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Leid
Notlage; Elend; Bedrängnis; Not; Verzweiflung; Kummer; Sorge; Leiden; Schmerz; Pein; Weh; Qual; Plage; Martyrium

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leid [lai̮t]:
in der Wendung etwas, jmdn. leid sein (ugs.): einer Sache, jmds. überdrüssig sein:
ich bin das dauernde Genörgel, meinen Exfreund leid; ich bin es allmählich leid, dich immer wieder daran erinnern zu müssen.
Syn.: etwas satt sein (ugs.); etwas, jmdn. satthaben (ugs.).

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leid 〈Adj.〉
1. 〈mit Akk.〉 überdrüssig
2. 〈schweiz.〉 unangenehm, widerwärtig
● das ist eine \leide Sache, Geschichte 〈schweiz.〉; etwas \leid sein; ich bin, habe es \leid ich habe genug davon, ich habe es satt; er wurde es \leid er wurde dessen überdrüssig [<ahd. leid „betrübend, widerwärtig, unangenehm“, engl. loath „abgeneigt“ <germ. *laiþa- „widerwärtig, unangenehm“; zu idg. *leit- „verabscheuen, Frevel“; nicht verwandt mit leiden]

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leid <Adj.> [mhd. leit, ahd. leid = betrübend, widerwärtig, unangenehm, nicht verw. mit leiden]:
jmdn., etw./(geh.:) jmds., einer Sache l. sein/werden; jmdn., etw. l. haben (ugs.; jmds., einer Sache überdrüssig sein/werden; jmdn., etw. nicht mehr leiden, ertragen können: ich bin ihn, das Genörgel, das schlechte Essen l.; er war seines Lebens l.; ich bin es l., dich immer wieder zu ermahnen).

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Leid,
 
Sammelbegriff für alles, was den Menschen körperlich und seelisch belastet, Schmerzempfindungen in ihm hervorruft und ihn den (unwiderbringlichen) Verlust von für sein Leben wesentliche Personen, Beziehungen und Dingen bewusst werden lässt.
 
Leiden erwächst aus der Nichterfüllung oder der Verletzung wesentlicher Bedürfnisse, Erwartungen und Hoffnungen des Menschen, die als Versagen, Verhinderung und Schmerz erfahren werden. Ursprung, Zweck und Überwindung des Leids werden in den Religionen verschieden gedeutet. Ursprünglich wurde Leid auf Vergehen oder Versündigung (z. B. Tabuverletzung) gegen unpersönliche Kräfte zurückgeführt; durch Opfer und Versöhnungsriten sowie magischen Praktiken sollte Leid vermieden oder vermindert werden. In den frühen Hochkulturen wurde Leid als Folge von Verstößen gegen eine Weltordnung (z. B. China: die Gesetze »des Himmels«, Ägypten: die Weltordnung Maat) oder auch gegen den ethischen Willen einzelner Gottheiten oder der Götter verstanden, zum Teil auch als auferlegtes Geschick (z. B. babylonische Religion, griechische Tragödie), Zufall (1. Samuel 26, 10) oder als pädagogische Maßnahme eines Gottes (z. B. Konfuzianismus, Altes Testament).
 
