Li|tur|gie 〈f. 19〉
1. 〈im antiken Griechenland〉 Beitrag der Bürger zum Unterhalt der Gemeinde u. ihrer Einrichtungen, Vorläufer der Steuer
2. 〈heute〉 alle ordnungsmäßig bestehenden gottesdienstlichen Handlungen
[zu grch. leiturgos, eigtl. „Staatsdiener“; <laos „Volk“ + ergon „Werk“] Siehe auch Info-Eintrag: Liturgie - info!
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Li|tur|gie, die; -, -n [kirchenlat. liturgia < griech. leitourgi̓a = öffentlicher Dienst, zu: leĩtos = das Volk betreffend u. érgon = Arbeit, Dienst] (christl. Kirchen):
a) offiziell festgelegte Form des christlichen Gottesdienstes:
eine bestimmte L. festlegen;
b) (ev. Kirche) Teil des Gottesdienstes, bei dem Geistlicher u. Gemeinde im Wechsel bestimmte Textstücke singen bzw. sprechen:
der Gemeindepfarrer hält die L.
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Liturgie
[kirchenlateinisch liturgia, von griechisch leitourgía »öffentlicher Dienst«] die, -/...'gi|en, im christlichen Sprachgebrauch Bezeichnung für Form und Inhalt der durch feste (rituelle) Handlungsvollzüge gekennzeichneten gottesdienstlichen Feier; in den Ostkirchen Bezeichnung für den Gottesdienst selbst (»Göttliche Liturgie«), in den evangelischen Kirchen für die äußeren Formen seines Vollzugs (Gottesdienstordnung); neben Verkündigung (griechisch martyria) und Dienst am Nächsten (griechisch diakonia) einer der wesentlichen Lebensvollzüge der Kirche. Theologisch lässt sich Liturgie als der durch Jesus Christus im Heiligen Geist vermittelte Dialog zwischen Gott und der versammelten Gemeinde beschreiben. In der gemeinschaftlichen Feier antwortet die Gemeinde auf das durch Jesus Christus gewirkte Heilshandeln Gottes und öffnet sich zugleich in Anbetung, Lobpreis und Bitte für das je erneute Handeln Gottes in der Feier. Die katholische und die orthodoxe Theologie beschreiben die Liturgie als Vollzug des Priesteramtes Jesu Christi in Wort und Zeichen zur Heiligung des Menschen und Verherrlichung Gottes, die evangelische Theologie als Versammlung der Gemeinde um Gottes Wort und Sakrament. Im Mittelpunkt jeder Liturgie steht die Eucharistie beziehungsweise Abendmahl als Gegenwärtigsetzung der durch Tod und Auferstehung Jesu Christi gewirkten Heilstat. Das Handeln der Gemeinde kommt in Worten, Gebeten und Gesängen wie auch in zeichenhaften Handlungen zum Ausdruck. Im Vollzug der Liturgie betonen die evangelischen Kirchen besonders die Verkündigung des Wortes Gottes (Predigt). Für die Ostkirchen geschieht in der Feier der Liturgie im Angesicht des triumphierenden Christus die Vereinigung der irdischen mit der himmlischen Kirche.
Bestimmend für die konkrete Gestaltung der liturgischen Feiern sind die Festkreise des Kirchenjahres sowie Ereignisse im persönlichen wie gesellschaftlichen Leben der Gemeindemitglieder. Zur Liturgie gehören die Feier der Sakramente (v. a. Taufe, Eucharistie beziehungsweise Abendmahl), die Verkündigung des Wortes Gottes in Lesung und Predigt, der tägliche Gottesdienst der Kirche im Stundengebet, Kasualien, Andachten und Prozessionen. Träger der Liturgie ist die Gemeinde, wobei den Klerikern (Bischof, Priester, Diakon) eine besondere Rolle zukommt.
Im Laufe der Geschichte haben sich in Abhängigkeit von den kulturellen Gegebenheiten unterschiedliche Liturgiefamilien entwickelt. In der lateinischen Kirche traten als untereinander verwandte Formen der Liturgie die spanische, gallikanische und keltische Liturgie auf, von ihnen unterschieden die römische Liturgie, die seit dem 8. Jahrhundert die anderen Liturgien mehr und mehr verdrängte. Nur in Toledo (mozarabische Liturgie), Braga und Mailand (ambrosianische Liturgie) konnten sich besondere Eigenarten der abendländischen Liturgie erhalten.
