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Vormundschaft
Kuratel; unter Aufsicht; Pflegschaft

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Vor|mund|schaft 〈f. 20gesetzl. Vertretung von Minderjährigen, entmündigten Erwachsenen usw. ● die \Vormundschaft für, über jmdn. übernehmen; jmdm. die \Vormundschaft für, über jmdn. übertragen; unter \Vormundschaft stehen; jmdn. unter \Vormundschaft stellen

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Vor|mund|schaft, die; -, -en [mhd. vormundeschaft, ahd. foramuntscaf]:
(amtlich verfügte) Wahrnehmung der rechtlichen Vertretung eines od. einer Minderjährigen, Entmündigten:
die V. über/(seltener:) für jmdn. übernehmen;
jmdm. die V. übertragen, entziehen;
er wurde unter die V. seiner Tante gestellt.

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I
Vormundschaft
 
[zu althochdeutsch foramundo, zu munt »(Rechts)schutz«, »Schirm«], Kuratel, lateinisch Tutela, die gesetzliche Fürsorge für eine Person (Mündel), der die volle Geschäftsfähigkeit fehlt (Minderjähriger). Die Vormundschaft unterscheidet sich von der Pflegschaft durch den Umfang der Schutzbedürftigkeit, die bei der Vormundschaft alle Lebensbereiche umfasst (§§ 1773-1895 BGB). Eine Vormundschaft über Volljährige gibt es seit dem 1. 1. 1992 nicht mehr. An ihre Stelle ist die Betreuung getreten (§§ 1896-1908 k BGB in der Fassung des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes vom 29. 6. 1998; Entmündigung).
 
Ein Minderjähriger erhält einen Vormund, wenn er nicht unter elterlicher Sorge steht (d. h., wenn er keine Eltern mehr hat), wenn die Eltern weder in den die Person noch in den das Vermögen betreffenden Angelegenheiten zur Vertretung des Minderjährigen berechtigt sind oder wenn sein Familienstand nicht zu ermitteln ist (Findelkind; § 1773 BGB). Gesetzliche Amtsvormundschaft des Jugendamts tritt mit der Geburt eines Kindes ein, wenn die Eltern nicht miteinander verheiratet sind und das Kind eines Vormunds bedarf, z. B. weil die Mutter minderjährig ist, es sei denn, vor der Geburt wurde bereits ein anderer Vormund bestellt (1791 c BGB).
 
In anderen Fällen wird die Vormundschaft von Amts wegen durch das Vormundschaftsgericht angeordnet. Ein Recht auf Bestellung zum Vormund hat, wer von den Eltern des Mündels als Vormund durch letztwillige Verfügung benannt worden ist. Im Übrigen obliegt die Auswahl dem Vormundschaftsgericht nach Anhörung des Jugendamts. Verwandte und Verschwägerte des Mündels sind zunächst zu berücksichtigen. Zum Vormund können auch rechtsfähige Vereine (Vereinsvormundschaft) sowie das Jugendamt (bestellte Amtsvormundschaft) bestellt werden. Die Übernahme der Vormundschaft ist eine öffentlich-rechtliche Pflicht, die nur unter besonderen Voraussetzungen abgelehnt werden kann. Ist mit der Vormundschaft eine erhebliche Vermögensverwaltung verbunden, so soll ein Gegenvormund bestellt werden.
 
Der Vormund hat für die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen; v. a. übt er die Vertretung aus. Er hat dem Gericht ein Verzeichnis über das Mündelgut einzureichen. Als Vertreter des Mündels kann er in der Regel keine Schenkungen machen. In einer Reihe von Fällen, bei denen die Gefahr einer Interessenkollision besteht, ist seine Vertretungsmacht gesetzlich ausgeschlossen, ferner kann sie ihm vom Vormundschaftsgericht für einzelne Angelegenheiten oder einen bestimmten Kreis von Angelegenheiten entzogen werden. Das Mündelvermögen hat er, soweit nicht laufende Ausgaben davon bestritten werden müssen, mündelsicher anzulegen (§§ 1806 ff. BGB). Bestimmte Geschäfte darf er nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts oder des Gegenvormunds tätigen. Die gesamte Aufsicht obliegt dem Vormundschaftsgericht; auf Verlangen ist ihm Auskunft zu erteilen und - in der Regel einmal jährlich - Rechnung zu legen. Die Vormundschaft wird unentgeltlich geführt, jedoch ausnahmsweise entgeltlich, wenn das Gericht feststellt, dass der Vormund die Vormundschaft berufsmäßig führt (§§ 1836 ff. BGB).
 
