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Tanger
Tạn|ger:
marokkanische Hafenstadt.

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Tạnger,
 
Tạndja [-dʒa], Hafenstadt und Seebad in Nordwestmarokko, am westlichen Eingang der Straße von Gibraltar in einer geschützten Bucht, 497 100 Einwohner (in der Agglomeration); Sitz der Provinz-Verwaltung; katholischer Erzbischofssitz; Nordafrika-Universität (gegründet 1971), spanisches Polytechnisches Institut, Institut Pasteur, Konservatorium, Museen, Biblioteca Pública Española; internationaler Finanzplatz (seit 1992 Offshorezentrum); Handels- und Marktzentrum; Schiffbau, Elektro-, Textil-, Tabak- und Fischkonservenindustrie; bedeutender Fremdenverkehr; Handelshafen (mit Freihafen), Fischerei- und Jachthafen; größter Passagierhafen des Landes mit Fährlinien nach Algeciras, Gibraltar, Tarifa, Sète, Marseille, Lissabon, Southampton sowie Casablanca; Eisenbahn- und Fernbuslinien zu allen großen marokkanischen Städten und über Madrid und Barcelona nach Paris; internationaler Flughafen Tanger-Boukhalf 15 km südwestlich der Stadt.
 
Stadtbild:
 
Tanger, ein lebhafter Schmelztiegel zwischen Orient und Okzident, ist gegliedert in die Altstadt (Medina) auf einem Hügel oberhalb des Hafens, die halbkreisförmig anschließende Neustadt (ehemalige Europäerstadt) mit dem Geschäftszentrum, das hügelige Villenviertel Montagne im Nordwesten (mit Königspalast, Ende 19. Jahrhundert) und das lang gestreckte Bade- und Hotelzentrum Malabata im Südosten. In der ummauerten Medina (vier Stadttore) liegen die weitläufige Kasba (15. Jahrhundert) mit dem Komplex der ehemaligen Sultansresidenz Dar el-Makhzen (Ende 17. Jahrhundert errichtet, später mehrfach verändert; heute Museum für Marokkanisches Kunsthandwerk und Archäologisches Museum, v. a. punische und römische Funde), der Kunsthandwerkschule und dem berühmten Café Maure; ferner die Große Moschee (Ende 17. Jahrhundert, 1815 erweitert; Schmuckportal), die merinidische Abul-Hasan-Medrese (1331-54, 1757-90 restauriert), die Spanische Kathedrale (1880) und der Renaissancepalast Dar Naiba; in der Neustadt die Sidi-Bou-Abid-Moschee (1917), der Mendoubia-Palast mit Park (800-jährige Drachenbäume, 40 Bronzekanonen des 17. Jahrhunderts) und das Musée Forbes des Miniatures Militaires (u. a. 115 000 Zinnsoldaten).
 
Geschichte:
 
Tanger ist die älteste Dauersiedlung Nordwestafrikas und bestand bereits 1600 v. Chr. als von Berbern gegründete Stadt. Als Thịngi war sie wichtiger Handelsstützpunkt der Phöniker, Griechen und Karthager. Im 1. Jahrhundert v. Chr. wurde sie von den Römern erobert und als Tịngis 38 v. Chr. Kolonie, 42 n. Chr. Hauptstadt der römischen Provinz Mauretania Tingitana. 429 wurde Tanger von den Wandalen erobert, 533 von den Byzantinern, Anfang des 8. Jahrhunderts von den Arabern. Unter wechselnden Dynastien stieg es zum zeitweise bedeutendsten Handelshafen des westlichen Mittelmeerraumes auf. 1471 wurde es von den Portugiesen erobert, stand 1581-1643 unter spanischer Herrschaft, wurde 1661 wieder portugiesisch, dann britisch (bis 1684). Ab 1727 war Tanger selbstständiges Pascha-Fürstentum, verfiel jedoch ohne sein Hinterland (1810 nur 5 000 Einwohner). Nach 1844 (französische Strafaktion gegen Tanger wegen Unterstützung Abd el-Kaders) kam es durch wachsende wirtschaftspolitische Interessen der europäischen Großmächte zu einem Wiederaufschwung. 1892 wurde Tanger einer internationalen Kommission unterstellt; gegen den Einfluss der Franzosen forderte am 31. 3. 1905 der deutsche Kaiser Wilhelm II. in Tanger Handelsfreiheit, die 1906 auf der Konferenz von Algeciras gewährt wurde. Bei der Aufteilung Marokkos zwischen Spanien und Frankreich 1912 erhielt Tanger mit seinem Umland den Status einer steuer- und zollfreien internationalen Zone, der 1923, zusammen mit der Entmilitarisierung, in Kraft trat. Die Verwaltung übernahm eine gesetzgebende Versammlung (zwölf Europäer, sechs Muslime, drei Juden); der marokkanische Sultan (formaler Inhaber der Oberhoheit) hatte in Tanger nur einen ständigen Vertreter, den Mendoub. 1940 wurde die Stadt von Spanien besetzt, Frankreich und Großbritannien erzwangen jedoch am 11. 10. 1945 wieder den internationalen Status. Am 29. 10. 1956 wurde Tanger dem unabhängig gewordenen Marokko angegliedert, behielt aber bis 1960 noch einige Steuervorteile.
 

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Tạn|ger: marokkanische Hafenstadt.

Universal-Lexikon. 2012.