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Nomadismus
No|ma|dịs|mus 〈m.; -; unz.〉
1. mit der Suche nach neuem Weideland verbundenes Wandern
2. Gesellschaftsform, deren Mitglieder nicht sesshaft sind

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No|ma|dịs|mus, der; -:
1. nomadische Wirtschafts-, Gesellschafts- u. Lebensform.
2. (Zool.) [durch Nahrungssuche u. arteigenen Bewegungstrieb bedingte] ständige [Gruppen]wanderungen von Tierarten.

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Nomadịsmus
 
[zu griechisch nomádes »Nomade«, zu nome̅́, nomós »Weide(platz)«] der, -,  
 1) Völkerkunde: eine mobile, auf Wanderviehwirtschaft basierende Lebens- und Wirtschaftsweise von Hirtenvölkern. Im Vollnomadismus betreiben die Viehzüchter (Nomaden), die auch Besitzer der Herden sind, nur äußerst selten ergänzenden Anbau; pflanzliche Nahrungsmittel werden bei der Ackerbau treibenden Bevölkerung eingetauscht oder gekauft. Der geschlossene Familienverband mitsamt dem Hausrat und Zelten ist das ganze Jahr über mit den Herden unterwegs (im Unterschied zur Transhumanz), nur zeitweise trennen sich vom Familienverband Gruppen (z. B. Männer und Jungen). Die Nomaden folgen traditionell festliegenden Wanderwegen zu den jeweiligen Weiden, die oft ihr Eigentum sind. Es werden Entfernungen bis über 1 000 km zurückgelegt. Jüngere ethnologische und kulturgeographische Forschungen haben nachgewiesen, dass der Hirtennomadismus entgegen früheren Ansichten in der Entwicklungsgeschichte menschlicher Kultur keine primitive Vorstufe, sondern einen Seitenzweig des sesshaften Bauerntums darstellt. Zu allen Zeiten lieferte dieses den Nomaden die notwendige Ergänzung ihrer Ernährungsbasis. - Als Halbnomadismus wird eine Wirtschaftsform bezeichnet, bei der der Ackerbau ständig ausgeübt wird und nur Teile der Familie wandern. Eine Variante des Halbnomadismus stellt der Bergnomadismus dar, mit jahreszeitlich wechselnden Weideplätzen in den verschiedenen Höhenlagen eines Gebirges; die Weideplätze der Bergnomaden liegen näher beieinander als die der Vollnomaden.
 
Hauptverbreitungsgebiet des Nomadismus ist der altweltliche Trockengürtel: die Halbwüsten, Steppen und Savannen Nordafrikas, Vorder- und Zentralasiens. Die Tiere, die für die nomadische Weidewirtschaft infrage kommen, sind Ziegen und Schafe, daneben Yaks, Kamele (Trampeltiere, Dromedare) und Pferde im arabischen Raum (Beduinen), im Sahel Afrikas auch Rinder; in den polaren Gebieten sind es die Renherden. Einige Tiere dienen als Reit- und Lasttiere.
 
In den letzten Jahrzehnten wurde in vielen Ländern aus staatspolitischen Gründen die Sesshaftmachung der Hirtenvölker betrieben und das Überschreiten der Staatsgrenzen unterbunden, gleichzeitig wurde meist der Viehwirtschaft ein Ende gesetzt.
 
Literatur:
 
R. Herzog: Seßhaftwerden von Nomaden (1963);
 H. Klengel: Zw. Zelt u. Palast. Die Begegnung von Nomaden u. Seßhaften im alten Vorderasien (Wien 1972);
 
N. Bibliogr., hg. v. F. Scholz (1992);
 ders.: N. Theorie u. Wandel einer sozial-ökolog. Kulturweise (1995).
 
 2) Zoologie: Vagabundịsmus, permanẹnte Translokation, das ständige oder fast ständige weiträumige Umherstreifen von Tieren ohne festen Wohnplatz, eine Verhaltensweise zahlreicher Arten, die sich in unterschiedlicher Form offenbart. Dabei verbinden sich vielfach der Zwang zur Nahrungssuche und ein arteigener Bewegungstrieb. Nahezu ständige Gruppenwanderungen (auch mit jahreszeitlich bedingtem Gebietswechsel) führen Huftierherden durch (z. B. Gazellen, Gnus, Zebras und Rentiere). Ihnen folgen Rudel des Hyänenhundes (Afrika) beziehungsweise des Wolfes (Asien). Den Herden des Bartenwals folgt der räuberische Schwertwal, den Schwärmen des Frühjahrsherings der Heringshai, denen der Wanderheuschrecke der Lappenstar (Südwestafrika) beziehungsweise der Rosenstar (Asien). Bei rd. 30 % der Vögel Australiens heißt es, dass sie nahrungsbedingt dem Regen folgen. Der Eisbär umzieht (teils passiv auf driftenden Eisschollen) in 5-6 Jahren den Nordpol. Gorillas durchstreifen ein begrenztes Areal und suchen sich jede Nacht neue Plätze für ihre Schlafnester. - Über Nomadismus bei Wirbellosen ist, abgesehen von wenigen Arten (z. B. Wanderameisen), wenig bekannt.

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No|ma|dịs|mus, der; -: 1. nomadische Wirtschafts-, Gesellschafts- u. Lebensform. 2. (Zool.) [durch Nahrungssuche u. arteigenen Bewegungstrieb bedingte] ständige [Gruppen]wanderungen von Tierarten.

Universal-Lexikon. 2012.