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Inka
Ịn|ka 〈m. 6 oder m.; -, -〉
1. Angehöriger eines altperuan. Volksstammes
2. 〈später〉 Angehöriger des Adels im vorkolumbischen Peru
3. Herrscher des Inkareiches
[indian., „Herr“]

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Ịn|ka, der; -[s], -[s]:
Angehöriger der ehemaligen indianischen Herrscher- u. Adelsschicht in Peru.

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I
Inka
 
Der Begriff Inka bezeichnete ursprünglich kein ganzes Volk, sondern nur einen Herrscher und dessen Geblüt. Der Name wurde von einem der Herrscher von Cuzco übernommen, dessen Bewohner zum Stamm der Quechua gehörten. Zunächst wurden auf friedlichem Weg einige Nachbarstämme wie die Aymara ins entstehende Inkareich inkorporiert. Danach dehnten die Inka in schnellen Eroberungszügen ihr Territorium nach Norden bis ins heutige Ecuador aus, und unter Tupac Yupanqui (1471-93) wurden das heutige Bolivien und Teile Chiles und Nordwestargentiniens unterworfen. Zu den eroberten Reichen gehörten jene von Chimor, Cuismancu und Chincha.
 
Unter Huayna Cápac (1493-1527) erreichte das Inkareich seine maximale Ausdehnung vom heutigen Südkolumbien bis nach Nordchile; es war so »grenzenlos« dimensioniert, dass es das »Reich der vier Himmelsrichtungen« genannt wurde. Zur Zeit des Eintreffens der Spanier, befand sich das Inkareich in einem Bruderkrieg zwischen den beiden Söhnen Huayna Cápacs, Huáscar (in Cuzco) und Atahualpa (in Quito), den Letzterer für sich entscheiden konnte, aber 1533 von den Spaniern ermordet wurde.
 
Die Beherrschung eines derartig ausgedehnten Imperiums erforderte rationale Planung, eine klare Hierarchie und klugen Umgang mit den Unterworfenen. Dem gottähnlich verehrten Herrscher stand eine gut ausgebildete Elite zur Seite. Sie war dem Kronrat aus vier hohen Verwaltungsbeamten, die die vier Reichsviertel verwalteten, unterstellt. Auf der Provinzebene setzten die Curacas genannten Dorf- und Stammeshäuptlinge den Willen des obersten Inka um. Von hoher Intelligenz und Rationalität zeugt die Militär- und auch Arbeitsorganisation sowie die Logistik mit dem Knotenschnursystem (Quipu) und die Infrastruktur.
 
Die Bemühungen um eine einheitliche Reichssprache, der geradlinige Straßenbau und die dadurch ermöglichte schnelle Nachrichtenübermittlung zeugen von einem sehr fortschrittlichen Kommunikationssystem. Von beträchtlicher bau- und kulturhistorischer Bedeutung sind die Tempelpyramiden und die Architektur der vorkolumbianischen Siedlungen wie die »verlorene Stadt« Machu Picchu. Auch der Terrassen- und Kanalbau sowie die künstlichen Bewässerungsanlagen gehören zu den wichtigen Errungenschaften der Inka. Ferner verstanden sie sich auf das Textilhandwerk und auf kunsthandwerkliche Techniken unterschiedlichster Stile im Bereich der Keramik.
 
Die Bewirtschaftung des Bodens erfolgte in Form einer gemeinschaftlichen Ordnung. Jede Familie erhielt von der Dorfgemeinde (Ayllú) Grund und Boden zur Nutzung zugeteilt, wobei Haus und Hof in Familieneigentum überführt wurden. Die Nahrung der Kranken und Priester wurde von den Gemeindemitgliedern erwirtschaftet. Ernteüberschüsse wurden in Staatsspeichern für Krisenzeiten aufbewahrt. Die Inkabevölkerung unterlag der zwangsweisen Verpflichtung zu Bergbau und Straßenbau (Mita), die später von den Spaniern übernommen wurde. Ein fortschrittliches Wirtschafts- und Verwaltungssystem war verbunden mit einer vorausschauenden und gut funktionierenden Sozialordnung.
 
II
Ịnka,
 
südamerikanisches Indianervolk der Ketschuasprachgruppe; ursprünglich Name einer Sippe Ketschua sprechender Indianer im Gebiet von Cuzco (Peru), mit der Herausbildung einer Gottkönigsidee als Herrschertitel (Inca) verwendet, später die Bezeichnung aller Bewohner des Inkareiches im Hochland von Peru, die Ketschua sprachen.
 
