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Balduin
Bạlduin
 
[althochdeutsch balde »kühn« und wini »Freund«], Herrscher:
 
 Jerusalem:  
 1) Bạlduin I., auch Balduin von Boulogne [bu'lɔɲə], König (1100-1118), Graf von Edessa (1098-1100), * 1058, ✝ bei El-Arisch 2. 4. 1118, Vetter von 2); brach 1096 mit seinem Bruder Gottfried von Bouillon zum 1. Kreuzzug auf und gründete mit der Grafschaft Edessa den ersten lateinischen Staat im Osten; nach Gottfrieds Tod dessen Nachfolger als Regent von Jerusalem, nahm er als Erster den Königstitel an. Er erweiterte das von den Kreuzfahrern beherrschte Territorium, u. a. durch die Eroberung der Küstenstädte Caesarea Palaestina (1102), Akko (1104), Beirut (1110) und Sidon (1110). 1115-16 unternahm er einen Vorstoß bis zum Roten Meer (1116 Eroberung von Akaba); 1118 erreichte er in einem Feldzug gegen Ägypten (Fatimidenreich) den Nil.
 
 2) Bạlduin II., genannt Balduin von Le Bourg [burk], König (1118-31), Graf von Edessa (1100-1118), ✝ Jerusalem 21. 8. 1131, Vetter und Nachfolger von 1), Großvater von 3); war als König v. a. mit der Verteidigung seiner Lehnsstaaten (Grafschaften Edessa und Tripolis, Fürstentum Antiochia) gegen die Muslime beschäftigt; verbrachte mehrere Jahre (1104-08 und 1123-24) in muslimischer Gefangenschaft. 1124 gelang ihm mithilfe einer venezianischen Flotte die Eroberung von Tyrus; 1126 und 1129 versuchte er vergeblich, Damaskus einzunehmen.
 
 3) Bạlduin III., König (1143-63), * um 1130, ✝ (wohl ermordet) Beirut Februar 1163, aus dem Haus Anjou, Enkel von 2); bis 1152 unter Vormundschaft seiner Mutter Melisende. Unter seiner Herrschaft ging die Grafschaft Edessa an Byzanz verloren. 1153 nahm er nach mehrmonatiger Belagerung Askalon ein, den letzten ägyptischen Stützpunkt in Palästina.
 
 Konstantinopel:  
 4) Bạlduin I., lateinischer Kaiser (1204-05), Graf von Flandern (als Balduin IX.) und Hennegau (als Balduin VI.), * Valenciennes Juli 1171, ✝ nach dem 20. 7. 1205, Onkel von 5); Führer im 4. Kreuzzug, wurde nach der Eroberung Konstantinopels zum ersten Herrscher des neu geschaffenen Lateinischen Kaiserreichs gekrönt; am 14. 4. 1205 von den Bulgaren bei Adrianopel besiegt und gefangen genommen; sein weiteres Schicksal ist unbekannt.
 
 5) Bạlduin II., lateinischer Kaiser (1228-61), * 1217, ✝ 1273, Neffe von 4); 1261 von den Byzantinern aus seinem verarmten Reich vertrieben; betrieb im Bund mit Karl von Anjou die Wiedergewinnung seiner Herrschaft (Vertrag von Viterbo, 1267).
 
 Trier:  
 6) Bạlduin von Lụxemburg, Erzbischof und Kurfürst (1307-54), * 1285, ✝ 21. 1. 1354; bewirkte 1308 mit Peter von Aspelt die Wahl seines Bruders Heinrich zum Römischen König, trat nach dessen plötzlichem Tod (1313) für die Wahl Ludwigs des Bayern ein. Der Politik Ludwigs IV. stand er zunächst neutral gegenüber, suchte nach 1328 mäßigend auf die Reichspolitik Einfluss zu gewinnen. Zielbewusst setzte er sich gegen die päpstlichen Ansprüche für eine Stärkung des Wahlrechts der Kurfürsten ein. Kurverein und Reichsweistum von Rhens mit der Festschreibung, dass der von der Mehrheit der Kurfürsten gewählte Römische König nicht der Approbation des Papstes bedürfe, sind seinem Einfluss zuzuschreiben. Nach 1340 entzweite sich Balduin mit König Ludwig IV. und betrieb 1346 die Königswahl seines Großneffen Karl (IV.). Balduin übernahm zeitweise auch die Verwaltung der Bistümer Mainz, Speyer und Worms. Daneben förderte er den Ausbau des Kurstaats Trier, trat für die Reform seiner Diözese ein und steigerte die politische Bedeutung des Hauses Luxemburg.
 
Literatur:
 
F.-J. Heyen in: Rhein. Lebensbilder, Bd. 4 (1970);
 W.-R. Berns: Burgenpolitik u. Herrschaft des Erzbischofs B. v. Trier (1979).
 

Universal-Lexikon. 2012.