Kasachen
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Kosạken
[russisch-polnisch, von turktatarisch kazak »freier Krieger«, »Abenteurer«], ursprünglich tatarischer Grenzkrieger, Wach- und Plünderungstrupps, später ostslawische freie Kriegergemeinschaften am Rande der osteuropäischen Steppenzone. Die Kosaken rekrutierten sich v. a. aus russischen und ukrainischen Bauern, die sich seit dem 15. Jahrhundert der Leibeigenschaft beziehungsweise dem wirtschaftlichen Druck auf den Adelsgütern durch Flucht in die freien Steppen entzogen und dort siedelten. Es bildeten sich jenseits der regulär verwalteten Territorien von Polen-Litauen und Russland freie Kosakengemeinschaften: großrussische an Don (Don-Kosaken), Wolga, Ural, Terek und ukrainische am Dnjepr, seit der Mitte des 16. Jahrhunderts bis 1775 mit befestigtem Zentrum unterhalb der Stromschnellen auf der Insel Sitsch (Saporoger Kosaken). Sie organisierten sich in Reiterheeren unter gewählten Atamanen (bei den Saporoger Kosaken Hetmanen) und lebten von Beutezügen und etwas Landwirtschaft. Gleichzeitig kämpften die »registrierten« Kosaken (»Register-Kosaken«) gegen Besoldung in den Heeren Polens und des Moskauer Staates. An der Eroberung und Erschließung Sibiriens (Jermak Timofejewitsch) hatten sie großen Anteil. Die registrierten Kosaken im polnischen Dienst und die Saporoger Kosaken reagierten auf eine Einschränkung ihrer Freiheiten 1648 mit einem Aufstand (unter B. Chmelnizkij) gegen Polen. Zugleich verschärfte der Zustrom bäuerlicher Flüchtlinge die sozialen Spannungen in den verarmten unteren Schichten, die sich im 17. und 18. Jahrhundert in mehreren Bauernaufständen in den moskowitischen Grenzgebieten entluden (u. a. J. I. Pugatschow, S. T. Rasin). Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts wurden die Kosakengebiete an Dnjepr und Don schrittweise in den polnisch-litauischen beziehungsweise russischen Staat einbezogen. Im 18. Jahrhundert verloren die Kosaken weitgehend ihre Privilegien, jedoch entstanden an den gefährdeten Grenzen in Kaukasien, Zentralasien und im Fernen Osten neue Kosakenheere; Kosakenniederlassungen mit weitgehender Autonomie wurden u. a. am Kuban, am Asowschen Meer und am Baikalsee geschaffen. Im zaristischen Russland wurden die Kosaken im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts oft zur Niederschlagung innerer Unruhen eingesetzt.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es elf Kosakenheere, die im Ersten Weltkrieg rd. 300 000 Mann stark waren. Im Gefolge der Februarrevolution 1917 entstanden kurzlebige Kosakenrepubliken u. a. am Don und in Orenburg. Nach der Oktoberrevolution 1917 entzogen die Bolschewiki den Kosaken ihre letzten Privilegien. Viele Kosaken kämpften deshalb im Bürgerkrieg gegen die Sowjetregierung (anschließend Flucht Zehntausender ins Ausland), aber auch auf der Seite der Roten Armee (u. a. in einem aus Don- und Kuban-Kosaken gebildeten Kavalleriekorps unter S. M. Budjonnyj) gegen die Weißgardisten. Im Zweiten Weltkrieg kämpften viele Kosaken loyal auf der Seite der Sowjetunion; allerdings wurden auf deutscher Seite auch kosakische Freiwilligenverbände gebildet, die die westlichen Alliierten 1945 an die Rote Armee auslieferten.- Das danach lange Zeit nur folkloristisch gepflegte Kosakentum (z. B. Kosakenchöre) lebte Ende der 80er-/Anfang der 90er-Jahre wieder auf; nach Gründung eines gesamtrussischen Kosakenbundes (1990) reorganisierten sich auf lokaler Ebene die bis 1917 bestehenden Kosakenheere. 1993 wurden den russischen Kosaken auch wieder Aufgaben beim Grenzschutz übertragen.
G. Stökl: Die Entstehung des Kosakentums (1953);
P. Rostankowski: Siedlungsentwicklung u. Siedlungsformen in den Ländern der russ. K.-Heere (1969);
P. Longworth: Die K. (a. d. Engl., Neuausg. 1977);
W. Schwarz: K. (Neuausg. 1992);
C. Kumke: Führer u. Geführte bei den Zaporoger K. Struktur u. Gesch. kosak. Verbände im polnisch-litauischen Grenzland (1993).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Polen (1572 bis 1795): Adelsrepublik im Schnittpunkt der Mächteinteressen
Universal-Lexikon. 2012.