Die Herausbildung des Inkareiches erfolgte nach inkaischer Überlieferung etwa um 1200 n. Chr. (legendärer Gründer: Manco Capac). Die ersten Inkaherrscher waren Häuptlinge, die über ein kleines Gebiet rund um Cuzco herrschten. Mit Pachacutec Inca Yupanqui, der um 1438 die Macht ergriff, endet die legendäre Geschichte der Inka. Die Ausweitung des Herrschaftsgebiets (Hegemonie über die Gebirgstäler von Cuzco nach Unterwerfung der Colla), die innere Organisation des Staates und die Verdrängung des Schöpfergottes Huiracocha durch den Kult des Sonnengottes (Inti) werden ihm zugeschrieben. Unter seinem Sohn Topa Inca Yupanqui (1471-93) wurden die Grenzen des Inkareiches weiter vorgeschoben. Sein Sohn Huayna Capac erzielte die größte Ausdehnung des Reiches (im Norden bis zum Río Ancasmayo, im Süden bis zum Río Maule; zum Teil bestanden nur einzelne »Garnisonen« auf dem Gebiet der Nachbarn), doch auch er konnte nicht die östlichen Waldregionen erobern. Unter seiner Herrschaft erhielt das Reich die soziopolitische Organisation, die die Spanier vorfanden. Nach dem Tod Huayna Capacs (1527) kam es zum Erbfolgekrieg zwischen dessen Söhnen Huáscar, der sich auf die traditionelle Elite Cuzcos stützte, und Atahualpa, der in den nördlichen Provinzen nach einem siegreichen Feldzug das Heer hinter sich hatte. Atahualpa ging aus den Kämpfen 1532 als Sieger hervor. Die 1531 gelandeten Spanier unter F. Pizarro konnten das Inkareich relativ schnell erobern, weil es durch den Krieg geschwächt war und sich andere indianische Ethnien (z. B. Cañari, Huanca) sowie ehemalige Anhänger Huáscars mit den Spaniern verbündeten, um die inkaische Vorherrschaft beziehungsweise die Herrschaft Atahualpas abzuschütteln. Der von Pizarro eingesetzte Inca Manco Capac II. organisierte nach einiger Zeit einen Aufstand (1536) und errichtete in der Gebirgsregion von Vilcabamba ein Schattenkönigreich, bis 1572 der letzte Herrscher, Tupac Amaru I., gefangen genommen und hingerichtet wurde.
 
Staatsaufbau:
 
Das Inkareich gliederte sich in vier Reichsteile (»suyu«) und diese in Provinzen. Die Grundlage des Verwaltungsaufbaus und der gesellschaftlichen Ordnung war die Einteilung jedes Reichsteils in aus Gemeinschaften (Ayllu) bestehende Hundertschaften. Jeder war nach einem in zwölf Altersstufen gegliederten System zur Bestellung der staatlichen Felder verpflichtet. Ausgenommen von diesem Dienst waren Adel, Priester, Beamte und Kunsthandwerker. Es wurde Viehhaltung (v. a. Lamas und Alpakas), Küstenfischerei, v. a. aber Ackerbau (Mais, Kartoffeln, Gemüse) auf intensiv bewässerten Terrassen betrieben. Ein Drittel der Erträge diente dem eigenen Bedarf, die beiden anderen je zum Unterhalt der Staatsverwaltung und der Priesterschaft. - Der straffen Organisation des Reiches diente ferner das System der Zwangsumsiedlung ganzer Dörfer und Ethnien aus den neu eroberten Gebieten ins Landesinnere und umgekehrt. Kulturelle und politische Elemente der unterworfenen Staaten (z. B. der Chimú) wurden oft übernommen. Die wichtigsten Stellen im Staatsdienst wurden zwar vom inkaischen Hochadel besetzt (Repräsentanten der vier Reichsteile, Gouverneur der Reichsprovinz, Inspektoren der Verwaltung, höhere Priester), doch auch der angesehene Adel in den eroberten Gebieten verblieb im Allgemeinen in seinen Ämtern. - Eine wesentliche Rolle für den Zusammenhalt des Reiches spielte das gut ausgebaute Straßennetz, das Treppenabschnitte aufwies (die Inka kannten weder Pferd noch Wagen, die Nachrichtenübermittlung erfolgte durch Läufer).
 
