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Tillich
Tịllich,
 
Paul Johannes, amerikanischer evangelischer Theologe und Religionsphilosoph deutscher Herkunft, * Starzeddel (bei Guben) 20. 8. 1886, ✝ Chicago (Illinois) 22. 10. 1965; war 1914-18 Feldprediger; begründete nach dem Ersten Weltkrieg mit G. Dehn u. a. den »Bund religiöser Sozialisten«. 1924 wurde Tillich Professor für Systematische Theologie und Philosophie in Marburg, 1925 für Religions- und Sozialphilosophie in Dresden und (seit 1927) gleichzeitig in Leipzig, 1929 für Philosophie (und Soziologie) in Frankfurt am Main (Nachfolger M. Schelers). Als führender »religiöser Sozialist« 1933 mit einem Lehrverbot belegt, emigrierte er in die USA (1940 Staatsbürgerschaft) und war 1938-55 Professor für philosophische Theologie am Union Theological Seminary in New York, 1955-62 an der Harvard University, anschließend in Chicago. 1962 erhielt Tillich den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.
 
Tillichs Denken bewegt sich »auf der Grenze« zwischen Theologie und Philosophie, Kirche und Gesellschaft, Religion und Kultur, Luthertum und Sozialismus, Idealismus und Marxismus, Theorie und Praxis. Durch die »Methode der Korrelation« sollen die ewige Wahrheit der christlichen Offenbarung und die jeweilige geschichtliche Situation gleichermaßen berücksichtigt werden. Daraus erwächst eine Theologie, die an der Autorität der biblischen Überlieferung festhält und zugleich das autonome, kritische Denken der Neuzeit bejaht und so die Alternative von Orthodoxie und Liberalismus überwinden will. Tillich formuliert (v. a. in seinem Hauptwerk »Systematic theology« (3 Bände, 1951-63; deutsch »Systematische Theologie«) die christlichen Grundthemen in ontologischer Sprache neu: Gott als das, »was uns unbedingt angeht«, oder das »Sein selbst«, die Zweideutigkeit menschlicher Existenz als »Entfremdung« vom Seinsursprung; Jesus Christus als Manifestation des »Neuen Seins«, das sich in der Kirche, der »Geistgemeinschaft« in allen konkreten Religionen, Kirchen und Konfessionen vorweg fragmentarisch realisiert. Religion generell wird nicht als ein Sonderbereich der Kultur verstanden, sondern als deren »Substanz«, als Tiefendimension der Wirklichkeitserfahrung. Dem entspricht auch Tillichs Entwurf einer »transmoralischen« Ethik vom Prinzip der Liebe (»agape«) her.
 
Ausgaben: Gesammelte Werke, herausgegeben von R. Albrecht, 14 Bände und 6 Ergänzungs- und Nachlaßbände (1-21959-90); Tillich-Auswahl, herausgegeben von M. Baumotte, 3 Bände (1980); Main works = Hauptwerke, herausgegeben von C. H. Ratschow, 6 Bände (1987-98).
 
Literatur:
 
H. Tillich: From time to time (New York 1973);
 W. u. M. Pauck: P. T. Sein Leben u. Denken (a. d. Amerikan., 1978);
 
P. T., sein Werk, hg. v. R. Albrecht u. a. (1986);
 G. Wehr: P. T. (14.-16. Tsd. 1987);
 G. Wehr: P. T. zur Einf. (1998);
 H. Jahr: Theologie als Gestaltmetaphysik (1989);
 
P. T. Studien zu einer Theologie der Moderne, hg. v. H. Fischer (1989);
 W. Schüssler: Jenseits von Religion u. Nicht-Religion. Der Religionsbegriff im Werk P. T.s (1989);
 W. Schüssler: P. T. (1997);
 
Theologie auf der Grenze. Annäherungen an die systemat. Theologie P. T.s, hg. v. W. Schiewek u. a. (1991);
 
Truth and history - a dialogue with P. T., hg. v. G. Hummel (Berlin 1998).

Universal-Lexikon. 2012.