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Hannibal
I
Hannibal
 
Im Jahre 193 v. Chr. berichtete Hannibal dem Seleukidenherrscher Antiochos III., er habe als Neunjähriger beim Aufbruch seines Vaters Hamilkar nach Spanien (237) geschworen, niemals ein Freund der Römer zu sein. Die bekannte Schwurepisode ist das einzige Zeugnis, durch das sich das Geburtsjahr des Karthagers auf das Jahr 247/46 festlegen lässt. In Spanien übernahm er 221 nach dem Tode Hasdrubals, vom Heer gewählt und von der Mutterstadt bestätigt, das Strategenamt. Nach erfolgreichen Kämpfen mit verschiedenen iberischen Völkern eroberte er im Herbst 219 die südlich des Ebro gelegene Hafenstadt Sagunt.
 
Der weitere Vormarsch Hannibals über die Ebrogrenze hinaus führte zur Kriegserklärung Roms (218). Um einer Landung römischer Truppen in Spanien und Afrika zuvorzukommen, suchte Hannibal die Auseinandersetzung auf italischem Boden. Mit anfangs 50000 Fußsoldaten, 10000 Reitern und 37 Elefanten überschritt er Pyrenäen, Rhone und Alpen und betrat im Oktober die Poebene. Siege am Ticinus und an der Trebia (noch 218) sowie nach Überqueren des Apennin am Trasimenischen See (217) folgten.
 
Der 217 zum Diktator gewählte Q. Fabius Maximus (Cunctator, »Der Zögerer«) verlegte sich zunächst auf eine Defensivstrategie. Erst 216 wagte Rom die Schlacht und erlitt die schwerste Niederlage seiner Geschichte. Annähernd 60000 Mann fielen bei Cannae. Hannibal verzichtete auf den Marsch gegen Rom, weitete den Krieg jedoch 215 durch Verträge mit Philipp V. von Makedonien und Syrakus aus. Erfolge wie der Anschluss verschiedener süditalischer Städte waren aber nur kurzfristig. 212 eroberte Marcellus Syrakus, 211 scheiterte Hannibals (zu) später Marsch gegen Rom, mit dem er das belagerte Capua entlasten wollte.
 
In Spanien fiel 209 Neukarthago (Cartagena) in die Hände Scipios; 207 wurde Hasdrubal, Hannibals Bruder, der mit einem Entsatzheer ebenfalls die Alpen überquert hatte, am Fluss Metaurus geschlagen. Die Gegenoffensive eröffnete Scipio 204 mit seiner Landung in Afrika. Nach einer punischen Niederlage auf den Großen Feldern (Ebene von Souk el Kremis im Medjerda-Tal) wurde Hannibal, der sich nur noch im südlichen Bruttium halten konnte, 203 zurückberufen, im Jahr darauf unterlag er Scipio bei Zama (202).
 
Als Sufet versuchte Hannibal, gestützt auf das Volk, im Jahre 196 innere Reformen auf finanziellem und administrativen Gebiet durchzusetzen. Er stieß dabei auf den Widerstand der Aristokratie Karthagos, welche wegen der faktischen Entmachtung des von ihr besetzten Staatsgerichtshofs um ihre alte Position fürchtete. Sie wandte sich an Rom um Hilfe, Hannibal musste fliehen.
 
Hoffnungen Hannibals, mithilfe des Seleukidenherrschers Antiochos III. den Krieg gegen Rom zu erneuern, erfüllten sich nicht. Nachdem dieser 190 von Rom besiegt worden war, ging der Karthager nach einem Aufenthalt in Kreta an den Hof des Königs Prusias von Bithynien. 183 wählte er den Freitod, um der Auslieferung zu entgehen. Die Quellen beschränken sich auf die Betonung des Feldherrngenies, weitgehend unbekannt blieb, dass Hannibal eine umfassende griechische Bildung genossen und mehrere Schriften in griechischer Sprache verfasst hatte.
 
II
Hạnnibal
 
[punisch »Geschenk des Baal«], Name mehrerer bedeutender Karthager. Bekannt v. a.:
 