Religion:
 
Der zunächst an der Spitze stehende Schöpfergott Huiracocha wurde in der Spätzeit durch den Sonnengott (Inti) verdrängt. Der nach dem Tode vergöttlichte Herrscher (Inca) galt als sein Sohn; dessen Hauptfrau verkörperte die Mondgöttin. Mit der Ausdehnung des Reiches wurden auch die lokalen Götter der eroberten Gebiete in die religiöse Verehrung einbezogen. Für das Volk scheint die größte Bedeutung die Fruchtbarkeitsgöttin Pachamama (Erdmutter) gehabt zu haben, die noch heute im Bergland - teils in der Gestalt der Jungfrau Maria - verehrt wird. Außerdem betete man zahlreiche numinose Kräfte (Huaca) an, die in Bäumen, Quellen, Sternbildern u. a. ihren Sitz hatten. Im Staatskult spielten klösterliche Gemeinschaften eine Rolle. Die Riten sind durch Opfer, meist Coca-, Trank- und Tieropfer (selten Menschenopfer), geprägt.
 
Kultur:
 
Unsere Kenntnisse über die Inkakultur stützen sich auf archäologische Funde, schriftliche Quellen des 16. Jahrhunderts und auf Überlieferungen, die in der heutigen Landbevölkerung fortleben. Für die monumentalen Bauwerke (gut erhaltene Reste in der Altstadt Cuzcos, Sacsayhuamán, Pisac, Machu Picchu) wurden große Steinblöcke, zum Teil von unregelmäßiger Form, sehr exakt behauen, sodass sie sich fugenlos zusammenfügen ließen. In den Tempeln für den Sonnengott waren Silber- und Goldplatten aufgehängt. Auch fertigten die Inka kleine Steinplastiken und aus dem anstehenden Fels gehauene Skulpturen für Wasserspiele und astronomische Stationen.
 
Im Bereich der künstlerischen Metallbearbeitung und der Keramik ist der Einfluss auswärtiger Künstler (v. a. der Chimú) nachweisbar. Typ. Inkakeramik ist durch stereotype geometrische Dekore aus Rhomben oder schachbrettartigen Feldern in Schwarz, Weiß und Rot sowie Fischgrätenmuster gekennzeichnet. Eine Neuschöpfung sind spitzbogige große Amphoren. Bei den Textilien, von denen relativ viele gut erhalten sind, zeigen die Ponchos als Hauptmuster kleine Rechtecke mit geometrisierten Mustern (»toqapu«), die vielleicht als Abzeichen zu deuten sind. Künstler. Abbildungen der Götter gibt es nicht. Die Inka entwickelten keine Schrift. Zur Erfassung aller Abgaben und statistischer Angaben wurde ein System von Knotenschnüren (Quipu) entwickelt. (andine Hochkulturen)
 
Literatur:
 
H. Rowe: Inca culture at the time of the Spanish conquest, in: Handbook of South American Indians, hg. v. J. H. Steward, Bd. 2 (Neuausg. New York 1963);
 H. D. Disselhoff: Das Imperium der I. u. die indian. Frühkulturen der Andenländer (Neuausg. 1974);
 J. V. Murra: The economic organization of the Inca state (Greenwich, Conn., 1980);
 L. u. T. Engl: Glanz u. Untergang des I.-Reiches (21981);
 D. Eich: Ayllú u. Staat der I. (1983);
 H. Stierlin: Die Kunst der I. u. ihrer Vorläufer (a. d. Frz., 1983);
 A. Bollinger: Einf. in die Welt der Indios (Wald 31985);
 
Die Andenvölker, bearb. v. D. Lavallé u. L. G. Lumbreras (a. d. Frz. u. Span., 1986);
 W. Westphal: Unter den Schwingen des Kondor. Das Reich der I. gestern u. heute (Neuausg. 1989);
 M. Stingl: Die I.s. Ahnen der »Sonnensöhne« (a. d. Tschech., Neuausg. 1990);
 M. Stingl: Das Reich der I. (a. d. Tschech., Neuausg. 1990);
 
I., Peru. 3000 Jahre indian. Hochkulturen, hg. v. E. Bujok, Ausst.-Kat. Haus der Kulturen der Welt, Berlin (1992);
 L. Baudin: Das Leben der I. Die Andenregion am Vorabend der span. Eroberung (a. d. Frz., Zürich 21993);
 
Fischer-Weltgesch., Bd. 22: Süd- u. Mittelamerika, Tl. 1: Die Indianerkulturen Altamerikas u. die spanisch-portug. Kolonialherrschaft, hg. u. verf. v. R. Konetzke (99.-100. Tsd. 1995).
 

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Ịn|ka, der; -[s], -[s]: Angehöriger der ehemaligen indianischen Herrscher- u. Adelsschicht in Peru.

Universal-Lexikon. 2012.