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Grünewald
Grünewald,
 
1) Isaac, schwedischer Maler, * Stockholm 2. 9. 1889, ✝ (Flugzeugabsturz) Norwegen 22. 5. 1946; war 1908-11 in Paris Schüler von H. Matisse und lebte 1920-31 überwiegend in Frankreich. 1932-42 lehrte er an der Kunstakademie in Stockholm. Seine Landschaftsbilder, Stillleben und Porträts lassen den Einfluss der Fauves erkennen. Grünewald war zwischen den Weltkriegen eine der führenden Persönlichkeiten des schwedischen Kulturlebens. Mit seinen Bühnenbildern beeinflusste er das Theater. Er war auch publizistisch tätig.
 
 2) Matthias (Mathis, Matthäus), von J. von Sandrart in seiner 1675 in Nürnberg erschienenen »Teutschen Academie der Edlen Bau-, Bild- und Mahlerey Künste« (als »Matthäus Grünewald, sonst Matthäus von Aschaffenburg«) angegebener, vorläufig noch immer gebräuchlicher Name für einen deutschen Maler, der mit MG und MGN signierte. In der Forschung, deren Problematik sich u. a. aus der häufigen Nennung eines Meisters Mathis in verschiedenen Quellen ergibt, wird Grünewald v. a. mit dem Maler, Bau- und Wasserkunstmeister Mathis Neithart oder Nithart, der sich seit 1505 selbst Mathis Gothart Nithart nannte, identifiziert: * Würzburg um 1480, (nach Meinung anderer Forscher vor oder um 1470), ✝ Halle (Saale) vor dem 1. 9. 1528. Trotz intensiver Bemühungen konnte sein Lebenslauf bislang nicht vollständig rekonstruiert werden. Um 1503/04 ließ er sich in Aschaffenburg nieder, wo er im Dienst des Mainzer Erzbischofs Uriel von Gemmingen (ab etwa 1509) 1511 als »Werkmeister« am Umbau des Schlosses beteiligt war. 1510 ist er als Wasserkunstmacher in Bingen bezeugt. Ab 1516 stand er im Dienst des Kardinals Albrecht von Brandenburg. Wohl in Zusammenhang mit den Wirren des Bauernkrieges (Beziehungen Grünewalds zu den rebellierenden Bauern sind nicht auszuschließen) ließ sich Grünewald 1526 in Frankfurt am Main nieder. Im Sommer 1527 übersiedelte er nach Halle (Saale), wo er bis zu seinem Tod als Wasserkunstmacher tätig war. Als Frühwerke Grünewalds gelten eine doppelseitig bemalte Tafel mit einer Abendmahlsdarstellung (um 1500-02; Privatsammlung), »Christus am Kreuz« (1502 bis 1505; Basel, Kunstmuseum), die Tafeln des Lindenhardter Altars mit Darstellungen der vierzehn Nothelfer (1503; Lindenhardt, evangelische Pfarrkirche) und die »Verspottung Christi« (um 1504; München, Alte Pinakothek). Um 1510 erhielt er den Auftrag, vier Standflügel zum Frankfurter Heller-Altar zu malen (Grisaillen; »Heiliger Laurentius« und »Heiliger Cyriakus« in Frankfurt am Main, Städelsches Kunstinstitut; »Heilige Elisabeth« und »Heilige Lucia« in Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle), dessen Mittelbild A. Dürer schuf. Zwischen 1512 und 1516 entstand sein Hauptwerk, der Isenheimer Altar für das Antoniterkloster in Isenheim im Elsass. 1519 vollendete er den Maria-Schnee-Altar für die Aschaffenburger Stiftskirche. Erhalten ist der rechte Flügel (»Das Schneewunder«; Freiburg im Breisgau, Augustinermuseum); als Mitteltafel kommt die »Stuppacher Madonna« in Betracht (Stuppach, katholische Pfarrkirche). Um 1519/20 schuf er wohl auch die »Kleine Kreuzigung« (Washington, District of Columbia, National Gallery of Art). Zwischen 1520 und 1524 malte er das Porträt Kardinal Albrechts von Brandenburg als heiliger Erasmus mit dem heiligen Mauritius (München, Alte Pinakothek). Zu den Spätwerken Grünewalds zählen ferner die Tafel vom Tauberbischofsheimer Altar (Vorderseite: »Kreuzigung