Die Liturgie der katholischen Kirche erhielt ihre normative Gestalt nach dem Konzil von Trient durch die (an die römische Liturgie anschließende) Neubearbeitung von Brevier (1568), Missale (1570) und Pontifikale (1596). Die Liturgiekonstitution (»Sacrosanctum Concilium«, 1963) des 2. Vatikanischen Konzils leitete eine Erneuerung der Liturgie im Sinne der liturgischen Bewegungen ein. Ziele waren die Rückbindung an die liturgische Überlieferung von Neuen Testament und alter Kirche bei gleichzeitig größerem Gegenwartsbezug, die Einführung der Volkssprache, die Vereinfachung der Formen und Riten auf Verständlichkeit und Klarheit hin sowie eine größere Mitwirkung der Laien bei der Liturgie.
Die reformatorische Liturgie betonte gegenüber den mittelalterlichen Traditionen v. a. den Gemeinschaftscharakter der Liturgie und die zentrale Stellung der Verkündigung des Wortes Gottes. Wesentlich für die äußere Form des Gottesdienstes wurde die Einführung der Volkssprache (deutsche Messe). Einzelheiten wurden in den Kirchenordnungen festgelegt. Im 19. Jahrhundert setzten Bemühungen um eine Liturgiereform ein, die in der Entwicklung neuer Agenden in den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts ihren Ausdruck fand.
Maßgebend für die anglikanische Liturgie, die auf römische, reformatorische und altkirchliche Traditionen zurückgreift, ist das Common Prayer Book. Eine verstärkte Hinwendung zur katholischen Liturgie erfolgte im Ritualismus des 19. Jahrhunderts.
In den Ostkirchen bezeichnet Liturgie den eucharistischen Gottesdienst (»Göttliche Liturgie«), der rituell und musikalisch breit ausgestaltet wird. Am häufigsten wird die Chrysostomos-Liturgie gefeiert, die auf syrische Traditionen zurückgeht und ihre endgültige Gestalt in Konstantinopel im 14. Jahrhundert erlangte. Sie ist erst spät und zu Unrecht Johannes Chrysostomos zugeschrieben worden. Sie besteht aus der Proskomidie (der »Zurüstung« der Kleriker und der Gaben), der Katechumenenmesse, an der auch Nichtgetaufte (Katechumenen) teilnehmen dürfen, mit Gebeten, Schriftlesung (gegebenenfalls Predigt) und Entlassung der Katechumenen sowie der Gläubigenmesse mit großem Einzug, Cherubim-Hymnus, Anamnese, Konsekration der Gaben (Epiklese), Fürbittgebeten, Kommunion, Verteilung des nicht geweihten Brotes (Eulogie) und Entlassung. Die von Basilius dem Großen bearbeitete Basilius-Liturgie weicht in einigen Gebeten von der Chrysostomos-Liturgie ab und stellt wohl den von dieser beeinflussten kleinasiatischen Typus der Liturgie dar. Sie wird im Laufe des Kirchenjahres nur an einigen Sonn- und Festtagen, v. a. in der großen Fastenzeit, gefeiert. Die »Liturgie der vorgeweihten Gaben« (an Wochentagen der großen Fastenzeit) besteht aus dem Empfang der Kommunion mit den am voraufgegangenen Sonntag geweihten Gaben.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
Gottesdienst · Kult · Messe · Ritus
Literatur: Liturgiewissenschaft.
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Li|tur|gie, die; -, -n [kirchenlat. liturgia < griech. leitourgía = öffentlicher Dienst, zu: leĩtos = das Volk betreffend u. érgon = Arbeit, Dienst] (christl. Kirchen): a) offiziell festgelegte Form des christlichen Gottesdienstes: eine bestimmte L. festlegen; *ambrosianische L. (Form des Gottesdienstes in der Kirchenprovinz Mailand); b) (ev. Kirche) Teil des Gottesdienstes, bei dem Geistlicher u. Gemeinde im Wechsel bestimmte Textstücke singen bzw. sprechen: bei dem Festgottesdienst hält der Gemeindepfarrer die L.
Universal-Lexikon. 2012.