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Seerecht
See|recht 〈n. 11; unz.〉 alle für Schifffahrt u. Seewesen geltenden Vorschriften

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See|recht, das:
die Nutzung der Meere, bes. die Seeschifffahrt regelndes Recht:
eine Verletzung des internationalen -s.

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Seerecht,
 
die Gesamtheit der Regelungen seebezogener Rechtsverhältnisse, insbesondere der Seeschifffahrt und der Seenutzung, unterschieden herkömmlich in Seeprivatrecht und Seevölkerrecht; hinzu tritt (beide überschneidend) ein immer zunehmender Bereich staatlichen Verwaltungsrechts.
 
Das Seeprivatrecht umfasst Seehandelsrecht im weiteren Sinn mit Güter- und Personenbeförderung (Seefrachtvertrag, Konnossement), Schiffsnutzung, Schiffskollision, Bergung, Havarie, Schiffsrecht, Seearbeitsrecht (Heuerverhältnis) sowie Seeversicherungsrecht. Rechtsquellen sind in Deutschland v. a. das 5. Buch des HGB (§§ 476-905), das Seemannsgesetz vom 26. 7. 1957, das Schiffsrechtegesetz vom 15. 11. 1940, die Allgemeinen Deutschen Seeversicherungsbedingungen (ADS) von 1919 (Seeversicherung) sowie insbesondere internationale Abkommen zum Seehandelsrecht und Seearbeitsrecht.
 
Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes (Art. 74 Ziffer 21 GG) sind Hochsee- und Küstenschifffahrt, Seezeichen und Seewasserstraßen; Gegenstand bundeseigener Verwaltung sind Bundeswasserstraßen und Schifffahrt (Art. 87 GG). Zentrale Regelung ist das Seeaufgabengesetz (in der Fassung vom 18. 9. 1998), ferner das Flaggenrechtsgesetz (in der Fassung vom 26. 10. 1994, Flagge), die Schiffsregisterordnung (in der Fassung vom 26. 5. 1994), das Gesetz über die Küstenschifffahrt (in der Fassung vom 27. 9. 1994) sowie die Seeschifffahrtsstraßenordnung (in der Fassung vom 22. 10. 1998). Wichtige Bereiche sind international geregelt, v. a. die Verkehrsregelung durch das Übereinkommen vom 20. 10. 1972 über die internationalen Regeln zur Verhütung von Zusammenstößen auf See (Kollisionsverhütungsregeln, Seeschifffahrtsstraßenordnung), die Schiffssicherheit durch das Übereinkommen vom 1. 11. 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS) und der Umweltschutz durch das Übereinkommen vom 2. 11. 1973 zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL).
 
Das Recht der österreichischen Seeschiffe wird (neben zahlreichen multilateralen sowie völkerrechtlichen Verträgen) durch das Seeschifffahrtsgesetz vom 19. 3. 1981 in der Fassung vom 1993 geregelt. Dieses enthält besonders Vorschriften betreffend Zulassung und Führung von Schiffen, Eignung der Besatzung, Förderung der österreichischen Seeschifffahrt sowie gerichtlich (z. B. § 46 »Seeräubertum«) und verwaltungsbehördlich zu ahndende Straftatbestände.
 
Für Schiffe unter Schweizer Flagge gilt das Seeschifffahrtsgesetz vom 23. 9. 1953. Einziger Registerhafen ist Basel, registriert werden nur die Schiffe von Schweizer Bürgern oder Gesellschaften, deren Beteiligte ausschließlich Schweizer Bürger sind und von denen mindestens drei Viertel in der Schweiz wohnen.
 
Dem Seevölkerrecht herkömmlich ausgegliedert wird das Seekriegsrecht. Das Seefriedensrecht, bis ins 20. Jahrhundert hinein Gewohnheitsrecht, ist nun im Ergebnis der dritten UN-Seerechtskonferenz (»United Nations Conference on the Law of the Sea«, UNCLOS, 1973-82) kodifiziert in der Seerechtskonvention der Vereinten Nationen vom 10. 12. 1982 (in Kraft seit 16. 11. 1994). Diese bestätigt den im klassischen Völkerrecht herausgebildeten Grundsatz der Meeresfreiheit (Freiheit der Meere, Meer), normiert aber auch Pflichten der Staaten, die das Meer zu den verschiedenen Zwecken (Schifffahrt, Fischerei, Abbau von Bodenschätzen auf dem Meeresboden und Meeresuntergrund, Abfallbeseitigung usw.) benutzen oder Teile desselben als Staatsgebiet besitzen (Territorialgewässer). Für die Breite der Küstengewässer ist eine Höchstgrenze von 12 Seemeilen festgesetzt worden. Die Benutzung der Meerengen für die internationale Schifffahrt wird in Art. 34-45 geregelt. Weitere Spezialkapitel betreffen die Inselstaaten, die ausschließliche Wirtschaftszone, den Festlandsockel (Schelf), die Binnenmeere, die Rechte der Binnenstaaten und v. a. den Umweltschutz. Der diesen betreffende Teil bekräftigt zwar das Recht der souveränen Staaten, ihre natürlichen Ressourcen zu nutzen, verpflichtet sie aber zu Maßnahmen, die Meeresverschmutzung zu verhindern, zu reduzieren und zu kontrollieren. Er regelt die internationale und regionale zwischenstaatliche Zusammenarbeit zu diesen Zwecken, die technische Hilfeleistung, die Erfüllung der völkerrechtlichen Pflichten durch innerstaatliche Maßnahmen und internationale Rechtshilfe. Für Streitigkeiten aus der Seerechtskonvention besteht der Internationale Seegerichtshof in Hamburg.
 
Literatur:
 
C. J. Colombos: Internat. S. (a. d. Engl., 1963);
 C.-G. Hasselmann: Die Freiheit der Handelsschiffahrt. Eine Analyse der UN-S.-Konvention (1987);
 
Internat. S. Textausg., hg. v. R. Platzöder u. a. (1990);
 
A handbook on the new law of the sea, hg. v. R.-J. Dupuy u. a., 2 Bde. (a. d. Frz., Dordrecht 1991);
 E. Beckert u. G. Breuer: Öffentl. S. (1991);
 E. D. Brown: The international law of the sea, 2 Bde. (Aldershot 1994);
 H.-J. Puttfarken: Seehandelsrecht (1997);
 R. Rodière u. E. du Pontavice: Droit maritime (Paris 121997).
 
Weitere Literatur: Meer, Meeresgrund, Meeresverschmutzung.
 

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See|recht, das <o. Pl.>: die Nutzung der Meere, bes. die Seeschifffahrt regelndes Recht.

Universal-Lexikon. 2012.