Tao|ịs|mus 〈a. [taʊ-] m.; -; unz.; chin. Rel.〉 von dem altchinesischen Philosophen Laotse (wahrscheinlich 4./3. Jh. v. Chr.) begründete Lehre vom Tao
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Tao|ịs|mus [auch: ta̮u… ], der; -:
Richtung der chinesischen Philosophie, als deren Begründer Laotse gilt.
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Taoịsmus,
Daoịsmus [zu Dao] der, -, philosophische und religiöse Lehre in China, neben Konfuzianismus und Buddhismus eine der drei beherrschenden Weltanschauungen, zugleich Auffangbecken der verschiedensten, zum Teil auch nichtchinesischen Glaubensrichtungen. Der philosophische Zweig erscheint seit dem 4. Jahrhundert v. Chr. zunächst in zwei den historisch nicht fassbaren Philosophen Laozi (Dao-de-jing) und Zhuangzi zugeschriebenen Werken, zu denen später noch als dritter Klassiker Liezi hinzutrat. Zentral ist die Beschäftigung mit dem Urgrund des Seins, Dao (Weg), der teils als das attributslose Absolute (und damit als transzendent), teils als eine alle Elemente des Seins individuell durchdringende und zu einer höchsten Einheit zusammenfassende Wesenheit (und damit als immanent) aufgefasst wird. Die rechte Lebenseinstellung des Menschen, der nach Auffassung der Taoisten gegenüber anderen Wesen keineswegs herausgehoben, sondern durch Wissen und Willen eher fehlgeleitet ist, besteht daher im »Nicht-Tun« (wuwei), dem bedingungslosen Annehmen der eigenen Natur, die sich in ihrer idealen Form - wie die Natur des Dao im Großen - nur mit sich selbst bestimmen lässt und durch die Identifikation mit der Allnatur des Dao auch den Tod transzendieren soll. Diese Philosophie war nicht zuletzt eine Reaktion auf die Vorstellungen des Konfuzianismus von Mensch, Gesellschaft und Kultur, die den »wahren Menschen« (Idealmenschen) mit seiner der Natur verpflichteten Daseinsform durch strikte Einbindung in den Rahmen kultureller und gesellschaftlicher Normen zu verbilden drohten.
Der religiöse Zweig des Taoismus stand mit dem philosophischen einerseits in Gestalt von Mystik, Quietismus und Körperübungen (Atemtechniken, Diätetik, Sexualpraktiken), andererseits in Form von Magie und Einbeziehung von älteren, unabhängig entstandenen Naturlehren (Lehre von den zwei Grundkräften Yin und Yang, Spekulationen über das Wirken der fünf Elemente, System des »Buchs der Wandlungen«, Yi-jing) von Anfang an in enger Beziehung, trat aber mit eigenen Schriften erst seit dem 2. Jahrhundert n. Chr. hervor. Verbindendes Element bildeten die Betonung der Natur und der Wunsch nach Langlebigkeit oder gar Unsterblichkeit. Der Körper wurde als Mikrokosmos angesehen, der dem Makrokosmos des Universums nachgebildet und von einer Vielzahl von Seelen und Göttern belebt vorgestellt wurde. Für seine Bewahrung wurden seit dem 2. Jahrhundert n. Chr. zusätzlich Methoden der Alchimie zur Gewinnung der »Pille der Unsterblichkeit« beziehungsweise des Lebenselixiers entwickelt. In dieser auf die Lebensverlängerung ausgerichteten Spielart bezog der Taoismus neben Laozi auch den mythischen »Gelben Kaiser« (Huangdi) in seinen Kult ein. Die Heiligen und damit zugleich Unsterblichen (xian) im Taoismus, denen die Fähigkeit zu fliegen zuerkannt wurde, stiegen entweder zum Himmel auf oder zogen sich in die (von der Malerei oft dargestellten) westlichen Bergparadiese und östlichen Inselparadiese zurück. Im religiösen Taoismus avancierte Laozi zu einer kosmischen, in Intervallen als Welterlöser auftretenden Figur. Hier ist bereits das buddhistische Vorbild erkennbar, das spätestens seit dem 2. Jahrhundert n. Chr. trotz oder gerade wegen der gleichzeitig einsetzenden Konkurrenz zwischen beiden Weltanschauungen bis in die Gegenwart eine bedeutende Rolle spielte. Es äußerte sich besonders in der Gründung einer taoistischen Kirche 184 n. Chr., der Herausbildung des Klosterwesens, der Entstehung von Sekten, der Systematisierung von Himmeln und Höllen, der Kompilierung eines taoistischen Kanons von Schriften sowie in der Spezifizierung einer - allerdings ganz eigenständigen - Liturgie. Darüber hinaus gab es echte buddhistisch-taoistische Mischformen sowohl im religiösen Bereich, z. B. bei messianisch geprägten Ideologien von Geheimgesellschaften, die in Volksaufständen oft eine bedeutende Rolle spielten, als auch im philosophischen Bereich, so z. B. im Zen-Buddhismus. - Seit der Gründung der Volksrepublik China 1949 wurde der Taoismus gerade wegen seiner traditionellen Bedeutung in Geheimgesellschaften lange unterdrückt.
Textgrundlagen in Übersetzungen:
Liä Dsi: Das wahre Buch vom quellenden Urgrund 'Tschung hü dschen ging', übers. v. R. Wilhelm (1911);
Dschuang Dsi: Das wahre Buch vom südl. Blütenland, übers. v. Dschuang Dsi: (1920);
Zhao Bichen: Traité d'alchimie et de physiologie taoïste, übers. v. C. Despeux (1979);
Lao-Tse: Tao-Tê-King. Das hl. Buch vom Weg u. von der Tugend, übers. v. G. Debon (Neuausg. 1983);
Procédés secrets au joyau magique: Traité d'alchimie taoïste du XIe siècle, übers. v. F. Baldrian-Hussein (1984);
Hong Ge: Das Shen-hsien-chuan u. das Erscheinungsbild eines Hsien, übers. v. G. Güntsch (1988).
H. Maspéro: Le taoïsme et les religions chinoises (Paris 1971);
C. Despeux: T'ai-k'i k'iuan. Technique de longue vie, technique de combat (ebd. 1975);
K. M. Schipper: The Taoist body (a. d. Frz., 1993);
F. C. Reiter: Lao-tzu zur Einf. (1994);
M. Kaltenmark: Lao-tzu u. der T. (a. d. Frz., Neuausg. 1996).
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Ta|o|ịs|mus, der; -: Richtung der chinesischen Philosophie, als deren Begründer Laotse gilt.
Universal-Lexikon. 2012.