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Ablass
Ạb|lass 〈m. 1u
1. etwas, das abgelassen wird
2. Ort od. Vorrichtung zum Ablassen (von Flüssigkeit), Abfluss
3. 〈kath. Lehre〉 Erlassen, Nachlass zeitl. Sündenstrafen
4. Nachlass (vom Preis)
● \Ablass erteilen; jmdm. \Ablass gewähren

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Ạb|lass, der; -es, Ablässe [mhd. aplāʒ, ahd. ablāʒ] (kath. Kirche):
Nachlass von auferlegten Strafen, die von dem Sünder nach seiner Umkehr noch zu verbüßen sind.

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I
Ablass,
 
lateinisch Indulgẹntia, katholisches Kirchenrecht: der »Nachlass zeitlicher Strafen vor Gott für Sünden, deren Schuld schon getilgt ist« (CIC: Can. 992 ). Er wird formal außerhalb des Bußsakraments gewährt und ist an folgende Bedingungen gebunden: Taufe, Freisein von Exkommunikation und die Absicht, Ablass zu erlangen, sowie Beichte, Kommunion, Gebet und die Erfüllung des mit dem Ablass versehenen Werkes. Die Gewährung kann als Teilablass oder vollkommener Ablass erfolgen, je nachdem, ob der Ablass teilweise oder ganz von der zeitlichen Sündenstrafe befreit. Der Gläubige kann diese Ablässe für sich selbst gewinnen oder fürbittweise Verstorbenen zuwenden. Die Vollmacht, Ablass zu gewähren, liegt beim Papst; beschränkte Ablassvollmachten haben die Diözesanbischöfe, Metropoliten, Patriarchen und Kardinäle.
 
Theologischer Hintergrund des Ablasses ist die katholische Bußlehre mit ihrer Unterscheidung zwischen Sündenschuld und Sündenstrafe, wobei zwischen zeitlicher und ewiger Sündenstrafe (Hölle) unterschieden wird. Im Bußsakrament werden die Sündenschuld und die ewige Sündenstrafe (mit einem Teil der zeitlichen) vergeben; der noch ausstehende Teil der zeitlichen Strafe muss noch im irdischen Leben (durch auferlegte Bußwerke) oder im Fegefeuer »abgebüßt« werden. Ersatzweise kann die Kirche kraft ihrer Verfügungsgewalt über den Kirchenschatz diesen Teil für die Sünder »bezahlen«. Die neuere katholische Theologie (K. Rahner) interpretiert den Ablass v. a. geistlich-personal als Hilfe der Kirche zur intensiveren Buße, die neue Chancen christlicher Lebensgestaltung eröffnen hilft.
 
Der Ablass entstand auf dem Boden der frühmittelalterlichen Bußpraxis in der lateinischen Kirche und wurde erstmals im 11. Jahrhundert in Frankreich gewährt. Zunächst noch mit dem Bußsakrament verbunden, wurde er im 13. Jahrhundert von diesem abgetrennt und in der Folge oft als »Bußersatz« missverstanden. Die Kommerzialisierung des Ablasses (Verkauf von Beichtbriefen) setzte im 14. Jahrhundert ein und erreichte am Anfang des 16. Jahrhunderts im planmäßigen, von der Kirche geförderten Ablasshandel ihren Höhepunkt. Gegen diese Praxis trat Luther 1517 mit seinen 95 Thesen gegen den Ablass auf; der Missbrauch wurde jedoch erst durch das Konzil von Trient (1545-63) abgestellt. Die 1967 erfolgte Neuordnung des Ablasswesens durch Papst Paul VI. betont den Ablass als jurisdiktionellen Hoheitsakt der Kirche.
 
Die Ostkirchen kennen den Ablass nicht. Die evangelischen Kirchen lehnen ihn als unzulässigen Eingriff in Gottes Gnadenhandeln, der nicht mit der Bibel begründet werden kann, ab.
 
Literatur:
 
Papst Paul VI.: Apostol. Konstitution Paenitemini (lat. u. dt., 1967);
 N. Paulus: Die Gesch. des Ablasses im MA. (3 Bde. 1922/23);
 B. Poschmann: Der A. im Licht der Bußgeschichte (1948);
 K. Rahner: Kleiner Traktat über den A. (1967).
II
Ablass
 
Die Lehre der katholischen Kirche vom Ablass beruht auf der Unterscheidung von Sündenschuld und Sündenstrafen: Die Sündenschuld wird durch das Sakrament der Buße getilgt, während die zeitlichen Sündenstrafen zur Läuterung des reuigen Sünders im irdischen Leben oder im Fegefeuer abzubüßen sind. Da die Kirche über die überschüssigen Verdienste Christi und der Heiligen als »Kirchenschatz« verfügt, kann sie den Gläubigen für bestimmte Leistungen (z. B. Pilgerfahrten) Ablass der Sündenstrafen gewähren. Die spätmittelalterliche Ablasspraxis nahm einerseits aufgrund der gesteigerten Volksfrömmigkeit, andererseits infolge des wachsenden Finanzbedarfs der Kurie, die zunehmend Ablass für Geldzahlungen gewährte, immer größere Ausmaße an.
 
1517 trat im Gebiet des Kurfürstentums Brandenburg und des Erzstifts Magdeburg der Leipziger Dominikaner Johann Tetzel als Prediger für einen Ablass auf, dessen Erlös dem Bau des Petersdoms in Rom zugute kommen sollte. Tatsächlich aber war die Hälfte des eingenommenen Geldes dazu bestimmt, die Schulden des jungen Albrecht von Brandenburg bei dem Augsburger Finanzhaus Fugger abzutragen, denn Albrecht hatte hohe Schulden auf sich nehmen müssen, um die Häufung seiner geistlichen Ämter (er war Erzbischof von Mainz und Magdeburg und Administrator des Bistums Halberstadt) bei der Kurie zu erkaufen. Die Auswüchse des Tetzelschen Ablasshandels (Ablass für die Sündenstrafen Verstorbener und sogar für eigene zukünftige Sünden gegen entsprechende Zahlung) veranlassten Luther zur Abfassung seiner berühmten 95 Thesen (siehe auch Luther: Thesenanschlag und Kampfschriften), ohne dass er allerdings etwas von den politischen Hintergründen dieses Geschäfts ahnte.

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Ạb|lass, der; -es, Ablässe [mhd. aplāʒ, ahd. ablāʒ] (kath. Kirche): Nachlass von auferlegten Strafen, die von dem Sünder nach seiner Umkehr noch zu verbüßen sind: „Jesus Barmherzigkeit“ bringt hundert Tage A. (Winckler, Bomberg 137).

Universal-Lexikon. 2012.