Ethische Umkehr (z. B. Babylon, Ägypten, Altes Testament) sowie Kult und Magie dienten der Bewältigung des Leids, das zumeist im »Tun-Ergehen-Zusammenhang« gedeutet wurde, aber oft »Unschuldige« traf. Die östlichen Religionen ohne eine persönliche Gottesvorstellung sehen das Leid entweder - so im Taoismus und Konfuzianismus - als Folge fehlenden Einsseins mit dem Universum in der geschichtlichen Existenz des Menschen oder - so in der Upanishadentheologie, im Buddhismus und in den strengeren Richtungen des Hinduismus - als Folge sündigen Lebens in einer vorherigen Existenz an: der Mensch wird so wieder geboren, wie er vorher gelebt hat (Karma); für den Menschen gilt es, dem Kreislauf der Existenzen und somit dem Leid zu entkommen, indem er Bindung an die Geschichte (»Schuld«) vermeidet und kein Karma ansammelt, sodass ein Grund für eine Wiedergeburt und Leid entfällt. Der jüdische Monotheismus sieht im Leid grundsätzlich die Strafe des Gottes (seinen »Zorn«) für die Schuld des Menschen (den Missbrauch der ihm gegebenen Freiheit); die Unerklärlichkeit des Leids »Unschuldiger« warf jedoch das Theodizeeproblem, die Frage nach dem Sinn des Leids angesichts der Allmacht Gottes, auf, das meist im Sinne eines Sichschickens oder eines »Schweigens« angesichts der Unerforschlichkeit und Größe Gottes beantwortet wurde (so z. B. Hiob). In manchen Traditionen des Alten Testaments seit dem Babylonischen Exil gewinnt das Leid auch unmittelbare Heilsbedeutung (z. B. »Gottesknecht« bei Deuterojesaja, Apokalyptik), ein Motiv, das im Christentum radikal aufgegriffen wird (Heilsbedeutung des Kreuzes, der »armen« Jesusnachfolge, des Martyriums). Hier ist Leid nicht mehr nur Strafe, sondern Weg zur und Zeichen der Gottesnähe (z. B. Johannes 9, 2 f.). Im Islam wird das Leid auf den strafenden oder erziehenden Willen Allahs zurückgeführt; in zweiter Bedeutung Leid als Prüfung aufgefasst, die den Menschen zu Allah führen beziehungsweise seinen Glauben an ihn festigen soll. Subjektiv oft als unerforschliches Geschick erfahren, beschreibt die islamische Theologie das Leid als Teil der dem Menschen von Gott zugeteilten Erfahrung (Kismet), die dieser im Vertrauen auf die seinem Leben von Allah gesetzte gute und weise Bestimmung annehmen und in Geduld tragen soll. Koran und sunnitischer Islam kennen keine Heilsbedeutung des Leids; dieses Verständnis wird jedoch vom schiitischen Islam aufgegriffen.
 
Literatur:
 
Warum leiden ? Die Antworten der Weltreligionen, hg. v. A. T. Koury u. P. Hünermann (1987);
 J. B. Brantschen: Warum läßt der gute Gott uns leiden ? (21992, Nachdr. 1995);
 A. Kreiner: Gott u. das L. (31995).

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Leid, das; -[e]s [mhd. leit, ahd. leid, zu ↑leid]: 1. tiefer seelischer Schmerz als Folge erfahrenen Unglücks: unsägliches, namenloses L.; der Krieg hat unermessliches L. über die Menschen gebracht; schweres L. [um jmdn.] tragen, erfahren, erdulden; Spr geteiltes L. ist halbes L.; *jmdm. sein L. klagen (jmdm. von seinem Kummer, Ärger o. Ä. erzählen). 2. Unrecht, Böses, das jmdm. zugefügt wird: jmdm. ein L. tun, zufügen; ihm soll kein L./(veraltet:) -s geschehen; man könnte ... erlittenes L. nicht „wiedergutmachen“ (Mostar, Unschuldig 16); *sich <Dativ> ein L./(veraltet:) -s antun (geh.; sich das Leben nehmen); jmdm. L. tun (1. von jmdm. bedauert werden: es tut mir L., dass ich nicht kommen kann, dass ich Sie gekränkt habe; es würde mir sehr L. tun, wenn die Sachen verloren gegangen wären; das braucht dir nicht L. zu tun [du brauchst dir keine Vorwürfe, Gedanken o. Ä. darüber zu machen]; das wird dir noch einmal L. tun; <als Formel der Entschuldigung:> es tut mir sehr, schrecklich L., dass ich Sie gestört habe; <als Formel der Zurückweisung:> so L. es mir tut, aber das können wir nicht dulden; <als Formel der scharfen Zurechtweisung:> [es] tut mir L., aber so geht es nicht. 2. jmds. Mitgefühl erregen: die alte Frau tat ihm einen Augenblick lang L.; er kann einem L. tun mit den Sorgen, die er hat; [auch iron.:] Sie tun mir ja direkt L.); jmdm. etw. zu Leid[e] tun (↑zuleid, zuleide). 3. *jmdn. ins L. laden (schweiz.; jmdn. zur Beerdigung u. zum Leichenschmaus laden).

Universal-Lexikon. 2012.