In|ti|fa|da 〈f.; -; unz.; seit 1987〉 Aufstand der Palästinenser in den von Israel besetzten Gebieten [arab., „Aufstand, Erhebung“]
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In|ti|fa|da, die; - [aus arab. intifāḍa = Aufstand, Erhebung]:
palästinensische Widerstandsbewegung in den von Israel besetzten Gebieten.
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Intifada
[arabisch »(Staub) von sich abschütteln«, »sich erheben«] die, -, Aufstand der palästinensischen Araber im Gazastreifen, in Ost-Jerusalem und im Westjordanland gegen die israelische Besatzungsmacht. Die erste Intifada begann am 8. 12. 1987 im Gazastreifen, der bis 1993/94 auch eine Hochburg der Aufständischen blieb; Ziel war die Errichtung eines eigenen Palästinenserstaates. In einer Kette relativ kleiner, aber täglicher Zwischenfälle griffen die Aufständischen unter der Führung der islamistischen Organisationen Djihad Islami und Hamas (v. a. Jugendliche) mit primitiven Kampfmitteln (z. B. Steine, Molotowcocktails) israelische Soldaten und Zivilisten an; aber u. a. auch Generalstreiks, Massendemonstrationen und Steuerverweigerungen waren Mittel der von der Mehrheit der Bevölkerung in den besetzten Gebieten getragenen Intifada. Obwohl diese primär gegen die israelische Besatzungsmacht gerichtet war, hatte sie in der Bevölkerung in den besetzten Gebieten einen Legitimationsverlust für die aus dem Exil operierende PLO zur Folge. Deren Nationalrat rief daher am 15. 11. 1988 in Algier den Staat »Palästina« aus, erkannte indirekt das Existenzrecht Israels an und erreichte damit zwar nicht die internationale Anerkennung des Staates, aber die Bereitschaft der internationalen Gemeinschaft, den PLO-Vorsitzenden Arafat als legitimen Sprecher der Palästinenser anzusehen. Ab diesem Zeitpunkt gab es innerhalb der Intifada auch einen Machtkampf zwischen Anhängern der islamistischen Gruppen und der PLO. Die Intifada forderte mehr als 2 000 Tote, besonders auf der Seite der Palästinenser. Dabei ist der größte Teil auf die oft als unangemessen hart kritisierten Gegenmaßnahmen der Besatzungsmacht zurückzuführen, ein kleinerer, nicht eindeutig zu beziffernder aber auch den innerpalästinensischen Auseinandersetzungen, die mit dem »Osloer Friedensprozess« (Gaza-Jericho-Abkommen vom 13. 9. 1993) und dem darauf basierenden Autonomieabkommen (4. 5. 1994; »Kairoer Abkommen«) an Schärfe zunahmen, da Djihad Islami und Hamas entschieden gegen die Friedensvereinbarungen waren und das Existenzrecht Israels nicht anerkennen wollten. Trotzdem verlor die Intifada danach an gesellschaftlichem Rückhalt. Außerdem wurde Arafat mit dem Zugeständnis einer eigenen Polizei zugleich auferlegt, mit dieser den Aufstand niederzuschlagen.
Der demonstrative Besuch des Jerusalemer Tempelbergs durch den Likud-Vorsitzenden A. Scharon (28. 9. 2000) wurde zum Auslöser eines neuen allgemeinen Aufstandes der Palästinenser in den Autonomiegebieten gegen die israelische Armee und den ins Stocken geratenen Friedensprozess (Herbst 2000), der auch »zweite« beziehungsweise - nach dem Ausgangsort - »Al-Aksa-Intifada« genannt wurde. Führender Träger dieser zunächst spontanen, bald aber zunehmend organisierten Unruhen im Gazastreifen, in Ost-Jerusalem und im Westjordanland war von Beginn an die Al-Fatah (»Tanzim-Truppen« und Elitetruppe »Force 17«); daneben beteiligten sich auch Hamas und andere Gegner Israels wie Islamisten und »linke« Kräfte maßgeblich an den Kämpfen. Der Ausbruch neuerlicher Gewalt im Nahen Osten forderte bis Ende 2001 etwa 1 000 Todesopfer, zumeist Palästinenser. Seither hat es infolge häufigerer und dabei einiger schwerer Selbstmordattentate eine größere Zahl von zivilen Opfern auf israelischer Seite gegeben.