Hannibal, Sohn des Hamilkar Barkas, Feldherr und Staatsmann, * Karthago 247/246, ✝ (Selbstmord) Libyssa (Bithynien) 183 v. Chr.; ging 237 mit seinem Vater nach Spanien, diente später unter seinem Schwager Hasdrubal und wurde nach dessen Tod 221 von den dortigen Truppen zum Oberbefehlshaber gewählt und vom Volk in Karthago bestätigt. Nach Erfolgen gegen mittelspanische Stämme eroberte Hannibal 219 nach achtmonatiger Belagerung das unter Roms Schutz stehende Sagunt (Sagunto). 218 überschritt er gegen die Bestimmungen des von Hasdrubal mit den Römern geschlossenen Vertrages den Ebro. Dies gab den Anlass zum Ausbruch des 2. Punischen Krieges (218-201). Nach der Kriegserklärung durch Rom zog Hannibal, um den römischen Offensivplan zu durchkreuzen, durch die Pyrenäen und Südfrankreich, überschritt mit seinem Heer und den 37 Kriegselefanten die verschneiten Alpen und stand Mitte Oktober 218 mit 26 000 Mann in der Poebene. Er besiegte die Römer am Ticinus (Tessin) und an der Trebia (Trebbia) und zog die gallischen Stämme Oberitaliens auf seine Seite. 217 durchquerte er den Apennin und die Arnosümpfe (wo er durch Krankheit ein Auge verlor), zog nach Etrurien und vernichtete am Trasimenischen See die vier Legionen des Konsuls Gaius Flaminius. Hannibal marschierte dann nach Nordapulien, um von hier aus die Italiker zum Abfall von Rom zu bewegen, was durch die hinhaltende Taktik des Diktators Q. Fabius Maximus Verrucosus (»Cunctator«) zunächst verhindert wurde. Erst nach der großen Umfassungsschlacht bei Cannae (216), wo Hannibal acht römische Legionen vernichtete, schlossen sich ihm Capua und andere süditalische Gemeinden an. 215 konnte Hannibal ein Bündnis mit Philipp V. von Makedonien eingehen, 214 Syrakus zum Anschluss an Karthago bewegen, 213 Tarent einnehmen. Da Hannibal jedoch ohne nennenswerte Unterstützung aus der Heimat blieb, wurde er allmählich in die Defensive gedrängt, v. a. nachdem Rom 212 Syrakus erobert hatte. 211 vermochte Hannibal trotz eines Vorstoßes auf Rom den Fall Capuas nicht zu verhindern, 209 ging auch Tarent verloren. 207 wurde Hannibals Bruder Hasdrubal, der nach dem Verlust Spaniens seine Truppen mit Hannibals Heer vereinigen wollte, am Metaurus (Metauro) geschlagen und fand den Tod. Hannibal zog sich darauf nach Bruttium (Kalabrien) zurück, wo er sich noch bis 203 halten konnte (Tatenbericht in griechischer und lateinischer Sprache am Tempel der Hera Lacinia bei Kroton, heute Crotone). Nach Afrika zurückberufen, wurde Hannibal 202 bei Zama von Scipio dem Älteren entscheidend geschlagen und setzte sich für einen sofortigen Friedensschluss ein (Punische Kriege). 196 wurde Hannibal in Karthago vom Volk zum Oberbeamten (Sufeten) gewählt und führte demokratische Reformen des obersten Gerichtshofes und der Finanzverwaltung durch. Bezeugt ist auch seine Sorge für die Landwirtschaft (Olivenanbau). Von seinen innenpolitischen Gegnern, den karthagischen Aristokraten, bei den Römern verleumdet, floh Hannibal 195 zu Antiochos III. von Syrien, als dessen Admiral er 190 ein Seegefecht gegen Rhodos verlor. Später flüchtete er zu Prusias I. von Bithynien, für den er 184 die Flotte des pergamenischen Königs Eumenes II. Soter besiegte. Auch in offenen Briefen in griechischer Sprache (u. a. über den Raubzug des Gnaeus Manlius Vulso 189 in Kleinasien) bekämpfte Hannibal die Römer. Als diese 183 v. Chr. von Prusias seine Auslieferung verlangten, vergiftete sich Hannibal in Libyssa. - Eine Lebensbeschreibung Hannibals verfasste Cornelius Nepos.
 
Die Figur des Hannibal stand seit dem 17. Jahrhundert häufig im Mittelpunkt von Tragödien, wobei v. a. Liebesepisoden frei erfunden wurden (oft in Zusammenhang gebracht mit Sophonisbe); Bearbeitungen stammen u. a. von Nathaniel Lee (1675), T. Corneille (1669), P. C. de Marivaux (1723). C. D. Grabbe gestaltete das Ende des Feldherrn (1835), F. Grillparzer in einer dramatischen Szene den Gegensatz zu Scipio (1835). - In Hannibalopern wurde dem Stoff meist gleichfalls eine Liebesepisode beigegeben (Antonio Simone Sografi/A. Salieri, »Annibale in Capua«, 1801; Luigi Ricci, »Annibale in Torino«, 1830).
 
Literatur:
 
W. Hoffmann: H. (1962);
 
Studi Annibalici (Cortona 1964);
 G. C. Picard: H. (Paris 1967);
 A. J. Toynbee: H.'s legacy, 2 Bde. (London 1965);
 
H., hg. v. K. Christ (1974);
 W. Huss: Die Gesch. der Karthager (1985);
 J. Seibert: H. Feldherr u. Staatsmann (1993).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
Rom: Großmacht und Weltreich
 

Universal-Lexikon. 2012.