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Marsch
Sumpfgebiet; Marschland; Polder; Sumpfland; Wanderung; Fußreise; Militärmusik; Marschmusik

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1Marsch [marʃ], der; -[e]s, Märsche ['mɛrʃə]:
1. das Zurücklegen einer längeren Strecke zu Fuß in relativ schnellem Tempo:
nach einem Marsch von zwei Stunden, über 20 Kilometer erreichten wir ein Gasthaus; sie haben einen langen Marsch hinter sich.
Syn.: Gang, Tour, Wanderung.
Zus.: Protestmarsch, Schweigemarsch.
2. Musikstück in geradem Takt und im Rhythmus des Marschierens [zur Unterstreichung des Gleichschritts]:
einen Marsch spielen, komponieren.
Zus.: Hochzeitsmarsch, Trauermarsch.
  2Marsch [marʃ], die; -, -en:
flaches Land hinter den Deichen an der Nordseeküste mit sehr fruchtbarem Boden:
die Kühe weiden auf der Marsch.
Zus.: Flussmarsch, Seemarsch.

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Mạrsch1 〈m. 1u
1. Gangart zu Fuß, Gangart einer Truppe
2. langandauerndes Gehen über größere Strecken
3. 〈Mil.〉 Fortbewegung einer Truppe
4. Musikstück in geradem Takt zur Begleitung marschierender Menschengruppen
● einen \Marsch antreten; jmdm. den \Marsch blasen 〈fig.; umg.〉 jmdm. energisch die Meinung sagen; einen (großen) \Marsch machen; die Kapelle spielte einen \Marsch ● ein anstrengender, beschwerlicher, langer \Marsch ● die Truppe ist auf dem \Marsch; wir haben einen langen \Marsch hinter uns; sich in \Marsch setzen; ein \Marsch von 25 Kilometern, von 3 Stunden; wir haben noch einen langen \Marsch vor uns [<frz. marche „Gang, Tritt“ <gallorom. *marcare „den Takt markieren“; zu lat. marcus „Hammer“]
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Mạrsch2 〈f. 20bei Flut oft unter dem Meeresspiegel liegendes, durch Deiche geschütztes, fruchtbares Schwemmland längs der Flusstäler sowie der Küste Nordwestdeutschlands; Sy Marschland; Ggs Geest [<mnddt. mersch, engl. marsh „Schwemmland“ <germ. *marisko; zu *mari- „Meer“]

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mạrsch <Interj.> [älter: marche < frz. marche, Imp. von: marcher, marschieren]:
a) militärisches Kommando loszumarschieren:
kehrt m.!;
b) (ugs.) Aufforderung wegzugehen, sich zu beeilen o. Ä.:
m., an die Arbeit!

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I
Marsch
 
[italienisch Marcia, englisch March]. Die Marschmusik war von gravierender Bedeutung für die Herausbildung des Jazz, z. B. für das Repertoire der Marching Bands und Streetbands. Auch im Revuetanz baute man zahlreiche Choreographien auf dem Marschrhythmus auf. Als musikalische Grundlage dienten dabei »moderne« Märsche — Kompositionen, in denen der Marschcharakter mit rhythmisch-stilistischen Mitteln der Tanzmusik (Swing) aufgelockert worden war, z. B. Glenn Millers (1904-1944) »St. Louis Blues March« (1938). Diese wechselseitigen Beziehungen zwischen Marsch und Tanzmusik halten bis in die Gegenwart an — Marschthemen werden »verschlagert«, besonders als Dixieland; Schlager werden »zackig« im Marschrhythmus gespielt. Zahlreiche Mischformen entstanden, z. B. Marsch-Fox, Marsch-Samba und Marsch-Beat.
 
II
Marsch
 
[von französisch marche, zu marcher »marschieren«],
 
 1) Militärwesen: Bewegung von Truppen in geschlossenen Abteilungen. Marschformationen motorisierter Truppen sind »Marschkolonne« oder »Marsch in Einzelgruppen«.
 