Die Vormundschaft endet außer durch den Tod des Mündels mit dem Wegfall der Voraussetzungen ihrer Anordnung, v. a. also mit Erreichen der Volljährigkeit. Das Vormundschaftsgericht hat den Vormund zu entlassen, wenn er durch pflichtwidriges Verhalten das Interesse des Mündels gefährdet; bei Vorliegen eines wichtigen Grunds ist er auf eigenen Antrag zu entlassen. Nach Beendigung des Amts hat der Vormund das Mündelvermögen herauszugeben und über die Verwaltung Rechenschaft abzulegen.
 
In Österreich wird die Vormundschaft durch §§ 187-284 ABGB in der Fassung des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetzes 1989 geregelt. Einem Minderjährigen ist ein Vormund zu bestellen, wenn nicht wenigstens einem Elternteil die beschränkte gesetzliche Vertretung im Rahmen der Obsorge zusteht (§ 187 ABGB). Zum Vormund wird bestellt, wer von einem Elternteil letztwillig berufen worden ist, sonst der nächste geeignete Verwandte (§ 198 ABGB). Die Amtsvormundschaft durch den Jugendwohlfahrtsträger ist seit 1989 stark eingeschränkt (§ 211 ff. ABGB). An die Stelle der Vormundschaft über Volljährige ist die Sachwalterschaft getreten (Entmündigung).
 
In der Schweiz ist die Vormundschaft in Art. 360-455 ZGB geregelt. Dem Vormund übergeordnet sind die (in der Regel kommunal organisierten) Vormundschaftsbehörden und die (in der Regel regional oder kantonal organisierten) Aufsichtsbehörden. In besonderen Fällen können anstelle einer Vormundschaft die weniger einschneidenden Maßnahmen der Beistandschaft oder der Beiratschaft angeordnet werden. Zurzeit sind Vorarbeiten für eine umfassende Revision des Vormundschaftsrechts im Gang (Stand: Ende 1998).
 
II
Vormundschaft,
 
die Fürsorgetätigkeit eines Vormundes für die persönlichen Angelegenheiten und das Vermögen eines Minderjährigen, wenn dieser keine Eltern mehr hat, wenn sein Familienstand nicht zu ermitteln ist (Findelkind), wenn er das nichteheliche Kind einer minderjährigen Mutter ist oder wenn die Eltern nicht berechtigt sind, ihr minderjähriges Kind zu vertreten. Der Vormund steht bei seiner Tätigkeit unter der staatlichen Aufsicht eines Vormundschaftsgerichts. Für besondere Geschäfte (z. B. Grundstückgeschäfte) muss er dessen Genehmigung einholen. Er hat das Vermögen seines Mündels »mündelsicher« anzulegen, das heißt vor Verlusten zu schützen.
 
Kann ein Volljähriger aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten nicht oder nur teilweise selbst besorgen, so erhält er nicht mehr wie früher ebenfalls einen Vormund, sondern auf Antrag oder von Amts wegen vom Vormundschaftsgericht einen Betreuer. Dieser darf aber nur für die Aufgabenkreise bestellt werden, in denen eine Betreuung erforderlich ist. Das Nähere regelt das Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige (Betreuungsgesetz) von 1990.
 

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Vor|mund|schaft, die; -, -en [mhd. vormundeschaft, ahd. foramuntscaf]: (amtlich verfügte) Wahrnehmung der rechtlichen Vertretung eines od. einer Minderjährigen, Entmündigten: die V. über/(seltener:) für jmdn. übernehmen; jmdm. die V. übertragen, entziehen; er wurde unter die V. seiner Tante gestellt; Ü Indem Winckelmann zur Deutung und Erklärung der Bildwerke den ganzen Bezirk griechischer Mythologie durchmaß, befreite er die bisherige Methode ... von der V. der alten Historiker (Ceram, Götter 31).

Universal-Lexikon. 2012.