Gegenstrom-Hitzeaustauschsystem arbeitet. Manche Insekten (Hummeln, Käfer, Zikaden u. a.) können bei gemäßigten Außentemperaturen durch schnelle Vibration der Flugmuskulatur die zum Flug erforderliche Wärme (etwa 40 ºC) produzieren; diese wird während des Fluges durch die Arbeit der Flugmuskulatur aufrechterhalten. Überhitzung wird vermieden durch Ableitung der Wärme über den Hämolymphstrom ins Abdomen.
 
Die Homoiothermen besitzen eine sehr leistungsfähige und fein abgestimmte Temperaturregulation, die es erlaubt, die Kerntemperatur über autonome Regelvorgänge weitgehend unabhängig von den Änderungen der Umgebungstemperatur konstant zu halten (die Schalentemperatur kann hingegen in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur größere Schwankungen zeigen; Körpertemperatur). Die Funktionsweise ist ähnlich wie bei einem Thermostaten. In der Körperperipherie und im Zentralnervensystem sitzen Thermorezeptoren (Temperatursinn) beziehungsweise temperaturempfindliche Nervenzellen, die wie Messfühler ständig die Gewebetemperatur messen; diese Informationen werden im Hypothalamus verarbeitet, bei Abweichungen werden regulatorische Reaktionen in Gang gesetzt, um die Temperaturabweichungen rückgängig zu machen; die Temperaturregulation kann somit als ein Regelkreis mit negativer Rückkopplung aufgefasst werden.
 
Geringfügige Abweichungen von der Kerntemperatur werden durch Änderungen der Wärmeleitfähigkeit der Haut beantwortet, so z. B. durch vasomotorische (Gefäßerweiterung oder -verengung) und pilomotorische (Anlegen oder Aufstellen von Haaren oder Federn; beim Menschen die Bildung von Gänsehaut) Reaktionen, die relativ wenig Energie verbrauchen. Bei stärkeren Abweichungen kann einer Abkühlung der Kerntemperatur durch erhöhte Stoffwechsel- und/oder Muskeltätigkeit (z. B. Kältezittern) entgegengewirkt werden oder (als Besonderheit v. a. winterschlafender und sehr junger Säugetiere) durch zitterfreie Thermogenese beim oxidativen Abbau braunen Fettgewebes. Eine zu starke Erwärmung zieht eine Steigerung der Transpirationsrate von körpereigener Flüssigkeit nach sich, in den Schleimhäuten durch Hecheln oder vermehrte Speichelsekretion, in der Haut durch Schwitzen. Kältezittern ist sehr energieaufwendig, Transpiration bedeutet eine starke Belastung des Wasserhaushaltes, deshalb sind diese Formen der Temperaturregulation nur über einen begrenzten Zeitraum möglich. Unterstützt werden diese thermoregulatorischen Reaktionen zum einen durch die Organisation venöser und arterieller Blutgefäße in der Haut, die einen Wärmeaustausch nach dem Gegenstromprinzip ermöglichen (v. a. in den Gliedmaßen) und so helfen, bei kühler Umgebung Wärme im Körperinneren zurückzuhalten, bei warmer Umgebung oder starker Muskelarbeit vermehrt Wärme an die Umgebung abzuleiten. Unterstützend wirken auch Verhaltensreaktionen, z. B. das Aufsuchen warmer oder kühler Plätze, Einrollen des Körpers, v. a. bei Jungtieren, enges Zusammenkriechen, weiterhin längerfristige morphologische und physiologische Anpassungen wie die Bildung eines Winterfells oder dichteren Federkleids, Zunahme der Unterhautfettschicht sowie der Winterschlaf, der eine besondere Form langfristiger Anpassung darstellt.
 
Literatur:
 
R. Eckert: Tierphysiologie (a. d. Engl., 21993);
 
Biologie des Menschen, begr. v. K. D. Mörike, Beitrr. v. E. Betz u. a. (141997);
 
Physiologie des Menschen, hg. v. Robert F. Schmidt u. G. Thews (271997).

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Tem|pe|ra|tur|re|gu|la|ti|on, die (Biol.): das Konstanthalten der Körpertemperatur unter wechselnden Umweltbedingungen bei lebenden Organismen.

Universal-Lexikon. 2012.