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Weimar
Weimar,
 
kreisfreie Stadt in Thüringen, 242 m über dem Meeresspiegel, an der Ilm, im Südosten des Thüringer Beckens, 62 000 Einwohner; Oberverwaltungsgericht, Sitz des Verfassungsgerichtshofs Thüringens, Bauhausuniversität (1996 aus der Hochschule für Architektur und Bauwesen hervorgegangen), Hochschule für Musik; Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Goethe-Institut (seit 1996), Sitz der Stiftung Weimarer Klassik, der Goethe-Gesellschaft in Weimar und der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft; Museum für Ur- und Frühgeschichte, Bauhaus-Museum (in der Kunsthalle am Theaterplatz, 1995 eröffnet), Staatliche Kunstsammlungen zu Weimar (im Schloss), Stadtmuseum, W.-Haus (virtuelle Geschichtsdarstellung), Staatskapelle Weimar und Deutsches Nationaltheater. Die Wirtschaft der Stadt bestimmen mittelständischen Unternehmen, besonders des Elektro-, Metall- und Baugewerbes; bedeutender Fremdenverkehr. Weimar wurde zur »Kulturstadt Europas 1999« ernannt. Die Bauhaus-Erinnerungsstätten gehören seit 1996, das »klassische Weimar« seit 1998 zum UNESCO-Weltkulturerbe.
 
Stadtbild:
 
Im Zentrum der Altstadt liegt die Stadtpfarrkirche (»Herderkirche«, 1498-1500; 1735-45 barockisiert) mit einem Altartryptichon von L. Cranach dem Älteren (1555 von seinem Sohn vollendet), Grabdenkmälern der ernestinischen Fürsten und dem Sarkophag J. G. Herders. Bauten der Renaissance sind das Rote (1574-76) und das Grüne Schloss (1562-69, mehrfach, u. a. 1761-66 und 1844-49, verändert, Herzogin Anna Amalia Bibliothek). Die 1945 zerstörten Renaissancehäuser um den Markt wurden wieder aufgebaut, erhalten blieben das Cranachhaus (1549) und das historische Hotel »Elephant« (heutiger Bau 1938) sowie das Rathaus (1837-41). Im Barockstil entstanden u. a. die Jakobskirche (1712/13), das Gelbe Schloss (1702 begonnen), das Goethehaus am Frauenplan (1709, Goethe-Nationalmuseum) und das Wittumspalais (1767, Einrichtung aus der Goethezeit, Wieland-Museum). Unter Herzog Karl August erhielt die Stadt ihr klassizistisches Gepräge. Nach einem Brand (1774) wurde das Stadtschloss 1789 ff. wiederhergestellt (klassizistisch v. a. Treppenhaus, Festsaal und Falkengalerie), neubarocker Südflügel von 1913/14, vorgelagert sind die von der ehemaligen Burg Hornstein (15./16. Jahrhundert) erhaltene »Bastille« (Portal 1545) und der Schlossturm. Hinter dem Schloss beginnt der Ilmpark (60 ha), u. a. mit dem Gartenhaus Goethes (17. Jahrhundert) und dem Römerbriefen Haus (1792-97). Das ehemalige Fürstenhaus (1770-73) ist heute Hochschule für Musik. Klassizistisch sind das Bertuchhaus (1802-06, Stadtmuseum), das Schillerhaus (1777; 1802-05 von Schiller bewohnt, angrenzend Schiller-Museum, 1984-88) und auf dem Alten Friedhof die Fürstengruft (1824-27) mit den Sarkophagen von Schiller und Goethe sowie der herzoglichen Familie. Vor dem Deutschen Nationaltheater (1907-08 von Max Littmann [* 1862, ✝ 1931] und Jakob Heilmann [* 1846, ✝ 1927] an der Stelle des ehemaligen Hoftheaters erbaut, Wiederaufbau 1947/48) das Goethe- und Schiller-Denkmal von E. F. A. Rietschel (1852-57); Liszthaus (1869-86 Wohnsitz des Komponisten). In der »Villa Silberblick« (beherbergte 1897-1945 das Nietzsche-Archiv) befindet sich heute die Nietzsche-Gedenkstätte. Das Hauptgebäude der heutigen Bauhausuniversität wurde zwischen 1904 und 1911 von H. van de Velde gebaut. Ebenfalls von van de Velde sein Wohnhaus »Hohe Pappeln« (1907, 1991-93 im Rahmen eines UNESCO-Projekts rekonstruiert) und die »Villa Dürckheim« (1912). Das »Haus am Horn« (1923 nach Entwurf von G. Muche) ist das einzige Zeugnis einer geplanten Bauhaus-Mustersiedlung in Weimar. Auf dem Neuen Friedhof das von W. Gropius 1920-22 errichtete Denkmal für die Märzgefallenen (1935 zerstört, rekonstruiert). - Im Rahmen des Projekts »Kulturstadt 1999« wurden umfangreiche denkmalpflegerische und städtebauliche Maßnahmen durchgeführt. Den Auftakt des »Kulturstadtjahres« bildete die Wiederöffnung des sanierten und rekonstruierten Neorenaissancebaus von J. Zítek (1863-68 erbaut; ehemaliges Landesmuseum) als »Neues Museum Weimar«, das künftig als Ausstellungsort für zeitgenössische Kunst u. a. die bedeutende Privatsammlung des Kölner Kunsthändlers Paul Maenz beherbergen wird. Wichtigster Neubau (Eröffnung 1999) ist das »Kongreßzentrum Weimarhalle« (die alte Weimarhalle von 1932 wurde abgerissen). - Bei Weimar die Schlösser Tiefurt (Umbau 1776, Innenräume um 1800, Museum), Belvedere (1724-26, erweitert und umgebaut bis 1732, Rokokomuseum) und Ettersburg (1706-12, später verändert bis 1842). Auf dem nördlich von Weimar gelegenen Ettersberg Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald.
 