Christi«, Rückseite: »Kreuztragung«, um 1523-24; Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle) und die »Beweinung Christi« (um 1524-25; Aschaffenburg, Stiftskirche). Erhalten ist auch ein kleiner Bestand von Kreidezeichnungen, Entwürfen und Studien zu seinen Altären. Aus stilkritischen Gründen ist anzunehmen, dass Grünewald die Werke großer Zeitgenossen wie H. Holbein der Ältere, A. Dürer, L. Cranach der Ältere, H. Burgkmair der Ältere und A. Altdorfer kannte; vielleicht unterhielt er persönlichen Kontakte zu ihnen. Offensichtlich hatte er auch genaue Kenntnis der italienischen und niederländischen Malerei (H. Bosch). Alle Anregungen verarbeitete er auf souveräne Weise. Sein Œuvre spiegelt die fanatisch-asketische Grundstimmung der Zeit des Umbruches vom Mittelalter zur Neuzeit. So sind z. B. Einflüsse der Mystikerin Birgitta nachweisbar. Szenen höchster Vergeistigung stehen neben Szenen von krassestem Realismus; sie sind Darstellungen des Leidens an und in dieser Welt, jedoch noch auf dem Boden der christlichen Hoffnung. In der Vielfalt, Kraft und Schönheit des farbigen Ausdrucks und durch die lebhafte, fantasievolle Formensprache gelang Grünewald mit dem Isenheimer Altar ein Meisterwerk, das zu den größten Leistungen der abendländischen Kunst gehört. Die Münchner Erasmus-Mauritius-Tafel gibt Zeugnis von seiner Aufgeschlossenheit gegenüber Formproblemen und geistiger Haltung der Renaissance. - In jüngster Zeit stellten einige Wissenschaftler neue Hypothesen zur Identität des Malers auf. Entgegen der Auffassung, dass der Schöpfer des Isenheimer Altars mit Mathis Gothart Nithart oder Neithart zu identifizieren ist (u. a. W. K. Zülch, 1938), schlagen diese Forscher (Hans Jürgen Rieckenberg, Wolf Lücking) eine Identifikation mit einem in verschiedenen Quellen belegten Bildschnitzer und Maler Mathis Grün (vollständig: Grünewald) aus Aschaffenburg vor und schreiben dem Maler der Tafeln (Lücking) auch die Schnitzfiguren und das bekrönende Schnitzwerk (Gesprenge, Schleier) aller von ihm in Auftrag genommenen Altäre zu. Bei dieser Identifikation werden zwei Künstlerpersönlichkeiten getrennt, nämlich der Aschaffenburger Mathis Grün, der zwischen 1480 und 1483 in Aschaffenburg geboren wurde und wahrscheinlich im Oktober 1532 starb, und der Maler, Bau- und Wasserkunstmeister Mathis Nithart von Würzburg. Nicht mehr Grünewald, sondern Nithart zuzuordnen wären nach diesen Erkenntnissen die Vorzeichnung zu einem Kopf des heiligen Sebastian als Selbstporträt des Mathis Nithart (von Grünewald überarbeitet) auf dem Isenheimer Altar sowie die Rückseiten zweier Standflügel des Heller-Altars. Die Signatur MGN wäre aufzulösen in »Mathis Grün[ewald] und Nithart«. Innerhalb dieser quellen- und stilkritischen Untersuchungen kam man zu weiteren Zuschreibungen, Umdatierungen und Neuzuordnungen.
 
Literatur:
 
Die Gemälde u. Zeichnungen, hg. v. Heinrich A. Schmid, 2 Bde., Suppl.-Bd. (Straßburg 1907-11);
 W. K. Zülch: G. (21949);
 L. Behling: Die Handzeichnungen des Mathis Gothard Nithart, gen. G. (Weimar 1955);
 A. Weixlgärtner: G. (Wien 1962);
 E. Ruhmer: G., Zeichnungen (1970);
 B. Saran: M. G., Mensch u. Weltbild (1972);
 H. J. Rieckenberg: M. G. (1976);
 J. Kromer: M. G. Die Schlüsselkompositionen seiner Tafeln (1978);
 W. Lücking: Mathis. Nachforschungen über G. (1983);
 
Der Isenheimer Altar, bearb. v. M. Seidel u. a. (1990);
 Ingrid Schulze: Die Erschütterung der Moderne - G. im 20. Jh. (1991);
 W. Fraenger: M. G. (41995).

Universal-Lexikon. 2012.