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Subkultur
Teilkultur

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Sub|kul|tur ['zʊpkʊltu:ɐ̯], die; -, -en:
innerhalb eines Kulturbereichs, einer Gesellschaft bestehende, von einer bestimmten gesellschaftlichen, ethnischen o. ä. Gruppe getragene Kultur mit eigenen Normen und Werten:
Punk war eine Subkultur der 80er-Jahre.

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Sụb|kul|tur 〈f. 20Kultur einer Gruppe innerhalb eines größeren Kulturbereichs, die oft in bewusstem Gegensatz zu diesem entstanden ist ● \Subkultur der Hippies

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Sụb|kul|tur, die; -, -en [zu lat. sub = unter u. Kultur] (Soziol.):
innerhalb eines Kulturbereichs, einer Gesellschaft bestehende, von einer bestimmten gesellschaftlichen, ethnischen o. Ä. Gruppe getragene Kultur mit eigenen Normen u. Werten.

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I
Sụbkultur,
 
1) Biologie: Nach- oder Folgekultur von Mikroorganismen, die durch Impfung von der Ausgangskultur auf frischem Nährboden entsteht.
 
 2) Soziologie: Begriff, der zunächst v. a. in den amerikanischen Sozialwissenschaften seit den 1940er-Jahren zur Beschreibung der Lebensverhältnisse von Jugendlichen im Zusammenhang schichten- und altersspezifischer Kriminalität und abweichenden Verhaltens eingeführt wurde; später allgemeine Bezeichnung für Lebensformen, die sich als Teil- oder Gegenkultur von der Gesamtkultur einer Gesellschaft unterscheiden. Träger der Subkultur sind mehr oder weniger große Gruppen von Menschen, die sich durch gemeinsame Merkmale (Einstellungen, Werte, Normvorstellungen, Bedürfnisse, Wünsche oder Lebensstile) und einen mehr oder weniger eigenständig ausgebildeten Handlungszusammenhang (Verhaltensmuster, Lebensformen, Organisationen, Institutionalisierungen, Traditionen) von den kulturellen und sozialen Normen der jeweiligen Gesamtgesellschaft abheben. Es gehört zu den Merkmalen differenzierter Gesellschaftssysteme, dass sich zwischen unterschiedlichen Subkulturen und der in dieser Gesellschaft dominanten Kultur ein Konkurrenz- und Kompensationsverhältnis entwickelt, was dazu führt, dass sich die gesamte Gesellschaft auch in der Pluralität unterschiedlicher Subkulturen verstehen und ausdrücken lässt.
 
Subkulturen können nach unterschiedlichen Merkmalen klassifiziert werden. Fasst man den Prozess der Herausbildung, der Durchsetzung und Weiterbildung sowie auch die Phasen der Transformation und Auflösung einer bestimmten kulturellen Praxis im Zusammenhang und als Teilgebiet und Ausdruck sozialen Wandels, dann können Subkulturen gegenüber den jeweils dominanten kulturellen Formen sowohl zeitgemäße als auch unzeitgemäße Abweichungen und Gegenpositionen darstellen. So finden sich in den modernen Industriegesellschaften stets noch, z. B. im ländlichen Milieu oder in bestimmten religiösen oder siedlungsspezifischen Zusammenhängen, Reste agrarisch geprägter Lebensformen, die als subkulturelle Praxis und Vorstellungswelt weiter existieren. Ebenso verweisen bestimmte Gruppenzusammenhänge auf möglicherweise zukunftweisende, in späteren Zeiten die Gesamtgesellschaft prägende Lebens- und Verhaltensformen, die aber zunächst in der Form einer Subkultur in Erscheinung treten; z. B. kann so der »Wandervogel« der Jahrhundertwende als subkulturell entwickelter Vorbote späterer Jugend- und Freizeitvorstellungen gesehen werden (Jugend). Neben den zeitlich versetzten Subkulturen finden sich in jeder größeren, differenzierten Gesellschaft zeitgleiche Subkulturen, in denen sich Menschen organisieren (Randgruppe, Minderheit). Hierbei kann der Vorgang beobachtet werden, dass sich bestimmte, in der Gesellschaft zunächst als zentral angesehene kulturelle Muster so weit verlieren, dass die sie befolgenden Menschen schließlich zu Angehörigen einer Subkultur werden können, während sich umgekehrt bestimmte Verhaltensweisen, die zunächst nur im Rahmen einer Subkultur gelebt werden konnten, zu kulturellen Selbstverständlichkeiten der Gesamtgesellschaft entwickeln können. So trat die heute weitgehend akzeptierte Form des eheähnlichen Zusammenlebens nicht verheirateter Paare in den vorangegangenen Phasen bürgerlicher Gesellschaft lediglich in der Boheme oder in den ländlichen Unterschichten in Erscheinung. Andererseits wird die vormals zentrale Vorstellung vom Verbot vorehelicher sexueller Beziehungen heute nur noch von einer (subkulturellen) Minderheit gelebt.
 