Geschichte:
 
Die Burg der Grafen von Weimar ist erstmals 984 bezeugt. Deren Nachfolger (seit 1060), die Grafen von Orlamünde, gründeten um 1250 unmittelbar westlich der Burg die Stadt (1254 erstmals als Civitas genannt). Nach dem Aussterben der Grafen (1372) fiel Weimar an die Wettiner, 1485 an deren ernestinische Linie und wurde nach dem Schmalkaldischen Krieg (1546/47) ständige ernestinische Residenz (1572: Herzogtum Sachsen-Weimar, 1741: Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach, 1815: Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach). Die städtischen Freiheiten gingen im 17. Jahrhundert fast ganz an den fürstlichen Absolutismus verloren, doch gab die herzogliche Hofhaltung dem Kulturschaffen Impulse, die nach ersten Ansätzen im 16./17. Jahrhundert unter der Regierung Karl Augusts (1775-1828) v. a. durch das Wirken Goethes und Schillers Weimar zum Zentrum der deutschen Klassik werden ließen (Weimarer Klassik). Ab 1842 wirkte F. Liszt in Weimar, 1872 wurde die Orchesterschule gegründet. 1860 Eröffnung einer Kunstschule (Weimarer Malerschule), die in das 1919 von W. Gropius gegründete Bauhaus einging, das 1925 nach Dessau verlegt wurde. 1920 wurde Weimar Hauptstadt des Landes Thüringen (in dieser Funktion 1948/52 abgelöst durch die Bezirkshauptstadt Erfurt). 1919 tagte im Deutschen Nationaltheater die Weimarer Nationalversammlung.
 
Literatur:
 
Zw. Konvention u. Avantgarde. Doppelstadt Jena - W., hg. v. J. John u. V. Wahl (1995);
 
W. Lex. zur Stadtgesch., hg. v. G. Günther u. a. (21998).
 

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Wei|mar: Stadt in Thüringen.

Universal-Lexikon. 2012.