Der 2001 zunehmenden Eskalation versuchte die neue israelische Regierung unter A. Scharon mit drastischen Gegenmaßnahmen zu begegnen. Dazu gehörte v. a. der gezielte Angriff auf palästinensische Polizeistationen und andere Einrichtungen der Autonomiebehörde bis hin zur Zerstörung von Arafats Hubschraubern und zur Unbrauchbarmachung der Rollbahn des internationalen Flughafens im Gazastreifen sowie die menschenrechtswidrige gezielte präventive »Liquidierung« von Personen, die des Terrorismus verdächtigt werden. Wegen der neben Hamas führenden Beteiligung der »Volksfront für die Befreiung Palästinas« (PFLP) an der »zweiten« Intifada wurde mit Abu Ali Mustafa Sibri (* 1938; ab Juli 2000 ihr Generalsekretär) am 27. 8. 2001 in Ramallah der bislang ranghöchste palästinensische Politiker bei einer dieser Aktionen durch Raketenangriff getötet. Dieses Vorgehen ist keineswegs geeignet, radikale Islamisten davon abzuschrecken, im israelischen Kernland immer wieder teilweise sehr folgenschwere Selbstmordattentate zu verüben. Als Anfang Dezember 2001 innerhalb von 24 Stunden 25 Israelis bei Anschlägen, zu denen sich Hamas und Djihad Islami bekannten, ums Leben kamen, verbot Arafat die beiden Organisationen, ohne aber die nach israelischem Verständnis führenden Terroristen festzunehmen. V. a. beharrte Israel ultimativ auf der Auslieferung der namentlich bekannten Mörder des Tourismusministers R. Zeevi, getötet am 17. 10. 2001. Als dies bis zum 13. 12. 2001 nicht geschah, erklärte Scharon Arafat für »nicht mehr relevant« und ließ dessen Residenz in Ramallah umstellen. Arafat wurde unter Hausarrest gestellt, obwohl die durchschnittliche tägliche Zahl von »terroristischen Vorfällen« seit Ende November 2001 von 130 auf fünf abgesunken war. Der faktische Hausarrest für Arafat blieb über drei Monate hinweg bestehen und wurde erst am 11. 3. 2002 teilweise und Anfang April 2002 auf internationalen Druck hin ganz aufgehoben. Im Frühjahr 2002 kam es zur weiteren Verhärtung des Konflikts. Er war auf palästinensischer Seite durch eine ganze Serie von Selbstmordattentaten gekennzeichnet, an denen sich erstmals auch Frauen und in zunehmender Zahl Kämpfer der Arafats Fatah nahe stehenden Al-Aksa-Brigaden beteiligten. Auf israelischer Seite wurden die Militäraktionen fortgesetzt, wobei ab 12. 3. 2002 fast alle großen Städte in den Autonomiegebieten über Wochen hinweg besetzt und nach mutmaßlichen Terroristen durchsucht wurden. Da mehrere Selbstmordattentäter aus dem Flüchtlingslager von Jenin stammten, wurde der dortige palästinensische »Widerstand« brutal zerschlagen. Der palästinensische Vorwurf, von israelischer Seite sei dabei ein Massaker verübt worden, konnte nicht überprüft werden. Um die israelische Grenze für Terroristen unüberwindbar zu machen, wurde im Juni 2002 damit begonnen, das Autonomiegebiet im Westjordanland mit einem elektronisch gesicherten Zaun zu umgeben.
Hintergrund der blutigen Unruhen ist v. a. die Enttäuschung vieler Palästinenser über die ausgebliebene »Friedensdividende« (seit 1993) und die auch nach 1999 immer wieder verschobenen Endstatusverhandlungen. Zum anderen kommt darin auch ein innerpalästinensischer Machtkampf zum Ausdruck, dessen Arafat nur bedingt Herr ist und in dem er zeitweilig an politischem Gewicht verlor, jedoch durch den Hausarrest wieder an Popularität gewonnen hat. Die Regierung Scharon scheint dennoch den Ausgang dieses Machtkampfes abwarten zu wollen, obwohl es keinerlei Anzeichen dafür gibt, dass ein Nachfolger des immerhin durch Wahlen an die Macht gekommenen Arafat für die Beendigung der Gewalt und eine Einigung über die grundlegenden Differenzen ein für Israel weniger schwieriger Partner wäre.
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Israel: Der Staat Israel und der Nahostkonflikt
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In|ti|fa|da, die; - [aus arab. intifāḍa = Aufstand, Erhebung]: palästinensische Widerstandsbewegung in den von Israel besetzten Gebieten.
Universal-Lexikon. 2012.