Esterházy
['ɛstərhaːzi], Esterházy von Gạlántha, ungarisch Gạlánta Eszterházy ['gɔlaːntɔ'ɛstərhaːzi], ungarisches Magnatengeschlecht, dessen Mitglieder seit dem 17. Jahrhundert wichtige Ämter in der Habsburgermonarchie bekleideten. Die Linie Forchtenstein (Fraknó) wurde 1783 (erstmals ad personam 1687) in den Reichsfürstenstand erhoben. Das fürstliche Majorat (seit 1695 Fideikommiss) war mit rd. 1 300 km2 bis 1945 der umfangreichste Großgrundbesitz in Ungarn. Der im 17. Jahrhundert erbaute Familiensitz in Eisenstadt (Kismarton) wurde zu einem Kulturzentrum. Bedeutende Vertreter:
1) Anton (Antal) Graf Esterházy von Gạlántha, ungarischer Freiheitskämpfer, * 1676, ✝ Rodosto (heute Tekirdağ) 1722; schloss sich 1703 der gegen das Haus Habsburg gerichteten Unabhängigkeitsbewegung des siebenbürgischen Fürsten Franz II. Rákóczi an, musste aber nach 1709 in Polen, Frankreich und im Osmanischen Reich Zuflucht suchen.
2) Moritz Graf Esterházy von Gạlántha, Graf von Fọrchtenstein, österreichischer Staatsmann und Diplomat, * Wien 23. 8. 1807, ✝ Pirna 8. 11. 1890; hatte als Gesandter in Rom (1848-56) großen Anteil am Zustandekommen des Konkordats von 1855. Als Vertreter der konservativ-katholischer Gruppen sowie als Vertrauter Kaiser Franz Josephs I. gehörte er den Kabinetten Schmerling und Belcredi an. Durch sein Mitwirken am Sturz von Außenminister J. B. Graf von Rechberg und Rothenlöwen (1864) verschärfte er unbeabsichtigt die Spannungen mit Preußen.
3) Nikolaus (Miklós) Graf Esterházy von Gạlántha, Graf von Fọrchtenstein (seit 1626), Palatin von Ungarn, * Galánta 8. 4. 1583, ✝ Großhöflein 11. 9. 1645; aus verarmter protestantischer Landadelsfamilie, trat 1600 zum Katholizismus über; bekämpfte nach 1613 aufseiten des späteren Kaisers Ferdinand II. die Unabhängigkeitsbestrebungen der siebenbürgischen Fürsten G. Bethlen von Iktár und Georg I. Rákóczi und unterstützte die Gegenreformation. 1622 erhielt er u. a. die Herrschaften Forchtenstein und Eisenstadt.
4) Nikolaus II. Fürst Esterházy von Gạlántha, Graf zu Fọrchtenstein, österreichischer Heerführer, * Wien 12. 12. 1765, ✝ Como 25. 11. 1833; verließ frühzeitig die militärische Laufbahn, um an diplomatischen Missionen teilzunehmen. 1809 lehnte Esterházy die ihm von Napoleon I. angebotene ungarische Krone ab. Er begründete eine Gemälde- und Kupferstichsammlung und ließ das Schloss in Eisenstadt ausbauen; in seinem Auftrag komponierte L. van Beethoven die Messe in C-Dur Opus 86.
5) Nikolaus Joseph Fürst Esterházy von Gạlántha, Graf zu Fọrchtenstein, österreichischer Heerführer, * 18. 12. 1714, ✝ Wien 28. 9. 1790; im Siebenjährigen Krieg bei Kolin (18. 6. 1757 ausgezeichnet. Errichtete mit Schloss Eszterháza (1760-69; Fertőd) südlich des Neusiedler Sees ein Zentrum für Kunst und Wissenschaft, das rasch als »Versailles von Ungarn« bekannt wurde. Ab 1761 ermöglichte er J. Haydn als Hofkapellmeister ein ungehindertes Schaffen.
6) Paul (Pál) Fürst Esterházy von Gạlántha, Graf zu Fọrchtenstein, Palatin von Ungarn (seit 1681), österreichischer Feldherr, * Eisenstadt 7. 9. 1635, ✝ ebenda 26. 3. 1713; nahm an den Türkenkriegen (u. a. am Entsatz von Wien 1683) teil. In der Folge bemühte er sich um die innere Befriedung und den Wiederaufbau Ungarns, wobei er die gewaltsame Rekatholisierung ablehnte. Kaiserliche Schenkungen vergrößerten seinen Grundbesitz. Der Umbau von Schloss Eisenstadt (1663-72) in ein Barockschloss geht auf ihn zurück, ebenso die Gründung des »Esterházyschen Orchesters«.
7) Paul Anton Fürst Esterházy von Gạlántha, Graf zu Fọrchtenstein, österreichischer Diplomat, * 10. 3. 1786, ✝ Regensburg 21. 5. 1866; war eng mit K. W. Graf Metternich befreundet, dem er in Paris 1807 als Botschaftssekretär diente. Nach verschiedenen diplomatischen Missionen vertrat er 1815-42 die österreichischen Interessen als Botschafter in London, wobei er v. a. bei den Londoner Konferenzen die Belange seines Landes durchzusetzen vermochte. Als Außenminister im ungarischen Kabinett Bathyány (März bis August 1848) suchte er, zwischen Magyaren und Kroaten vermittelnd, den Bürgerkrieg von 1848 zu verhindern.
II
Esterházy
['ɛstərhaːzi], Péter, ungarischer Schriftsteller, * Budapest 14. 4. 1950; nach Mathematikstudium und Tätigkeit in der Datenverarbeitung lebt Esterházy seit 1978 als freier Schriftsteller. Sein »Produktionsroman« (1979; ungarisch) über einen am Alltag verzweifelnden Informatiker und die darauf folgenden Erzählungen persiflieren verfestigte Erzählweisen, sind selbst einem sprachexperimentellen Stil verpflichtet und werden ins Groteske gesteigert, bis hin zur Kritik im übertragenen politischen Sinn. Als sein Opus magnum gilt die Familienchronik der Esterházys »Harmonia Caelestis« (2000; deutsch), 2002 ergänzt um »Korrierte Edition. Beilage zur Harmonia Caelestis«.
Weitere Werke: (ungarisch): Romane: Kleine ungarische Pornographie (1984; deutsch); Die Hilfsverben des Herzens (1984; deutsch); Fuhrleute (1988; deutsch); Das Buch Hrabals (1990; deutsch); Donau abwärts (1991; deutsch).
Universal-Lexikon. 2012.