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Hugenottenkriege
I
Hugenottenkriege
 
Die Kriege zwischen den Glaubensparteien brachten Frankreich eine lange Epoche innerer Auseinandersetzungen, die Hugenottenkriege, die sich von 1562 bis 1598 hinzogen. Unterbrochen wurden sie jeweils durch königliche Edikte, die in ganz unterschiedlicher Weise die Toleranzfrage regelten. Zwar hatten auch die lutherischen Ideen einen gewissen Einfluss gehabt, aber erst die Lehren Calvins gaben dem französischen Protestantismus seine Prägung. Der Süden und Südwesten waren die Hauptverbreitungsgebiete der französischen Calvinisten, der Hugenotten (abgeleitet von »Eidgenossen«), wobei der Anteil des Adels besonders hoch war. Auf ihrer ersten Nationalsynode in Paris (1559) hatten sie ihr Bekenntnis, die Confessio Gallicana, formuliert.
 
Zu einer Verschärfung des konfessionellen Bürgerkriegs kam es durch die Bartholomäusnacht (23./24. August 1572), in der in Paris über 2000 Hugenotten ermordet wurden; in ganz Frankreich waren es etwa 8000. Die Hugenotten taten nun erste Schritte in Richtung Eigenstaatlichkeit, ein Bestreben, das sie mit dem Freiheitskampf der Vereinigten Provinzen der Niederlande gegen Spanien verglichen.
 
Als sich König Heinrich III. gegenüber den Hugenotten als nachgiebig erwies und ihnen im Frieden von Beaulieu 1576 weitgehende Religionsfreiheit zugestand, wurde von Henri de Guise eine mithilfe Philipps II. von Spanien finanzierte Vereinigung ins Leben gerufen, die für die Krone in gleicher Weise gefährlich werden konnte wie für die von den Bourbonen unterstützten Hugenotten: die Heilige Liga der radikalen Katholiken. Seine Ambitionen richteten sich auch auf die Krone.
 
Die Hugenottenkriege waren begleitet von einer Diskussion über den modernen Staat. Die calvinistischen Monarchomachen vertraten die Widerstandslehre, während die von Jean Bodin (1530-96), der selbst nur knapp der Bartholomäusnacht entronnen war, in seiner Staatstheorie (»Les six livres de la République«, 1576) eine Souveränitätslehre entwickelte, die zur Grundlage des absolutistischen Fürstenstaates wurde. 1589 wurde der schwache König Heinrich III. von einem Dominikanermönch ermordet. Der Konflikt wurde erst durch den zum Katholizismus konvertierten Hugenotten Heinrich IV. mit dem Edikt von Nantes 1598 beendet.
II
Hugenọttenkriege,
 
französische Religionskriege, acht aufeinander folgende, konfessionell und politisch bedingte Bürgerkriege in Frankreich (1562-63, 1567-68, 1568-70, 1572-73, 1574-76, 1576-77, 1579-80, 1585-98). Anlass des ersten Krieges war das von Herzog F. de Guise angerichtete Blutbad von Wassy (1. 3. 1562, eine Reaktion auf die Verletzung der Bestimmungen des 1. Religionsedikts von Saint-Germain-en-Laye (1562) durch die Hugenotten. Die ersten drei Kriege nahmen einen für die Hugenotten ungünstigen Verlauf, doch erreichten sie im Friedensedikt von Amboise (1563) eine ständisch abgestufte Freiheit der Religionsausübung. Im 2. Edikt von Saint-Germain-en-Laye (1570) wurden ihnen darüber hinaus eine Reihe von Sicherheitsplätzen gewährt (u. a. La Rochelle). Die von ihrem Führer G. de Coligny angestrebte Aussöhnung mit der Krone wurde jedoch durch die Bartholomäusnacht (1572) vereitelt. Die folgenden Kriege, in denen die Hugenotten gegen die Herrschaft der Königinmutter Katharina von Medici und ihrer Söhne, Karls IX. (✝ 1574) und Heinrichs III., kämpften, brachten keine Entscheidung, doch gelang es den Hugenotten, im Frieden von Beaulieu (1576) ihre Forderungen durchzusetzen. Ihre einem Staat im Staate ähnliche Stellung rief als katholische Gegenbewegung die »Heilige Liga« unter der Führung des Herzogs H. de Guise hervor. Unter ihrem wachsenden Druck und der Einwirkung Spaniens widerrief Heinrich III. im Edikt von Nemours (1585) alle den Hugenotten eingeräumten Rechte und veranlasste so den achten Hugenottenkrieg, den »Krieg der drei Heinriche« (Heinrich III., Heinrich von Navarra, Heinrich von Guise). Gegen den dynastisch begründeten Anspruch des Hugenottenführers Heinrich von (Bourbon-)Navarra auf den französischen Thron (seit 1584) erhob sich die Liga unter Führung der Guise. Um sich der Vormundschaft der Guise und dem Druck der Liga zu entziehen, ließ Heinrich III. Henri de Guise und dessen Bruder, Kardinal Louis de Guise, in Blois ermorden (1588) und verband sich mit Heinrich von Navarra. Nach dem Aussterben des Hauses Valois infolge der Ermordung Heinrichs III. (1589) setzte Heinrich von Navarra (seit 1589 als König Heinrich IV.) den Kampf gegen die Liga fort, konnte aber erst durch seine Konversion zum katholischen Glauben (1593) allgemeine Anerkennung als König von Frankreich erlangen und durch das den Hugenotten gewährte Edikt von Nantes (1598) den inneren Frieden Frankreichs wiederherstellen, ohne aber wirkliche Toleranz durchzusetzen.
 
Die Hugenottenkriege bedrohten die unter Franz I. und Heinrich II. erreichte Zentralisierung der Monarchie und führten zeitweise zu einem Wiederaufleben regionaler Kräfte. Die protestantische Auswanderung sowie die Massaker und Verwüstungen hatten eine Stagnation von Handel und Gewerbe in Frankreich zur Folge.
 
Literatur:
 
J. Lecler: Gesch. der Religionsfreiheit im Zeitalter der Reformation, Bd. 2 (a. d. Frz., 1965);
 E. Barnavi: Le parti de Dieu. Étude sociale et politique des chefs de la Ligue parisienne, 1585-1594 (Brüssel 1980);
 P. Miquel: Les guerres de religion (Paris 1980);
 G. Livet: Les guerres de religion, 1559-1598 (ebd. 51983);
 M. Cassan: Le temps des guerres de religion (ebd. 1996).
 
Weitere Literatur: Hugenotten.

Universal-Lexikon. 2012.