 2) Musik: italienisch Marcia ['martʃa], Musikstück, das durch gleichmäßige metrische Akzente im geraden (2/4-, 2/2-, 4/4-)Takt das Gehen beziehungsweise Marschieren im Gleichschritt unterstützt. Der Marsch besteht in der Regel aus zwei Teilen von je 8-16 Takten, seit Mitte des 18. Jahrhunderts ergänzt durch ein ebenso gebautes Trio als Mittelteil in verwandter Tonart und von wärmerem Charakter.
 
Bereits der Chor der griechischen Tragödie trug beim Auf- und Abtreten vom Aulos begleitete feierlich gemessene Bewegungen im anapästischen Rhythmus vor. Die wichtigste Form des Marsches ist der Militärmarsch (Armeemarsch). Zu der ins Mittelalter zurückreichenden Trommler- und Pfeifermusik (»Kleines Spiel«) der Landsknechtsfähnlein traten im 17. Jahrhundert mit der Einführung des reglementierten Gleichschritts neue Instrumente (»Großes Spiel« mit Blasinstrumenten, Schlagzeug und Schellenbaum) hinzu. Seine Hochblüte erlebte der Militärmarsch als Parade-, Präsentier-, Sturm-, Reiter- oder Regimentsmarsch zur Zeit Friedrichs II. und der Befreiungskriege. Bekannte Märsche waren z. B. der Dessauer, Hohenfriedberger, Torgauer, Yorkscher Marsch, Finnischer Reitermarsch, Rákóczi- und Radetzkimarsch; nach 1871 »Preußens Gloria«, »Alte Kameraden«, »In Treue fest«. Eine Sonderform mit punktierter Rhythmik war der französische Revolutionsmarsch (z. B. »Marseillaise«, 1792). Daneben diente der Marsch auch der Gestaltung von Festen und Feierlichkeiten bei Adel und Bürgertum (Ein- und Auszugs-, Triumph-, Huldigungs-, Hochzeits- und Trauermarsch) und wurde in zahlreichen Operetten, Revuen, Varietés eine der beliebtesten Musizierformen des 19. Jahrhunderts. In der Kunstmusik fand der Marsch über die venezianische Oper (C. Monteverdi, F. Cavalli) Eingang in das französische Opernballett (J.-B. Lully) und von dort in die Orchester- und Klaviersuite (J. P. Krieger, F. Couperin) und in die österreichische Serenadenmusik (Kassation, Divertimenti). Im 19. Jahrhundert spielten Märsche aller Art (auch als Marschlieder) in der Oper (L. van Beethoven, G. Meyerbeer, G. Verdi, R. Wagner), der Bühnenmusik (F. Mendelssohn Bartholdy), der Konzertmusik (H. Berlioz, G. Mahler) und in der Klaviermusik (F. Schubert, F. Chopin) eine bedeutende Rolle, besonders der Trauermarsch (italienisch Marcia funebre, französisch Marche funèbre), der sich zur Trauermusik (R. Wagner, P. Hindemith) entwickelte. Neben seiner weiterhin repräsentativen Funktion (E. Elgar) erscheint der Marsch im 20. Jahrhundert auch als Symbol der Bedrohung (A. Berg) oder als Mittel der Parodie (D. Schostakowitsch, B. A. Zimmermann). Eine eigene Tradition entstand mit den amerikanischen Parademärschen; weltbekannt J. P. Sousas Marsch »The Washington post« (1889), »The stars and stripes« (1897). Daneben war die Marschmusik besonders von Bedeutung für die Entwicklung des Jazz (Marchingbands). Militärmusik.
 
 
Literatur:
 
K. Strom: Beitr. zur Entwicklungsgesch. des M. in der Kunstmusik bis Beethoven (Diss. München 1926);
 Hermann Schmidt: Verz. der Präsentier- u. Parade-M.. .. (1940);
 J. Toeche-Mittler: Armee-M., 3 Bde. (1-31975-80);
 A. Hofer: Studien zur Gesch. des Militär-M., 2 Bde. (1988).
 
