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Schliemann
Schliemann,
 
Heinrich, Kaufmann und Altertumsforscher, * Neubukow 6. 1. 1822, ✝ Neapel 26. 12. 1890. Während seiner Handelsgehilfenausbildung begann Schliemann, sich umfassende Sprachkenntnisse zu erwerben, denen er nicht zuletzt seinen Aufstieg im Amsterdamer Handelskontor verdankte. 1847 gründete er ein eigenes Kontor in Sankt Petersburg, das ihm ein großes Vermögen einbrachte. Ab 1858 unternahm er Bildungsreisen in Europa, Ägypten, Indien, China, Japan und Mittelamerika, 1866 nahm er das Studium der Archäologie in Paris auf. Ergebnis einer zielgerichteten Reise nach Griechenland und Kleinasien (1868) war die Entdeckung Trojas; über »Ithaka, der Peloponnes und Troja« promovierte er 1869 in Rostock. Seitdem in Athen ansässig, grub er 1870, 1871-73, 1878/79, 1882 und 1890 in Troja, 1876 in Mykene, 1880/81 und 1886 in Orchomenos und 1884/85 in Tiryns. Seine Idee war es, die von Homer und in den Sagen genannten Stätten zu finden und die griechische Frühgeschichte aufzuhellen. Schliemann ist nicht nur durch seine sensationellen Funde bedeutend, sondern v. a. durch seine Methodik wegweisend, die nicht bloßer Schatzsuche, sondern der wissenschaftlichen Klärung diente. Vor Grabungsbeginn stehen seit Schliemann systematische Auswertung der literarischen Quellen, topographische Erkundung, Befragungen der Einheimischen und Probenuntersuchungen. Für Grabungen entwickelte er seit 1882 mit W. Dörpfeld die stratigraphische Methode: Klärung der Kulturschichtenfolge (z. B. durch Sammeln von Einzelbeobachtungen, besonders der Keramik im Fundzusammenhang der einzelnen Schichten) bis zum gewachsenen Boden (schon in Troja erfolgreich praktiziert), Heranziehung von Spezialisten. Schliemann hielt die 2. Schicht (die zweite Stadt) für das homerische Troja. 1873 hob er den »Schatz des Priamos« (die Bezeichnung verwendete Schliemann nur anfangs), der nicht Priamos, sondern mykenischen Königen der Bronzezeit um 1600 v. Chr. zugeschrieben wird, und schenkte ihn »dem deutschen Volk zu ewigem Besitz und ungetrennte(r) Aufbewahrung in der Reichshauptstadt«. 1881 gelangte der Schatz in das Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte, von wo er (wie erst 1993 offiziell bekannt wurde) 1945 als Beutegut in die Sowjetunion verbracht wurde und sich seitdem im Puschkin-Museum in Moskau befindet (dort erste öffentliche Präsentation 1996). - Das Schliemann-Museum im Elternhaus des Troja-Entdeckers in Ankershagen (Landkreis Müritz) wurde nach umfangreicher Sanierung und mit neuer Konzeption der Sammlung 1998 wieder eröffnet.
 
Werke: La Chine et le Japon au temps présent (1867; deutsch Reise durch China und Japan im Jahre 1865); Mykenae. Bericht über meine Forschungen und Entdeckungen in Mykene und Tiryns (1878); Orchomenos (1881); Troja. Ergebnisse meiner neuesten Ausgrabungen. .. im Jahre 1882 (1884); Selbstbiographie (herausgegeben 1892).
 
Ausgaben: Briefwechsel, herausgegeben von Ernst Meyer, 2 Bände (1953-58); Abenteuer meines Lebens, herausgegeben von H. A. Stoll (Leipzig 51990); Bericht über die Ausgrabungen in Troja in den Jahren 1871 bis 1873, herausgegeben von M. Korfmann (1990).
 
Literatur:
 
J. Herrmann: H. S. Wegbereiter einer neuen Wiss. (Berlin-Ost 1974);
 H. Döhl: H. S. Mythos u. Ärgernis (1981);
 M. Siebler: Troia - Homer - S. Mythos u. Wahrheit (1990);
 W. Richter: H. S. Dokumente seines Lebens (1992);
 K. Goldmann u. W. Schneider: Das Gold des Priamos. Gesch. einer Odyssee (1995);
 H. Einsle u. W. Bölke: Das H.-S.-Lex. (1996);
 
Der Schatz aus Troja. S. u. der Mythos des Priamos-Goldes, übers. v. C. König, Ausst.-Kat. Staatl. Puschkin-Museum für Bildende Künste, Moskau (a. d. Russ., 1996);
 J. Cobet: H. S. Archäologe u. Abenteurer (1997).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
griechische Geschichte beginnt mit Homer
 
Troja: Der Schatz des Priamos
 

Universal-Lexikon. 2012.