Obdachloser; Vagabund; Landstreicher; Clochard; Stadtstreicher; Penner (derb); Herumtreiber; Wohnsitzloser; Pennbruder (derb); Streuner
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Bẹr|ber 〈m. 3〉
1. Angehöriger einer nordafrik. hamitischen, islam. Völkergruppe
2. Pferderasse der Berber
3. von Berbern (1) hergestellter Teppich
4. 〈umg.〉 Nichtsesshafter, Obdachloser, Landstreicher
[→ Barbar]
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Bẹr|ber , der; -s, -:
1. [arab. barbar = Berber (Pl.), viell. zu griech. bárbaros = Fremder] Angehöriger einer nordafrikanischen Völkergruppe.
2. von den Berbern (1) in Nordwestafrika geknüpfter, grober, hochfloriger Teppich aus naturfarbener Wolle [mit einfachen, großzügigen (Rauten)mustern].
3. in Nordafrika gezüchtetes Reitpferd:
einen B. mit einem Araber kreuzen.
4. [übertr. von 1] (Jargon) Land-, Stadtstreicher, Nichtsesshafter.
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I Bẹrber
[aus arabisch barbarī; »berberisch«, »barbarisch«, »unzivilisiert«, ursprünglich von lateinisch barbarus],
2) Textilkunst: Berberteppich.
3) Völkerkunde: Eigenbezeichnung Amazịgh [»freier, edler Mann«], Plural Imazịghen, Sammelname für die älteste in Nordwestafrika lebende Bevölkerung. Bis zur arabisch-islamischen Invasion (7. Jahrhundert) bewohnten die Berber das Gebiet von den Kanarischen Inseln (Guanchen) bis zur Oase Siwa (Westägypten); heute stellen sie nur noch im Atlasgebiet einen signifikanten Bevölkerungsteil mit geschlossenen Siedlungsgebieten. Im Übrigen bilden die Berbergruppen Siedlungsinseln in der arabischen Umgebung. Anthropologisch gehören die Berber zum europid-mediterranen Rassenkreis, sprachlich zur hamitosemitischen Sprachfamilie (Berbersprache).
Von den heute etwa 10 Mio. Berbern lebt der größte Teil in Marokko (Rif, Mittlerer und Hoher Atlas, Oasen) und Algerien (Kabylei, Aurès, Mzab); ferner gibt es Berbergruppen auf Djerba und um Matmata (Tunesien), im Barkahochland, im Djebel Nefusa und Ghuryan (Libyen), in der ägyptischen Oase Siwa sowie in der Zentralsahara (Tuareg).
Die Kultur der Berber ist stark von den Arabern bestimmt; die meisten Berber bekennen sich zum Islam. Die Vielehe haben sie jedoch nicht übernommen; sie leben in patrilinearen Großfamilien. Auch in anderen Sitten und Gebräuchen haben sich eigenständige Formen erhalten, ebenso in der Wirtschafts- und Siedlungsweise (festungsartige Siedlungen, Speicherburgen) und besonders in der Kunst sowie im Kunsthandwerk. Ackerbau und Viehzucht (meist als Transhumanz, selten als Nomadismus) werden in ausgewogener, der einzelnen Landschaft angepasster Form betrieben. In den jeweiligen Staaten sind die Berber als Minderheiten nicht anerkannt; ihre Sprache wird in den Schulen nicht gelehrt. Dagegen wehren sich die Berber in starkem Maße, v. a. in Algerien. Sie fordern die Einführung der Berbersprache in den Schulen und ihre offizielle Anerkennung.
Die Kunst der Berber ist v. a. als ländliche Gebrauchskunst ausgebildet und hebt sich deutlich von der städtisch geprägten arabischen Kunst ab. Bis heute haben sich die archaischen Grundformen der vorgeschichtlichen Tradition erhalten. Ihre Wurzeln liegen im Übergreifen babylonisch-sumerisch-akkadischer Kulturen auf nordafrikanisch-altmediterrane Kulturen.
Die typische Stampflehm- und Lehmziegelarchitektur der Berber tritt bei Kasbas und Wehrdörfern (Ksar) am Südrand des Hohen Atlas auf (v. a. im Wadi Dadis, Dra, Todgha und Ziz). Ihre kubischen Formen, die konische Verjüngung der rechteckigen Ecktürme, funktionale Stockwerksgliederung, Licht-Luft-Funktion des Innenhofs, Gestaltung der Torbogen, Umfassungsmauern, Zinnentreppung und Gebäudegruppierung werden als Restbauformen babylonisch-assyrischer Herkunft gedeutet, die sonst nur noch in Südarabien (Sanaa, Schibam) vorkommen und die sich von den Rundformen der südsaharisch-sudanesischen Lehmbauweise unterscheiden. Der Islam hat den Stil der Berberbaukunst nur wenig beeinflusst. Die organische Funktionalität der »berberischen Hochhausarchitektur« findet heute starke städtebauliche Beachtung.
In der Webkunst (grobe Stoffe aus Wolle und Ziegenhaar) dominieren ähnliche Ornamente wie in der Architektur, gestützt durch kontrastreiche Farbwechsel (bei einem Überwiegen von Rot, Schwarz, Blau und Braun); sie variieren nach Stammestraditionen. Der Flidj-Typ zeigt eine Abfolge langer Vertikal- oder Horizontalbänder, wobei breitere Streifen mit Serien von Füllornamenten jeweils durch schmalere Bänder mit Einzelmotiv getrennt sind. Dem Tâg- oder Draga-Typ liegt diagonale Band- und Rautenstruktur mit Füllornamentik zugrunde, die auch die Grundlage des Dekors des originalen Berberteppichs bildet.