III
Marsch
 
[niederdeutsch, verwandt mit lateinisch mare »Meer«] die, -/-en, niederländisch Maar, englisch Marsh [mɑːʃ], französisch Marais [ma'rɛ], an Flachmeerküsten mit starker Gezeitenwirkung sich bildende Niederung (Küsten- oder Seemarsch), die an den Trichtermündungen der Flüsse weit ins Land hineinreicht (Flussmarsch); sie ist der zwischen Watt und Geest etwa in Höhe des Meeresspiegels (zum Teil auch tiefer) gelegene Teil der Küstenebene. Die Marschen sind in den letzten 7 500 Jahren (Holozän) durch natürliche Verlandung des Watts entstanden, in historischer Zeit zum Teil auch künstlich durch Eindeichung. Sie werden aus den von organischem Material durchsetzten sandigen oder tonigen schlammigen Ablagerungen (Schlick) aufgebaut, die durch das Meer an die Küste transportiert oder durch die Flüsse (Flusstrübe) herangeführt und dort durch die Flut abgelagert werden (monatlich bis zu 3 mm). Der erhöhte Boden wird dann von Pflanzen besiedelt und wächst durch Sinkstoffzufuhr bei Sturmfluten auch über die Höhe des mittleren Tidenhochwassers hinaus. Zuerst werden die schweren, meist sandigen Schlicke abgelagert; dabei entsteht das Hochland, das großenteils für den Ackerbau geeignet ist. Aus dem weiter binnenwärts transportierten feineren, tonigen Material bildet sich das im Allgemeinen 1-2 m tiefer gelegene niedrige Sietland (die tiefste Stelle am Geestrand ist oft versumpft oder vermoort), das nur als Grünland genutzt werden kann. Mit der natürlich einsetzenden, v. a. aber durch die künstlichen Landgewinnungsmaßnahmen bewirkten Absenkung des Grundwasserspiegels und der Auswaschung der Salze durch die Niederschläge beginnt die große Fruchtbarkeit der Marschen wirksam zu werden. Die dem Gley nahe stehenden, zu den Grundwasserböden zählenden, kalk- (bis 35 %, meist aber unter 10 % Calciumcarbonat, v. a. aus Muschel- und Schneckenschalen), nährstoff- und humusreichen, meist leicht anmoorigen Böden (Marsch-, Klei-, Koog- oder Polderboden) verlieren im Laufe der Zeit durch Entkalkung, Verdichtung u. a. Vorgänge an Wert; man unterscheidet Jungmarsch und Altmarsch. Die im Brackwasserbereich entstandenen Marschen (Brackmarschen) haben von vornherein einen geringeren Kalkgehalt; v. a. in ihren Böden bildet sich oft an der Obergrenze des Grundwassers infolge Auswaschung des Oberbodens ein stark verdichteter Bodenhorizont (Knick); hier spricht man von Knickmarschen. - Die Küsten- und Flussmarschen an der deutschen Nordseeküste umfassen rd. 5 500 km2.
 
Die großflächige Besiedlung der höher gelegenen Marschen der deutschen Nordseeküste begann in der ausgehenden Bronzezeit, unterbrochen von Zeiten stärkerer Überflutung (besonders 4./3. Jahrhundert v. Chr.). Wegen des im 1. Jahrhundert n. Chr. erneut einsetzenden Meeresspiegelanstiegs (Dünkirchener Transgression) erhöhten die Bewohner ihre Siedlungsplätze durch Anlegen von Wurten, in den Niederlanden bereits seit etwa 500 v. Chr. Im 4./5. Jahrhundert wurden die Wurten verlassen (Auswanderung), um 700 die Marschen neu besiedelt, seit etwa 800 mit erneutem Wurtenbau. Seit dem 11. Jahrhundert begann man, das Land durch einzelne Deiche zu schützen. In der hochmittelalterlichen Ausbauperiode wurde das bis dahin unerschlossene Sietland durch Marschhufenkolonien planmäßig erschlossen (ab 1100). Nachdem im Spätmittelalter durch mehrere katastrophale Meereseinbrüche große Landgebiete verloren gegangen waren, führte man seit dem 16. Jahrhundert eine großräumige, geschlossene Eindeichung durch, durch die zunehmend auch Neuland gewonnen wurde. Die Marsch wird durch Kanäle zum freien Watt hin entwässert, an deren Enden Schleusen (Siele) das Eindringen der Flut verhindern. Das eingedeichte Marschland heißt nördlich der Elbe Koog, in Ostfriesland und den Niederlanden Polder, das außerhalb der Deiche liegende, bei normalem Hochwasser nicht mehr überflutete Heller.
 
