Stọlberg,
Name von geographischen Objekten:
1) Stọlberg (Harz), Stadt im Landkreis Sangerhausen, Sachsen-Anhalt, 330 m über M., im Südharz, in den Tälern von Thyra und Lude, 1 600 Einwohner; Heimatmuseum.
Geschlossenes historisches Stadtbild im Fachwerkstil, vom Schloss (im Kern 13./14. Jahrhundert, im 16. Jahrhundert im Renaissancestil umgebaut) überragt, mit spätgotischer Stadtpfarrkirche Sankt Martini (Ende 15. Jahrhundert; reiche Ausstattung, u. a. Taufstein von 1599), Rathaus (1482, um 1600 erneuert), zahlreichen Fachwerkhäusern, darunter Alte Münze (1535; Heimatmuseum, Thomas-Müntzer-Gedenkstätte), Altes Bürgerhaus (um 1450), Rittertor (vor 1300) und Saigerturm (13. Jahrhundert). Nordöstlich der Stadt auf dem Großen Auerberg (580 m über M.) ein 38 m hoher eiserner Aussichtsturm in Form eines Doppelkreuzes (Josephskreuz).
Stolberg entstand um 1000 als Bergmannssiedlung und entwickelte sich im Schutz der Burg der Grafen von Stolberg im 13. Jahrhundert zur Residenzstadt, die 1815 an Preußen fiel.
Geburtsort von T. Müntzer.
2) Stọlberg (Rheinland), Stadt im Rheinland, im Kreis Aachen, Nordrhein-Westfalen, 200 m über M., am Nordrand der Eifel östlich von Aachen, am Zusammenfluss von Inde und Vicht, 58 400 Einwohner; Handwerks-, Industriemuseum; Blei-, Messing-, Zink- und Glaserzeugung, chemisch-pharmazeutische, Textil-, Kleineisen- sowie Elektronikindustrie (Flugsimulatorenbau) und Medizintechnik.
Die Ruine der mittelalterlichen Burg wurde 1888 ff. schlossartig ausgebaut (1951-53 nach Kriegsschäden wiederhergestellt, zum Teil im spätmittelalterlichen Zustand).
Im Schutz einer Burg des 12. Jahrhunderts entstand die Siedlung Stolberg, die vorübergehend an das Herzogtum Jülich fiel. Mit Ansiedlung der aus Aachen vertriebenen Protestanten wurde um 1600 die Messingindustrie zu hoher Blüte gebracht. 1856 wurde Stolberg Stadt.
A. Brecher: Gesch. der Stadt S. in Daten (1990).
Stọlberg,
im Harz beheimatetes Uradelsgeschlecht und dessen Territorien (Grafschaften); 1200 erstmals, 1210 als Stạlberg urkundlich bezeugt. 1548 teilte sich das Haus nach der 1539 eingeführten Reformation in eine rheinische (1631 erloschene) und eine Harzer Linie. Diese verzweigte sich 1645 in die Linien Stolberg-Wernigerode und Stolberg-Stolberg. Von Stolberg-Wernigerode, 1890 in den preußischen Fürstenstand erhoben, zweigte 1677 die Nebenlinie Stolberg-Gedern ab (1742 in den Reichsfürstenstand erhoben, 1804 erloschen). Die Linie Stolberg-Stolberg und die 1706 von ihr abgezweigte Nebenlinie Stolberg-Roßla (im Mannesstamm erloschen) wurden 1893 in den preußischen Fürstenstand erhoben. - Bedeutende Vertreter:
1) Christian Graf zu Stolberg-Stolberg, Dichter und Übersetzer, * Hamburg 15. 10. 1748, ✝ Windeby (bei Eckernförde) 18. 1. 1821, Bruder von 2); studierte mit seinem Bruder Rechtswissenschaft, zuerst in Halle (Saale), dann in Göttingen, wo er sich dem Dichterkreis Göttinger Hain anschloss; Bekanntschaft mit Goethe (gemeinsame Reise in die Schweiz) und J. K. Lavater. Stolberg schrieb Singspiele, patriotische Lieder und Liebeslyrik sowie dramatische Werke; bedeutend sind seine Übersetzungen aus dem Griechischen und Lateinischen. Seine Hauptwerke schuf er zusammen mit seinem Bruder.
2) Friedrich Leopold Graf zu Stolberg-Stolberg, Dichter und Übersetzer, * Bramstedt 7. 11. 1750, ✝ Schloss Sondermühlen (heute zu Melle) 5. 12. 1819, Bruder von 1); teilte mit seinem Bruder bis 1776 Studien, Reisepläne und poetische Interessen, war wie dieser Mitglied des Göttinger Hains, bekannt mit F. G. Klopstock und M. Claudius, Beziehungen zu Goethe, J. H. Voss und J. K. Lavater, später zu J. G. Hamann, F. H. Jacobi und J. G. Herder. 1777 ging Stolberg als Gesandter des Fürstbischofs von Lübeck an den dänischen Hof, 1781-83 übernahm er ein Hofamt in Eutin; 1789 ging er für zwei Jahre als dän. Gesandter nach Berlin. Nach einer Italienreise (1791-93) kam er in Kontakt zum westfälischen Adel, v. a. aber zu Fürstin Gallitzin. Damit entfernte er sich von den früher verfochtenen freiheitlichen Idealen und vertrat nunmehr die Positionen der politischen und kirchlichen Reaktion. 1800 zog er sich aus allen Ämtern zurück, siedelte nach Münster über und konvertierte mit seiner (zweiten) Frau Sophie (* 1765, ✝ 1842) zum Katholizismus (Bruch u. a. mit Goethe, Schiller und Voss). Stolberg begann als Dichter mit pathetisch-revolutionären und christlich-patriotischen Gedichten (besonders Oden und Hymnen), die Freiheitsliebe, Vaterlandsliebe und Tyrannenhass besingen; später schrieb er um strenge klassische Formen bemühte Dramen und Oden, die nicht frei von religiöser Schwärmerei sind. Mit diesem Geist beeinflusste er die deutschen Romantiker. Goethe und Schiller griffen die Brüder Stolberg, besonders Friedrich Leopold, 1796 in den »Xenien« an; doch verkannten sie nicht des Letzteren Leistungen auf dem Gebiet der Übersetzung (v. a. die erste deutsche Übertragung der »Ilias«, 1778) und den Wert seiner Reisebeschreibung »Reise in Deutschland, der Schweiz, Italien und Sicilien« (4 Bände, 1794).
Weitere Werke: Die Insel (1788); Geschichte der Religion Jesu Christi, 15 Bände (1811-18).
Gedichte (1779; mit seinem Bruder Christian Stolberg); Schauspiele mit Choeren (1787; mit demselben); Vaterländische Gedichte (1815; mit demselben).
Ausgaben: Christian und F. L. von Stolberg. Gesammelte Werke, 20 Bände (1820-25, Nachdruck 1974, 10 Bände); Briefe, herausgegeben von J. Behrens (1966); Numa, herausgegeben von demselben (1968, Romanfragment).
Universal-Lexikon. 2012.