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Bilderbogen
Bịl|der|bo|gen 〈m. 4Druckblatt mit Bildfolgen u. (oft gereimtem) Begleittext

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Bịl|der|bo|gen, der:
mit [betexteter] Bilderfolge bedrucktes Blatt.

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Bilderbogen,
 
ursprünglich einseitig bedruckter Papierbogen mittleren Formates in hoher Auflage, dessen Aussage vom Bild getragen wird, meist mit erläuternder/ergänzender Beschriftung. Die Geschichte des Bilderbogens setzt Ende des 14. Jahrhunderts mit der Möglichkeit der Papieraufbereitung ein, als die im 13. und 14. Jahrhundert beliebten, auf Pergament gemalten Andachtsbilder mittels Holzschnitt auf handliche Papierbögen gedruckt, vervielfältigte populäre Massenkunst wurden. Zu den religiösen Motiven treten weltliche; der Bilderbogen entwickelte sich, vertrieben durch fliegende Händler, zu einer Vorform der illustrierten Zeitung. Seine Blüte hatte er im 16. Jahrhundert in Augsburg und Nürnberg. Im 17. Jahrhundert differenzierten sich die Zielgruppen: der im Holzschnitt geschaffene Bilderbogen wandte sich an ein kleinbürgerlich-ländliches, der nun arbeitsteilig im Kupferstich produzierte an ein städtisch-höfisch orientiertes Publikum. Zu Ende des 18. Jahrhunderts wurden auch spezielle Bilderbögen für Kinder vertrieben, ab 1850 orientierte sich die Produktion vornehmlich an der Zielgruppe Kinder/Jugendliche. Im 19. Jahrhundert wurden die Bilderbögen international vertrieben, zum Teil mehrsprachig beschriftet oder übersetzt; die Kosten sparenden Vervielfältigungsmöglichkeiten der Lithographie trugen dazu bei. Zusätzlich gewannen die Bilderbögen an Attraktivität durch Farbe. Bilderbogenproduktionen fanden sich u. a. in Italien, Spanien, der Schweiz, England, Russland. Bekannt sind die französischen »Imageries populaires« (seit 1664 in Épinal). Die Druckzentren der deutschen Bilderbögen lagen u. a. in Nürnberg, Esslingen am Neckar, Magdeburg, Weißenburg (Elsass). Weltweit dominierend war die Bilderbogenproduktion von Neuruppin. Kaufhäuser und Industrieunternehmen nutzten die Bilderbögen als Werbeträger. Neben der wenig anspruchsvollen Massenproduktion entstanden in München (»Münchener Bilderbogen«, 1849-98) und in Stuttgart (»Deutscher Bilderbogen«, 1866-71) im Xylographieverfahren (Holzstich) Bilderbögen, die von bekannten Künstlern wie F. von Pocci, W. Busch, A. von Menzel und O. Speckter gestaltet wurden. Der Bilderbogen verlor nach dem Ersten Weltkrieg u. a. durch die moderne Bildpresse, die Comics, die Bildpostkarten seine Bedeutung.
 
In Intention und Aussage sind die Bilderbögen sehr vielfältig: Sie wollen belehren, informieren, erbauen, unterhalten. Die Motive reichen von religiösen Themen zu aktueller politischer Information, Sensationsmeldung, Darstellung der Tier- und Pflanzenwelt, Trachten, Militaria, Technik, Berufswelt; sie schließen auch Wiedergabe von Geschichten aller Art (Humor, Märchen, Abenteuer) und Anregung zum Spielen ein. Entsprechend ist auch die Gestaltung der Bilderbögen reichhaltig: Einzelbilder, Bildgeschichten (mit und ohne Schrift), Ausschneidebögen (Papiertheater, Aufstellfiguren, Ankleidepuppen, Konstruktionsbögen), Spiele (Spielkarten, Würfelspiele) u. a. Viele Bilderbögen sind heute in reproduzierten Sammelbüchern wieder zugänglich.
 
Literatur:
 
P. Toschi: Populäre Druckgraphik Europas. Italien (1967);
 W. Brückner: Populäre Druckgraphik Europas. Dtl. (1969);
 Maurits de Meyer: Populäre Druckgraphik Europas. Niederlande (1970);
 U. Eichler: Münchener B. (1974);
 E. Hilscher: Die B. im 19. Jh. (1977);
 U. Fliess: B.-Kinderbogen. Populäre Druckgraphik des 19. Jh. (1980);
 H. Vogel: B., Papiersoldat, Würfelspiel u. Lebensrad (1981).

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Bịl|der|bo|gen, der: mit [betexteter] Bilderfolge bedrucktes Blatt.

Universal-Lexikon. 2012.