Die ländliche Keramik (Zentren: Kabylei, Aurès, Zentral- und Südtunesien, Rif) wird traditionsgemäß ohne Töpferscheibe und allein von Frauen für private Zwecke hergestellt und ist bis heute nicht kommerzialisiert. Als technische Merkmale gelten Wulsttechnik, offener Feldbrand, Bemalung mit Mineralfarben, Pflanzensäften und Harzen, Politur und Formelemente wie gerader Boden, Brücken- und Ausgusshenkel sowie Mehrfachgefäßkombination. Auch hier dominiert das Dekor, gebildet von geometrischer Reihen- und Flächenornamentik in mono- bis polychromer Ausführung und zonaler Anordnung. Auf flachen Rundformen erscheinen auch stilisierte Stern-Blattornamente.
In Verbindung mit der Bearbeitung von Leder, Holz und Metall (nur Silber, Kupfer und Messing) in Schneide-, Gravur- und Intarsientechnik dominiert ebenfalls das reliefgebundene, zonal gefelderte, Flächen füllende Dekor mit geometrischen Schmuckmotiven: gleichschenkliges Dreieck, Schachbrett, Rauten, Zickzack, Zähnelung, Chevron, aber auch stilisierte Schlange, Eidechse, Skorpion, Baum, Sonne, Mond, Sterne oder die »Brauen des Teufels«.
In der Schmuckherstellung (Silber, Kupfer, Messing), die vorwiegend in den Händen männlicher Spezialisten (früher v. a. Juden) liegt, werden die abstrakt-geometrischen Motive als Einzelstücke gefertigt und zu langen Kettenreihen verbunden. Die unverschleierte Berberfrau trägt nach wie vor prachtvoll gearbeiteten Kopf-, Haar- und Brustschmuck sowie Armbänder, Schmuckgürtel und Schmuckspangen (Fibelform). Allerdings zeigt sich in der Einarbeitung von Schmucksteinen, Emailgemmen und Münzen hier stärkerer städtisch-islamischer Einfluss.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
Berbersprache · Guanchen · Kabylen · Kasba · Ksar · Mzab · Rif · Shilh · Tuareg
W. Gaiser: B.-Siedlungen in Südmarokko (1968);
G. H. Bousquet: Les Berbères (Paris 41974);
W. Neumann: Die B. (1983).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Nordafrika unter dem Islam bis zur osmanischen Eroberung: Eroberte und Eroberer
4) Zoologie: eine nordafrikanische Pferderasse; anspruchsloses, zähes und ausdauerndes Reitpferd, Widerristhöhe nicht über 150 cm.
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Nordafrika unter dem Islam bis zur osmanischen Eroberung: Eroberte und Eroberer
Bẹrber,
Bạrbar, Stadt in der Republik Sudan, nördlich von Atbara am Nil und an der Eisenbahn Wadi Halfa-Khartum, 16 500 Einwohner; Karawanenstation.
Bẹrber,
Friedrich, Völkerrechtler und Staatsphilosoph, * Marburg 27. 11. 1898, ✝ Kreuth 23. 10. 1984; war 1936-44 stellvertretender Leiter des Instituts für auswärtige Politik in Hamburg, 1937 Professor in Berlin, seit 1954 in München, leitete 1954-68 das Institut für Völkerrecht, Rechts- und Staatsphilosophie an der Universität München. Berber leistete Bedeutendes auf dem Gebiet der Forschung über die Kriegsverhütung und des internationalen Wassernutzungsrechts. Als Rechtsberater für die indische Regierung beeinflusste er die Verträge über die Nutzung der Wasser des Indus (mit Pakistan 1960) und des Ganges (mit Bangladesh 1977).
Werke: Sicherheit und Gerechtigkeit (1934); Diktat von Versailles, 2 Bände (1939); Die Rechtsquellen des internationalen Wassernutzungsrechts (1955); Lehrbuch des Völkerrechts, 3 Bände (1960-64); Das Staatsideal im Wandel der Weltgeschichte (1973).
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Bẹr|ber, der; -s, - [1: arab. barbar = Berber (Pl.), viell. zu griech. bárbaros = Fremder; 4: übertr. von ↑Berber (1)]: 1. Angehöriger einer nordafrikanischen Völkergruppe. 2. von den Berbern in Nordwestafrika geknüpfter, derber, hochfloriger Teppich aus naturfarbener Wolle [mit einfachen, großzügigen (Rauten)mustern]: nachdem sie ganz leise ... ihre violetten Schuhe abgestreift und auf den B. gestellt hat (Frisch, Gantenbein 53). 3. in Nordafrika gezüchtetes Reitpferd: einen B. mit einem Araber kreuzen. 4. (Jargon) Land-, Stadtstreicher, Nichtsesshafter: Ganz unerhörter Fall, so ein B., so ein Oberobdachloser (Degener, Heimsuchung 35); Insbesondere unter den in Stuttgart lebenden -n fürchteten nicht wenige, durch den Zustrom neuer Wohnsitzloser könnten die Sozialleistungen ... für sie beschnitten werden (MM 18. 8. 81, 7).
Universal-Lexikon. 2012.