Literatur:
 
H. Kuntze: Die Marschen - schwere Böden in der landwirtschaftl. Evolution (1965);
 G. Brümmer: Unterss. zur Genese der M. (Diss. Kiel 1968);
 H.-J. Nitz: Die mittelalterl. u. frühneuzeitl. Besiedlung von M. u. Moor zw. Ems u. Weser, in: Siedlungsforschung, Bd. 2 (1984);
 M. Müller-Wille: Mittelalterl. u. frühneuzeitl. Siedlungsentwicklung in Moor- u. M.-Gebieten, in: ebd. (1984);
 
Studien zur Küstenarchäologie Schleswig-Holsteins, Serie C, auf zahlr. Bde. ber. (1988 ff.).
 

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1Mạrsch, der; -[e]s, Märsche [frz. marche, zu: marcher, ↑marschieren]: 1. a) das Marschieren (1 a): die Truppe war nach stundenlangen Märschen erschöpft; b) das Marschieren (1 b): ein M. von zwei Stunden, über zwanzig Kilometer; einen langen M. hinter sich haben; Adolf Hitler ... erzählte vom M. zur Feldherrnhalle (Hilsenrath, Nazi 48); *der lange M. durch die Institutionen (nach dem Langen Marsch der chinesischen Roten Armee unter Mao Tse-tung 1934/1935 von Kiangsi nach Schensi; die geduldige, zähe Arbeit innerhalb des bestehenden Systems mit dem Ziel der Verwirklichung gesellschaftspolitischer Veränderungen): Die Mehrheit hat den langen M. durch die Institutionen angetreten: Sie will Reformgesetze durchpauken (Spiegel 8, 1980, 157); Keine Kommunalpolitik, keine Landespolitik. Kein langer M. durch die Parteihierarchie (Brückner, Quints 198); c) (Milit.) das Marschieren (2): die Einheiten, Panzer waren auf dem M. an die Front; *jmdn. in M. setzen (jmdn. veranlassen loszumarschieren, etw. zu tun, zu erledigen): Du wirst morgen früh in M. gesetzt. Zunächst nach Wien ..., dann ab nach Osten (Loest, Pistole 117); sich in M. setzen (losmarschieren): Wir beschlossen, uns sofort in M. zu setzen und unsere Ausrüstung ... nachkommen zu lassen (Cotton, Silver-Jet 121). 2. Musikstück in geradem Takt u. im Rhythmus des Marschierens [zur Unterstreichung des Gleichschritts]: einen M. spielen, komponieren; Marinesoldaten ..., deren aufmunterndes Blech-, Trommel- und Triangelgeschmetter ... einen lustigen M. in den tiefblauen Frühlingshimmel schickte (Thieß, Legende 18); *jmdm. den M. blasen (salopp; jmdn. zurechtweisen).
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2Mạrsch, die; -, -en [aus dem Niederd. < mniederd. marsch, mersch, asächs. mersc, verw. mit ↑Meer]: flaches, sehr fruchtbares Land hinter den Deichen an der Nordseeküste: Seewärts vom Kanal beginnt Dithmarschen, und hier ist ... die Grenze zwischen Geest und M., und hinter den -en beginnen die Kooge (Kant, Aufenthalt 8).

Universal-Lexikon. 2012.