In einer zweiten Klassifizierung lassen sich unfreiwillige und freiwillige Subkulturen unterscheiden. Unfreiwillige Subkulturen sind solche, deren Träger zwar an der Integration in die Gesellschaft orientiert sind, aber wie Kriminalisierte, Obdachlose oder Drogenabhängige von dieser ausgegrenzt werden (auch die »unehrlichen« Berufe im Mittelalter oder die »Unberührbaren« im indischen Kastensystem zählen dazu). Anders als diese zielen freiwillige Subkulturen auf den Ausbau einer anderen, der dominierenden Gesellschaft entgegengesetzten und unter Umständen diese verändernde Lebensführung (»Gegenkultur«); hierzu gehören z. B. die Christen im römischen Kaiserreich, unterschiedliche sozialrevolutionäre oder -rebellische Gruppierungen, Bettelorden und Frauengemeinschaften des Mittelalters und teilweise auch die Jugendsubkulturen im 20. Jahrhundert Auch dabei finden sich in der Realität einzelner Subkulturen Überschneidungen: So reagieren bestimmte Jugendsubkulturen auf die vorgegebenen kulturellen Milieus (»Stammkulturen«), in denen sie aufgewachsen sind; andere Subkulturen wie Graue Panther, Schwulen- und Lesbenbewegung reagieren mit der Ausbildung gegengesellschaftlicher Organisationsformen erst aufgrund der Erfahrung einer unfreiwilligen Ausgrenzung.
 
In bestimmten Situationen können Subkulturen zur Veränderung der Gesamtgesellschaft führen (Arbeiter-, Jugend-, Lebensreform-, Frauen-, Studenten- oder Ökologiebewegung; neue soziale Bewegungen). Mehr als andere historische Erscheinungen sind Subkulturen von Kurzlebigkeit bedroht; sind sie durchsetzungskräftig, werden sie von der Gesellschaft übernommen. Hierbei reichen die Erscheinungsformen von Assimilation über Zwangsbekehrungen, »Fusion der Eliten« (V. Pareto) bis hin zum »Tod durch Erfolg«, indem z. B. eine bestimmte Jugendsubkultur kommerzialisiert und damit zum »Markenartikel« umgeformt wird. Setzen sich Subkulturen nicht durch, haben sie ständig mit gesellschaftlicher Ausgrenzung und Isolation (bis hin zur Vernichtung der sie tragenden Gruppe) zu rechnen.
 
 
Literatur:
 
J. Milton Yinger: Contraculture and subculture, in: American Sociological Review, Jg. 25 (New York 1960); R. K. Merton: Social theory and social structure (Neuausg. ebd. 1968);
 
The sociology of subcultures, hg. v. D. O. Arnold (Berkeley, Calif., 1970);
 F. Sack: Die Idee der S., in: Kölner Ztschr. für Soziologie u. Sozialpsychologie, Jg. 23 (1971); D. Baacke: Jugend u. S. (1972);
 
Kriminalsoziologie, hg. v. F. Sack u. a. (31979);
 M. Brake: Soziologie der jugendl. S. (a. d. Engl., 1981);
 I. Kokula: Formen lesb. S. (1983);
 G. Cremer: Jugendl. S. Eine Lit.-Dokumentation (1984);
 W. Lipp: Stigma u. Charisma. Über soziales Grenzverhalten (1985);
 R. Schwendter: Theorie der S. (41993);
 
The Madonna Connection. Representational politics, subcultural identities and cultural theory, hg. v. C. Schwichtenberg (Boulder, Colo., 1993).
 
Weitere Literatur: Alternativkultur.
II
Subkultur,
 
Der Begriff Subkultur wird in der Regel auf die besonderen und von den normalen gesellschaftlichen Wertvorstellungen, Verhaltensnormen, Sprachvarianten, Formen des Zusammenlebens und kulturellen Leistungen verschiedenen und oft auch bewusst abgehobenen alternativen Lebensweisen bezogen. Die Mitglieder einer Subkultur sehen sich oft selbst als soziale Randgruppen und werden von der breiten Mehrheit der Bevölkerung meist auch so eingeschätzt. Solche Subkulturen werden dann zu einer Quelle möglicher sozialer Konflikte, wenn innerhalb oder außerhalb von Institutionen (z. B. Schule) gegenüber den Angehörigen solcher Gruppierungen (z. B. Punks, Skinheads) versucht wird, die gängigen Vorstellungen der breiten Mehrheit durchzusetzen, oder wenn die Angehörigen der Subkultur provozierend ihre Vorstellungen unter Missachtung anderer Lebensformen demonstrativ ausleben wollen.

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Sụb|kul|tur, die; -, -en [zu lat. sub = unter u. ↑Kultur] (Soziol.): innerhalb eines Kulturbereichs, einer Gesellschaft bestehende, von einer bestimmten gesellschaftlichen, ethnischen o. ä. Gruppe getragene Kultur mit eigenen Normen u. Werten: Käuze der Berliner S. (Spiegel 52, 1968, 148).

Universal-Lexikon. 2012.